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Ein Hafen, den es nicht gibt

Früh morgens brechen wir von Tropea auf. Wenn wir Pech haben, liegen 50 sm bis zum nächsten Hafen vor uns. Wir haben zwar von einem kleinen Hafen auf halber Strecke gehört, doch dieser existiert laut unseren Hafenhandbüchern und Seekarten gar nicht. Selbst bei Google finden wir nichts – und das will was heißen.

Auf gut Glück peilen wir den Ort namens Amantea an, zu dem der Hafen gehören soll, und hoffen das Beste. Die meiste Zeit haben wir es leicht, denn die SY Beluga fährt voraus und wir können einfach ihrem blauen Dinghi folgen, das immer gut sichtbar am Heck prangt. Doch je näher wir dem Örtchen kommen, desto mehr ist Ausschau halten angesagt. Dann kommt uns doch noch Michaels Tablet samt Navigationsprogramm zu Hilfe und gibt die genaue Lage des Hafens preis. Wir freuen uns, dass uns kein 50 Meilen Ritt bevorsteht.

Als Michael genau in der Einfahrt steckt, wird unsere Freude jedoch gleich wieder gedämpft. Aus dem Funkgerät ertönt nur noch ein warnendes „THO kokkino – abdrehen, abdrehen, wir haben nur eine Wassertiefe von 1 Meter!“ Dann sehen wir die SY Beluga vorsichtig rückwärts aus der Einfahrt kommen. Immerhin sind sie nicht steckengeblieben.

Ein Motorboot hält neben der SY Beluga und nach einem kurzen Gespräch bekommen wir die Info, mit hochgeholtem Kiel könnten wir doch in den Hafen. Also kurbeln wir den Kiel ganz nach oben und schauen der SY Beluga währenddessen bei ihrem zweiten Anlauf zu. Tatsächlich verschwindet sie im Hafenbecken und wir folgen vorsichtig. Die ausgelegten „Fahrwassertonnen“ bestehen aus leeren Kanistern und sind ein Witz, doch immerhin lassen sie erahnen, wo die Hafeneinfahrt am stärksten versandet ist.

Wir kommen gut in den Hafen hinein und am Steg wartet bereits Hilfe zum Anlegen. Überaus freundlich und hilfsbereit werden wir empfangen und zum ersten Mal in Italien haben wir das Gefühl, in einem Hafen willkommen zu sein. Und das ausgerechnet in einem Hafen, den es laut Hafenführern gar nicht gibt.

Schiff auf dem Trockenen

Da das Auskranen beim Corfu Yacht Yard nicht geklappt hat, sind wir nun seit etwa einer Woche in der Marina Gouvia auf Korfu, circa 7 km nördlich von Korfu Stadt. Die Zeit verging recht schnell mit organisatorischem Kram: Handwerker/Techniker für einige Reparaturen finden, Aufträge erteilen, Termin zum Kranen vereinbaren, Farbe zum Streichen einkaufen usw. Und wenn wir mal nichts zu tun hatten, dann machten sich die Marineros einen Spaß daraus, uns unser Boot ein paar Meter nach da oder dort verlegen zu lassen, um Platz für irgendwelche Schiffe zu gewinnen, die dann doch nicht kamen.

Heute ist es nun soweit und die THO kommt aus dem Wasser. Wir tuckern die paar Meter bis zum Travellift und dürfen dann gleich hinein und zwischen die Gurte fahren. Das klappt alles wunderbar und unkompliziert. Doch kaum hängt unser Boot in der Luft und alle Welt kann den enormen Bewuchs bewundern, den wir mit uns herumschleppen, kommt auch schon die Frage, mit der wir nun gar nicht gerechnet haben. Ob es denn richtig sei, dass wir keine Hochdruckreinigung für unser Boot wollen, fragt uns der Kranführer mit einem Blick in seine Unterlagen. Wir schauen ihn entgeistert an. Wie kann man denn mit Blick auf unser Schiff überhaupt nur auf die Idee kommen, dass wir keine Reinigung haben wollen? Natürlich hätten wir einen Auftrag für eine Hochdruckreinigung beim Marina Office erteilt. In den Papieren stehe etwas Anderes und er brauche eine Bestätigung vom Office. Immerhin fährt er uns trotzdem schon mal zur Waschanlage und wir dürfen die Bestätigung parallel im Office holen.

Das Reinigen ist eher eine Enttäuschung. Der ausführende Mann hat ganz offensichtlich keine Lust und überall bleiben Rückstände von Muscheln und Seepocken zurück. Der Kiel findet ebenfalls zu wenig Beachtung. Da man, um ihn zu reinigen, unter das Schiff gehen muss, wird die Stelle nahezu ausgespart. Wir begeben uns zwischendurch mit einer Leiter an Bord, um den Kiel nach unten zu kurbeln. Schließlich soll auch der Teil des Schwenkkiels, der sich im Rumpf befindet, gereinigt werden. Doch unser Abtauchen ins Boot nutzt der Mann am Spritzwasser geschickt, um seine Arbeit zu beenden und zu verschwinden. Wir lassen ihn von einem Marinero zurückbeordern und erklären ihm unser Anliegen. Dann macht er sich nochmal an die Arbeit – mit mäßigem Enthusiasmus.

Nach dem Reinigen werden wir zu unserem Stellplatz gefahren. Wir bekommen einen Platz direkt an einem Wasser- und Stromanschluss; beides brauchen wir zum Arbeiten. Nur die Richtung, wie das Boot zu stehen kommt, dürfen wir uns leider nicht aussuchen. Gerne hätten wir so gestanden, dass die eine Seite des Rumpfes morgens im Schatten gelegen hätte und die andere abends. Nun brennt uns fast den ganzen Tag die Sonne auf den Pelz.

Nachdem das Boot aufgepallt und mit Stützen befestigt ist, kann es eigentlich schon losgehen. Wir fangen erstmal damit an, die ganzen Muschel- und Seepockenreste vom Rumpf zu kratzen, damit wir zum Schleifen später glatte Oberflächen haben. Die Biester sitzen bombenfest und kosten uns eine Menge Zeit und Kraft. Doch nach getaner Arbeit macht die THO durchaus bereits den Eindruck eines Schiffes, an dem gearbeitet wird.
Kranen Gouvia