Abstecher an die Copacabana

In Cetraro hält es nur eine Nacht. Der Hafen ist hässlich und zudem eine einzige Baustelle. Die Einfahrt wird gerade ausgebaggert, weil der Hafen, wie viele Häfen hier, zum Versanden neigt. Den ganzen Tag über fahren LKWs am Kai entlang und transportieren den Sand ab. Also lieber wieder raus aufs Meer.

Der erste Hafen, den wir anlaufen wollen, ist zu flach für uns, der zweite ist geschlossen. So wird die Etappe doch wieder länger als geplant und führt uns schneller als gedacht nach Maratea. Auf dem Berg über der Stadt steht, bereits von Weitem gut sichtbar, eine Statue des Schutzpatron der Stadt. Die Statue mutet an wie die Christus-Statue in Rio de Janeiro über der Copacabana. Man fühlt sich fast wie in Brasilien.

Der Hafen von Maratea selbst liegt gut geschützt hinter Wellenbrechern und ist von außen nicht einsehbar. Wenn man die Einfahrt passiert hat, findet man sich in einem kleinen Hafenbecken wieder, dass ringsherum von Berghängen gesäumt wird. Die Aussicht ist ein Traum und man fühlt sich einfach wohl.

Im Hafenbüro erhalten wir dann die Auskunft, dass es im Hafen sogar einen Transitplatz für Segelboote gibt. Das erste Mal auf unserer Reise kommen wir in den Genuss eines Liegeplatzes für ein Boot auf der Durchreise, der also nichts kostet. In diesem eher nobel anmutenden Hafen hätten wir das nun wirklich nicht erwartet und freuen uns daher umso mehr. Wir müssen zwar noch einmal umlegen, doch dadurch bekommen wir nicht nur den kostenlosen Liegeplatz, sondern auch noch freie Sicht auf die Statue, die sonst von Masten verstellt wäre. Noch nie war Rio so nahe.

Statue oberhalb von Maratea
Statue Schutzpatron oberhalb von Maratea
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Zwischen Pipeline und Stahlträgern

Länger als geplant bleiben wir in dem kleinen Hafen von Amantea. Das Wetter hat sich deutlich verschlechtert. Die Fischer warnen uns zudem vor dem Tramontana, einem kalten Nordostwind, der über die Berge kommt. Auch der Hafenmeister winkt jeden Tag von Neuem ab, wenn wir sagen, dass wir wieder weiter wollen.

Tatsächlich ist es sehr regnerisch und stürmisch. Die heranrollenden Wellen klingen mehr nach Donnergrollen als die Gewitter selbst und das Meer sieht mehr als ungemütlich aus. Immerhin fühlen wir uns in dem Hafen wohl.

Eine gute Woche Aufenthalt ist dann jedoch mehr als genug und wir wollen endlich weiter. Wir nutzen die erstbeste Gelegenheit um nach Cetraro aufzubrechen, dem nächsten Hafen auf unserer Strecke.

Das Meer hat sich wieder beruhigt, der Wind ist wieder eher schwach und so können wir gemütlich unter der großen Fock unserem nächsten Ziel entgegen segeln.

Der Hafen von Cetraro soll recht teuer sein, deshalb suchen wir uns einen Platz bei den Fischern. Was deren Mooringleinen anbelangt, so können sie den Fischern in Scilla beinahe Konkurrenz machen, doch wir finden am Kai noch einen Platz zum Längsseits anlegen. Erst als wir bereits fest sind überschauen wir das Ganze: wir liegen genau zwischen einer Pipeline und rostigen Stahlträgern, die aus der Kaimauer herausragen. Die THO passt wirklich genau dazwischen, doch nach hinten und vorne bleibt kein Spiel. Wer in dieser Lücke hätte anlegen wollen, hätte es nicht besser machen können. Hätten wir das jedoch vorher gesehen, hätten wir uns schön ferngehalten. Ein kleines Quäntchen Glück war Gott sei Dank dabei.

Ein Hafen, den es nicht gibt

Früh morgens brechen wir von Tropea auf. Wenn wir Pech haben, liegen 50 sm bis zum nächsten Hafen vor uns. Wir haben zwar von einem kleinen Hafen auf halber Strecke gehört, doch dieser existiert laut unseren Hafenhandbüchern und Seekarten gar nicht. Selbst bei Google finden wir nichts – und das will was heißen.

Auf gut Glück peilen wir den Ort namens Amantea an, zu dem der Hafen gehören soll, und hoffen das Beste. Die meiste Zeit haben wir es leicht, denn die SY Beluga fährt voraus und wir können einfach ihrem blauen Dinghi folgen, das immer gut sichtbar am Heck prangt. Doch je näher wir dem Örtchen kommen, desto mehr ist Ausschau halten angesagt. Dann kommt uns doch noch Michaels Tablet samt Navigationsprogramm zu Hilfe und gibt die genaue Lage des Hafens preis. Wir freuen uns, dass uns kein 50 Meilen Ritt bevorsteht.

Als Michael genau in der Einfahrt steckt, wird unsere Freude jedoch gleich wieder gedämpft. Aus dem Funkgerät ertönt nur noch ein warnendes „THO kokkino – abdrehen, abdrehen, wir haben nur eine Wassertiefe von 1 Meter!“ Dann sehen wir die SY Beluga vorsichtig rückwärts aus der Einfahrt kommen. Immerhin sind sie nicht steckengeblieben.

Ein Motorboot hält neben der SY Beluga und nach einem kurzen Gespräch bekommen wir die Info, mit hochgeholtem Kiel könnten wir doch in den Hafen. Also kurbeln wir den Kiel ganz nach oben und schauen der SY Beluga währenddessen bei ihrem zweiten Anlauf zu. Tatsächlich verschwindet sie im Hafenbecken und wir folgen vorsichtig. Die ausgelegten „Fahrwassertonnen“ bestehen aus leeren Kanistern und sind ein Witz, doch immerhin lassen sie erahnen, wo die Hafeneinfahrt am stärksten versandet ist.

Wir kommen gut in den Hafen hinein und am Steg wartet bereits Hilfe zum Anlegen. Überaus freundlich und hilfsbereit werden wir empfangen und zum ersten Mal in Italien haben wir das Gefühl, in einem Hafen willkommen zu sein. Und das ausgerechnet in einem Hafen, den es laut Hafenführern gar nicht gibt.