Stormy

Was hatten wir doch in den vergangenen Wochen für schönes Wetter. Sonnenschein und angenehme Temperaturen, wie auch Hermann feststellen durfte, als er uns für ein paar Tage besuchte. Wir hatten uns bereits an den angenehmen Winter hier in Rom gewöhnt, doch nun ist das schlechte Wetter zurück und hat uns wieder fest in seinen Fängen. So übel sah es bisher noch nie auf unserem Barometer aus, auf der gesamten Reise nicht. Der Zeiger stand im Minimum auf 975 hPa, das Barometer vermeldet dazu als Aussicht kurz und knapp: „Stormy“ (zum Vergleich: während Hermanns Besuch stand es zeitweilig auf 1030 hPa). Jedenfalls bläst es heftig und unsere Leinen werden stark strapaziert. Im ganzen Hafen heult es und auch die Leinen der Nachbarboote knarzen zum Davonlaufen. Die Welle rauscht wieder durch die Hafeneinfahrt und sorgt für ordentlich Bewegung im Hafenbecken. Teilweise haben wir am Steg mehr Krängung als beim Segeln unterwegs. Als wir auf unseren Windspeed schauen, zeigt dieser 45 Knoten Wind an, also Windstärke 9. Kein Wunder, dass es hier im Hafen mal wieder richtig rund geht.

Hafeneinfahrt Porto di Roma bei Sturm
Brandung in der Hafeneinfahrt
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Lebenselexier Rente

In den vergangenen 10 Tagen hat uns Besuch aus Deutschland auf Trapp gehalten. Hermann, ein guter Freund noch aus Montabaurer Zeiten, hat seine durch die wohlverdiente Rente frisch gewonnene Freiheit genutzt, uns aus unserem Alltag zu reißen. Statt ein Buch nach dem nächsten zu verschlingen, hieß es nun auf Erkundungstour gehen. Das Wetter war uns besonders wohl gesonnen und die Sonne lockte Hermann bereits in den frühen Morgenstunden ins Cockpit und weckte seinen Tatendrang. Bei angenehmen 15-20 Grad und Sonnenschein kletterten wir u.a. durch die Ruinen von Ostia Antica, der alten, römischen Hafenstadt. Wie wir feststellen konnten, ist der Winter für Besichtigungen wirklich super. Viel weniger Besucher irren durch die Anlagen als noch im Herbst und die Eintrittspreise liegen auch niedriger.

Tor des San Sebastiano an der Via Appia Antica
Tor des San Sebastiano
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Weiterhin besuchten wir endlich die Via Appia Antica. Ulrike war vor allem an den dort befindlichen Katakomben interessiert, die eigentlich das Highlight des Tages werden sollten. Doch bereits der Weg dorthin war befremdlich. Wir hatten erwartet, gemütlich auf alten Pflastersteinen auf einer etwas abgelegenen und unbefahrenen Straße entlang wandern zu können. Doch weit gefehlt. Sobald man das Tor des San Sebastiano durchquert hat, der heute offizielle Beginn der Via Appia Antica, steht man auf einer großen Straßenkreuzung und es erwartet einen eine Art Rennstrecke für verkannte Rallyfahrer. Von Pflastersteinen keine Spur, weder antik noch modern. Einen Fußweg sucht man ebenfalls vergebens. Bereits etwas enttäuscht, machen wir uns auf den Weg. Als der Abzweig zu den Katakomben des Kallixtus kommt, wird der Weg besser. Doch am Eingang angelangt, folgt die nächste Enttäuschung. Zutritt nur mit Führung, Photographieren verboten. Für die ellenlangen Ausführungen eines Mönches, der mit der Führung betraut wäre, soll man also noch ordentlich Geld ausgeben und darf dann nicht mal ein Photo schießen. Hermann ist die treibende Kraft; nicht mit uns. Lieber besorgen wir uns im Shop ein ausführliches Buch mit Farbphotographien und den Informationen zu den Katakomben auf deutsch und sparen uns den Vortrag. So hatten wir uns unseren Ausflug nicht vorgestellt. Um nicht den ganzen Weg wieder zurück gehen zu müssen, probieren wir eine andere Route. Interessanterweise landen wir bald auf einer Straße, die außerhalb unseres Stadtplans liegt. Doch glücklicherweise hat Stefan einen guten Orientierungssinn und wir sind bald bei unserer Metrostation.

Titusbogen in Rom
Titusbogen
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Natürlich darf auch eine ausgedehnte Tour durch Rom nicht fehlen, mit all seinen Sehenswürdigkeiten. Wir bummeln quer durch die Stadt. Vom Collosseum bis zur Engelsburg und dem Petersdom ist alles dabei. Crashkurs Rom, sozusagen.

Abends belohnten wir uns dann mit Prosecco und gutem Essen für die zurückgelegten Kilometer. Nach wenigen Tagen ging Hermann dazu über, den Abend in seinem schicken „Nadelstreifen-Anzug“ zu bestreiten. Wenn er dann in diesem müde und geschafft in die Koje sinkt, sind wir ganz stolz auf uns, dass wir dieses Energiebündel müde bekommen haben und selbst noch stehen. Rente muss wirklich etwas Belebendes sein…

Brandgefährlich

Vor einigen Tagen hat der Brand einer Fähre der Reederei Anek traurige Schlagzeilen gemacht. Die Fähre war unterwegs von Igoumenitsa nach Ancona und ist nordwestlich von Korfu in Brand geraten. Passagiere und Mannschaft wurden in stürmischer See per Hubschrauber evakuiert. Die genaue Zahl der Toten und Vermissten ist zur Stunde noch ungewiss. Ziemlich genau ein Jahr ist es her, als wir zuletzt mit einer Fähre der Anek Line auf der gleichen Strecke von Igoumenitsa nach Ancona gefahren sind. Wir haben damals eine Evakuierungsübung auf der Fähre miterlebt.

Damals hatte sich die Abfahrt verzögert. Erst weit nach Mitternacht durften wir auf die Fähre und in unsere Kabine. Erschlagen von dem langen Tag fiel uns das Einschlafen nicht schwer. Gefühlt mitten in der Nacht und nach nur wenigen Stunden Schlaf riss uns eine Durchsage aus den Federn. In fünf Minuten würde ein Probealarm stattfinden. Eine Teilnahme an der Übung sei für alle Passagiere Pflicht und man solle sich doch bitte warme Sachen anziehen.

Wir haben uns dann widerwillig aus der Koje geschält und als dann der Alarm ertönte, suchten wir erst mal nach einem Plan, wo wir überhaupt hin müssten. Nachdem wir diesen gefunden hatten, begaben wir uns brav zur unserer Sammelstelle. Dort erwartete uns 1 Mitarbeiter vom Fährpersonal, der nur griechisch sprach und verstand, sowie eine italienische Schulklasse von ca. 25 Kindern im Alter von ca. 13 Jahren. Der Mitarbeiter stand lange Zeit nur vor der Tür, hinter der sich die Rettungswesten befanden und tat erstmal gar nichts.

Der Lehrer der Klasse hingegen übte sich lautstark darin, sich Gehör zu verschaffen und sortierte seine Schützlinge mindestens fünfmal: nach Größe, in zwei Reihen, in drei, etc. Dann gesellte sich der Mann vom Fährpersonal noch dazu, und sortierte alle Schüler wieder um. Mittlerweile war mindestens eine halbe Stunde vergangen und eine Rettungsweste hatte noch keiner. Nachdem dann alle Schüler so standen, wie es dem Mitarbeiter der Fähre gefiel, begann er mit dem Austeilen der Westen. Selbstverständlich musste er noch jedem Schüler einzeln helfen, die Weste richtig anzuziehen und festzuschnüren. Der Lehrer wiederum war dann parat, um Verbesserungen an der Verschnürung vorzunehmen. Wieder war einige Zeit verflossen. Als die Schulklasse dann zum Rettungsboot geführt werden sollte, war die schöne Ordnung wieder dahin und wir beide hatten immer noch keine Rettungsweste.

Was uns aber die ganze Zeit über sehr verwunderte: Das Bordleben ging ungehindert weiter. Wir waren mit Ausnahme der Schulklasse die einzigen Passagiere an unserer Sammelstelle, die überhaupt an der Übung teilnahmen. Ein Mitreisender, den wir noch aus der Warteschlange vor der Fährzufahrt her kannten, machte sich sogar noch über uns lustig: Ob wir denn nichts Besseres zu tun hätten, als hier unsere Zeit zu vertrödeln, fragte er uns amüsiert. Das Fährpersonal hat weder die Kabinen kontrolliert, noch die Passagiere zur Teilnahme an der Übung angehalten. Dementsprechend wurde also nicht geübt, die Passagiere auch vollständig an den Sammelpunkten zu konzentrieren und dann ggf. zu den Rettungsbooten zu geleiten. Und weil ja im Ernstfall neben den Rettungsbooten auch Rettungsinseln zum Einsatz kommen müssten, hätte man ja auch üben müssen, die Passagiere auf Stationen für Rettungsinseln bzw. Rettungsboote zu verteilen – was nicht geschah. Wir haben uns damals gedacht, dass im Ernstfalle eine Evakuierung der Fähre eigentlich nur katastrophal enden könne.