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Zwei auf einen Streich

Nachdem die Etappe von Roscoff nach Cherbourg so gut gelaufen ist, entschließen wir uns rasch für einen weiteren längeren Schlag. In einem Rutsch wollen wir 108 Meilen weiter nach Dieppe. Am späten Nachmittag machen wir uns mit Niedrigwasser auf den Weg.

Bei Cherbourg ist der Gezeitenstrom besonders stark. So sind wir gute zwei Stunden mit etwa 8 Knoten unterwegs. Bis 8,66 Knoten arbeitet sich unsere Anzeige nach oben, leider haben wir die Kamera einen Moment zu spät gezückt.

8,47 Knoten Fahrt über Grund
8,47 Knoten Fahrt über Grund hinter Cherbourg
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Gezeitenstrom, wenn er mitläuft, ist eine tolle Sache; wir haben viel Spaß, mit dieser Geschwindigkeit vorwärts zu kommen. Wir hoffen nur, dass wir weit genug kommen, bevor der Strom kippt.

Sonnenuntergang im Englischen Kanal
Sonnenuntergang auf See
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Doch wieder kommen wir die ganze Strecke über gut voran und der Wind spielt mit. Genau genommen, sind wir zu schnell. Bereits nach 14 Stunden sehen wir die Hafeneinfahrt von Dieppe vor uns. Es ist stockfinster, der Mond ist bereits untergegangen und der Sonnenaufgang noch nicht in Sicht. Wir sind noch hellwach und haben gar keine Lust, die Segel runter zu nehmen und in den Hafen einzulaufen.

Spontan entschließen wir uns, einfach die nächste Etappe noch dranzuhängen und gleich nach Boulogne sur Mer weiter zu segeln. 50 Seemeilen haben wir nun noch vor uns, doch wenn der Gegenstrom weiterhin so schwach ist, schaffen wir die Strecke in knapp 10 Stunden.

Tatsächlich sehen wir am frühen Nachmittag die Hafeneinfahrt von Boulogne sur Mer vor uns. Bei der Ansteuerung wird es dann etwas ruppig. Die See ist kabbelig und wir schwanken, gemeinsam mit zwei anderen Schiffen, die gerade von England herüber kommen, langsam der Einfahrt entgegen. Nun merken wir den Gegenstrom doch. Langsam kämpfen wir uns in den Hafen.

Hafen von Boulogne sur Mer
Im Hafen von Boulogne sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Der Hafen liegt in einem kleinen Flüsschen und nachdem wir einmal den Wellenbrecher hinter uns haben, wird es wieder ruhiger. Wir suchen uns ein Plätzchen und machen fest. Etwas müde gönnen wir uns das Anlegerbier und legen die Füße hoch.

altes Stadttor Boulogne sur Mer
Stadttor Boulogne sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Erst am nächsten Tag machen wir einen kleinen Ausflug in die Stadt. Hat man erst einmal das alte Stadttor erreicht, findet man sich in einem gemütlichen kleinen Ort wieder, mit vielen Straßencafés, einem alten Belfried und einer beeindruckenden Basilika mit riesiger Kuppel. Man gewinnt beinahe den Eindruck, jemand hätte heimlich dem Petersdom seine Kuppel stibitzt.

Wir machen bei herrlichem Sonnenschein einen Rundgang auf der schattigen Stadtmauer und genießen die Aussicht.

Kuppel der Basilika Notre-Dame in Boulogne sur Mer
Basilique Notre-Dame-de-l`Immaculée-Conception de Boulogne sur Mer
Belfried Boulogne sur Mer
Belfried Boulogne sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Anderer Rhythmus

Wir verweilen ein wenig in Calpe. Der Ort ist ganz schön und hat touristisch etwas zu bieten. Von Strand bis Berg ist alles vorhanden und bietet Abwechslung. Hermann fühlt sich wohl und genießt es, sich mal wieder die Beine vertreten zu können.

Hafeneinfahrt Calpe
Hafeneinfahrt Calpe mit vorgelagerter Bucht
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Allerdings hat er einen etwas anderen Rhythmus als wir. Morgens ist er deutlich zeitiger auf den Beinen, während wir die Hafentage eher zum Ausschlafen und faulenzen nutzen. Doch spätestens abends finden wir wieder zu einander, denn die angenehme kühle Abendluft im Cockpit mit Blick auf den Hafen und den Penon de Ifach lässt sich keiner von uns entgehen.

So ist Hermann am Morgen einfach verschwunden, ganz ohne Frühstückskaffee, auf den wir im Hafen nie verzichten, egal was auf dem Programm steht. Einer unserer Rucksäcke ist ebenfalls weg. Hermann hat die Morgenstunden genutzt, um den Penon de Ifach zu erklimmen. Anfangs führt noch ein Weg in Richtung Gipfel, doch dieser wird wohl immer dürftiger erkennbar und schlechter zu begehen. Irgendwann muss man sich dann wohl an einem Seil entlanghangeln, um nicht von dem schmalen Pfad abzurutschen. Kurz vor dem Gipfel ist dann auch für Hermann Schluss. Die letzten Meter  auf ungesichertem Weg zum Gipfel muss er dann doch nicht haben.

Blick auf Calpe
Calpe von oben
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Bei seiner Rückkehr hat er schöne Photos für uns im Gespäck, die er von oben aufgenommen hat. Denn natürlich hat man nicht nur vom Hafen aus einen guten Blick auf den Berg, sondern umgekehrt auch einen schönen Blick vom Penon de Ifach auf den Hafen. Wir freuen uns riesig über die Aufnahmen und beinahe noch mehr, dass wir dafür nicht einmal selbst zu Kletterern werden mussten – vor allem bei der hier in Spanien vorherrschenden Hitze. Danke Hermann.

Bucht vor Calpe
Bucht vor dem Penon de Ifach
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Abstecher an die Copacabana

In Cetraro hält es nur eine Nacht. Der Hafen ist hässlich und zudem eine einzige Baustelle. Die Einfahrt wird gerade ausgebaggert, weil der Hafen, wie viele Häfen hier, zum Versanden neigt. Den ganzen Tag über fahren LKWs am Kai entlang und transportieren den Sand ab. Also lieber wieder raus aufs Meer.

Der erste Hafen, den wir anlaufen wollen, ist zu flach für uns, der zweite ist geschlossen. So wird die Etappe doch wieder länger als geplant und führt uns schneller als gedacht nach Maratea. Auf dem Berg über der Stadt steht, bereits von Weitem gut sichtbar, eine Statue des Schutzpatron der Stadt. Die Statue mutet an wie die Christus-Statue in Rio de Janeiro über der Copacabana. Man fühlt sich fast wie in Brasilien.

Der Hafen von Maratea selbst liegt gut geschützt hinter Wellenbrechern und ist von außen nicht einsehbar. Wenn man die Einfahrt passiert hat, findet man sich in einem kleinen Hafenbecken wieder, dass ringsherum von Berghängen gesäumt wird. Die Aussicht ist ein Traum und man fühlt sich einfach wohl.

Im Hafenbüro erhalten wir dann die Auskunft, dass es im Hafen sogar einen Transitplatz für Segelboote gibt. Das erste Mal auf unserer Reise kommen wir in den Genuss eines Liegeplatzes für ein Boot auf der Durchreise, der also nichts kostet. In diesem eher nobel anmutenden Hafen hätten wir das nun wirklich nicht erwartet und freuen uns daher umso mehr. Wir müssen zwar noch einmal umlegen, doch dadurch bekommen wir nicht nur den kostenlosen Liegeplatz, sondern auch noch freie Sicht auf die Statue, die sonst von Masten verstellt wäre. Noch nie war Rio so nahe.

Statue oberhalb von Maratea
Statue Schutzpatron oberhalb von Maratea
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln