Heute streichen wir endlich das neue Antifouling; blaues Antifouling. Das Blau ist schön kräftig, etwas dunkler als das vorherige und passt gut zu unserem roten Rumpf. Das dickflüssige Antifouling ist schwer und lässt sich nicht gut streichen. Kaum hat man ein paar Meter mit der Farbrolle zurück gelegt, merkt man bereits seine Arme.
Doch die Mühe lohnt sich. Nach getaner Arbeit sieht das Schiff wieder aus wie neu. Das Blau glänzt in der Sonne und es ist eine wahre Freude, es anzusehen. Irgendwie erinnert uns die Farbe an ein Bild von Yves Klein; IKB 73. Auf dem Bild nichts zu sehen außer der Farbe Blau – trotzdem ein sehr ansprechendes Bild.
Als letztes bessern wir noch ein paar Stellen am Wasserpass aus, wo sich mit dem Klebeband, mit welchem wir diesen zum Streichen des Antifoulings abgeklebt hatten, leider auch die Farbe mit abgelöst hat.
Nun fehlen nur noch die neuen Anoden, dann können wir wieder ins Wasser. Schade nur, dass man im Wasser das schöne blaue Unterwasserschiff nicht mehr so gut sehen kann.
Während wir darauf warten, endlich eine Reaktion der Versicherung zu erhalten, Primern wir schon einmal unser Unterwasserschiff, um eine gute Grundlage für das frische Antifouling zu schaffen. Außerdem bessern wir ein paar Stellen am Rumpf und am Wasserpass aus, wo die Farbe bereits ein wenig abgeblättert ist. Wir fühlen uns fast ein wenig wie in Griechenland, als wir im Sommer 2014 unser Schiff neu gestrichen haben. Auch die Temperaturen spielen mit. Endlich haben wir wieder T-Shirt-Wetter.
Derweil können wir beobachten, dass wenigstens einer der Reifen des Trailers, auf dem unser Boot zur Zeit steht, Übermüdungserscheinungen zeigt. Auf der Oberfläche des Reifens hat sich eine Art Ei gebildet, der Reifen sieht unregelmäßig aus, ist auf der Innenseite gewölbter als auf der Außenseite.
Wir machen Alec von Nazaré Nautica, dem der Trailer gehört, darauf aufmerksam. Er sieht die Sache recht entspannt. Doch er lässt ein wenig die Luft aus dem Reifen und stellt sicherheitshalber einen Holzklotz unter die Reifenaufhängung. Nun könne nichts mehr passieren, meint er.
Heute morgen dann, Ulrike ist gerade am Frühstück bereiten und Stefan ist auf dem Werftgelände unterwegs, da tut es einen gewaltigen Knall. Es klingt, als hätte jemand eine mächtige Wumme abgefeuert. Die Erschütterung ist auf dem ganzen Schiff zu spüren. Eine Schüssel, die etwa zu 2/3 mit Wasser gefüllt ist, schwappt beinahe über. Dann ist es wieder ruhig.
Stefans erster Gedanke gilt dem Travellift, doch dieser steht unbeschadet an seiner Stelle. Auf der Suche nach der Ursache für den Knall, treffen wir uns dann vor unserem Schiff. Sogleich ist klar, was den Kanonenschuss gleichen Knall verursacht hat. Der strapazierte Reifen des Trailers ist regelrecht zerfetzt.
Der Knall war auf dem gesamten Gelände gut zu hören und so langsam versammelt sich nun die ganze Hafengemeinschaft an unserem Boot und bestaunt den geplatzten Reifen. Zum Glück wird der Trailer noch durch den Holzklotz gesichert und der zweite Reifen, der neben dem geplatzten sitzt, hält noch durch. Doch an den Stützen kann man erkennen, dass sich unser Boot bewegt hat, denn eine der Stützen ist ein Stück verrutscht.
Alec ist nach wie vor entspannt, befestigt die verrutschte Stütze neu und nimmt das Ereignis mit Humor. Und auch wir können bald einen Vorteil in dem geplatzten Reifen entdecken: die Schräglage, die unser Schiff aufgrund des abfälligen Geländes, auf dem wir stehen, hatte, ist nun leidlich ausgeglichen und wir stehen fast gerade.
An den vergangenen beiden Abenden haben wir kräftig Antifouling gestrichen, den Muschel und Seepocken abweisenden Unterwasseranstrich. Die Farbe ist verhältnismäßig dickflüssig und lässt sich entsprechend schlecht auftragen. Für den ersten Anstrich haben wir geschlagene 3 Stunden gebraucht, für den zweiten dann nochmals 2 Stunden. Danach weiß man auch, was man getan hat. Außerdem ist es nicht ganz trivial, den richtigen Zeitpunkt zum Streichen zu erwischen. Vor 19 Uhr ist es zu heiß zum Streichen (das gilt nicht nur für uns, sondern auch für die Farbe) und zwischen 21 und 22 Uhr wird es schnell dunkel. Beim ersten Anstrich haben wir quasi die letzten Meter blind gestrichen.
Heute Morgen war es dann endlich soweit, wir sollten wieder zurück ins Wasser. Launchtermin um 10.30 Uhr, mit dem Mechaniker abgestimmt, damit dieser gleich unsere neue Stopfbuchse entlüften und prüfen kann, ob die neuen Seeventile dicht sind. Doch bereits um 8.45 Uhr stehen die Herren vom Kran vor unserem Boot und fragen, ob wir fertig seien zum Kranen. Später würden sie nicht mehr arbeiten, wenn wir heute ins Wasser wollen, dann gleich. Die Uhren ticken hier in Griechenland irgendwie anders.
Wir haben noch nicht einmal einen Kaffee getrunken, Strom und Wasser sind noch angeschlossen, das Motor-Seeventil ist noch zu – NEIN, wir sind noch nicht fertig zum Kranen. Doch kein Problem, die paar Kleinigkeiten sind schließlich schnell erledigt und unseren Mechaniker klingeln die Herren vom Kran auch aus dem Bett.
Während wir in den Gurten des Krans hängen, pinseln wir schnell noch etwas Antifouling auf die Stellen, die wir zuvor aufgrund der Stützen, mit denen das Boot aufgebockt war, nicht haben erreichen können. Dann sind wir auch schon wieder im Wasser. Wir brauchen zwei, drei Versuche, bis der Motor läuft. Doch das liegt jedoch an der neuen Einhebelschaltung, die wir uns vor ein paar Tagen endlich haben einbauen lassen und deren Leerlauf offensichtlich noch nicht richtig eingestellt ist. Doch das ist ein leicht zu behebendes Problemchen.
Jetzt fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten. Primär wollen wir das Deck noch streichen, das man glücklicherweise auf den Photos nicht sehen kann, und das Ventilspiel des Motors soll noch richtig einstellt werden. Doch das geht alles auch im Wasser, wo wir uns deutlich wohler fühlen.
Den Rest des Tages werden wir mal ruhig angehen, nach der Aufregung am frühen Morgen und vergangenen arbeitsamen Tagen und wir werden es genießen, wieder Wasser um uns herum zu haben.