Mut zur Lücke

Nach den Wuchergebühren in Levkas machen wir uns gleich weiter auf nach Preveza. Das Ablegen wird etwas kompliziert, weil der Wind uns genau auf den Steg drückt und vor uns ein breiter Katamaran liegt. Wir beratschlagen uns am Steg, was zu tun sei. Währenddessen kommt ein deutscher Skipper vom Nachbarboot vorbei, erkennt unser Problem und will helfen. Während wir unsere Leinen zum Ablegen klarmachen, legt der Kat vor uns plötzlich ab. Glück gehabt, so können wir noch pünktlich ablegen, um die Brückenöffnungszeiten der Brücke hinter Levkas einzuhalten.

Unter Motor tuckern wir Richtung Brücke. Hinter der Brücke nehmen wir eine Warnung der „Schnorki“ ernst und halten uns deutlich backbord im Fahrwasser. Die „Schnorki“ ist vor nicht allzu langer Zeit auf der Steuerbordseite auf einen Stein gelaufen und wir wollen ihr Schicksal nicht teilen. Dankbar für den Tipp halten wir an besagter Stelle eine „Schnorki-Gedenkminute“ ab.

Wieder ist der Wind zu schwach zum Segeln und wir motoren die paar Meilen bis Preveza. Immerhin kann man dort im Stadthafen am Wochenende umsonst liegen. Michael ergattert zwei Plätze hintereinander am Steg und überredet uns, mit der eher ungeliebten Steuerbordseite hinter ihm längsseits zu gehen. Hätte uns vor zwei Wochen jemand diese „Parklücke“ gezeigt und gesagt, da passen wir rein, wir hätten ihn für verrückt erklärt.

Mit etwas Mühe schaffen wir es jedoch tatsächlich, hinter Michael anzulegen, doch als wir hinterher von der Straße aus unser Schiff betrachten, können wir es selbst kaum glauben, dass wir es in diese Lücke geschafft haben…

Mit Muskelkater nach Levkas

Vor dem heutigen Ablegen graut uns etwas. Irgendwie müssen wir den blöden Heckanker mit seiner 60m langen Leine bzw. Kette wieder an Bord bekommen. Bereits am gestrigen Tage haben wir fleißig hin und her überlegt, wie wir den Heckanker am besten und ökonomischsten wieder einholen sollen und kamen dabei auf die wildesten Ideen. Entscheiden tun wir uns jedoch für den simpelsten Weg über Heckklampe. Das ist zwar nicht gerade kräfteschonend, sollte aber zumindest gesichert funktionieren. Einer fiert vorne die Landleine, der andere holt parallel den Heckanker auf. Dummerweise verhakt sich die Landleine zwischen den Steinen und einer muss nochmal an Land um sie zu befreien. Glücklicherweise haben wir das Dinghi noch nicht wieder an Deck verstaut.

 

Wir kommen frei, der Heckanker ist wieder an Bord, aber wir beschließen sogleich, den Heckanker von seiner 20m langen Kette zu befreien. Das Gewicht von Anker und 20m Kette nur mit reiner Muskelkraft aus einer Wassertiefe von – wie hier – etwa 15m an Bord zu zerren, ist auf Dauer zu Kräfte zehrend und nicht gerade Rücken schonend.

 

Wir segeln in nordwestlicher Richtung zur Insel Levkas. Der Kanal zwischen der Insel und dem Festland ist abenteuerlich. Das Fahrwasser ist mit diversen Stecken in den unterschiedlichsten Farben und Größen abgesteckt. Zeitweilig findet man auch eine rote Backbordtonne an der Steuerbordseite. Das Handbuch besagt, der Kanal dürfe nur bei Tage befahren werden. Wir wundern uns kein bisschen darüber, warum.

 

Da nicht ganz klar ist, wie man in Levkas festmachen kann, machen wir uns für alle Varianten bereit. Eigentlich wollen wir in den Stadthafen hinter der Marina, doch dann lacht uns die Außenseite des Marina Steges entgegen. Dort können wir längsseits gehen. Allerdings kommt uns gleich ein Marinero entgegen und meint, wir können dort nicht liegen, bzw. müssen bezahlen. Da haben wir prinzipiell nichts dagegen, als wir jedoch den Preis von 50 € für die Nacht hören, kommen wir ins Grübeln. Da wir jedoch bereits so schön angelegt haben und Strom + Wasser direkt am Steg haben, beschließen wir, uns diesen Luxus für eine Nacht zu gönnen.

 

Wir nutzen Strom und Wasser bestmöglich aus, machen unseren Wassertank nochmals bis obenhin voll und zaubern dann für uns und Michael ein leckeres Abendessen: Hühnchen auf normannische Art mit Äpfeln und einem Schuss Calvados – in unserem Fall ein Schuss Rum.

Begegnung mit der MY Anna

Mitten vor dem Eingang des Kanals nach Levkas dreht eine Superyacht erratisch mit geringer Geschwindigkeit Kreise. Wir schauen auf die AIS-Daten, um festzustellen, ob Kollisionsgefahr besteht. Aber die Motoryacht gibt kurz Gas und macht den Weg frei.

Der Blick auf das AIS war dennoch aufschlussreich. Es handelt sich um die MY „Anna“ und der Zweck ihrer jetzigen Fahrt sind „Sea trials“. Diese Seeversuche, denen sich Schiff und Mannschaft gerade unterziehen, bestehen darin, Landemanöver des Hubschraubers auf dem bordeigenen Landeplatz bei unterschiedlichen Kursen und Geschwindigkeiten auszuprobieren. Immer wieder landet der Hubschrauber auf dem Landeplatz nur wenige Meter hinter den mannshohen Radardomen dieser Superyacht, nur, um danach erneut aufzusteigen für einen weiteren Anflug.

Liebe Crew der MY Anna, nun haben wir Verständnis für Eure scheinbar willkürlichen Kreise vor unserem Bug: Mit einem neuen Schiff muss ja jedes Manöver und jeder Handschlag neu eingelernt werden. So haben wir alle die gleichen Probleme – nur eben zuweilen in einer etwas anderen Dimension.