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Nordsee-Feeling

Endlich scheint das „Sommer“-Wetter besser zu werden. Die THO kokkino ist bereits startklar und so nutzen wir das Wetterfenster, um uns nach Helgoland aufzumachen. Auf dem Weg zur Ostemündung bekommen wir dann in Geversdorf Gesellschaft von den Geschwistern Barbara und Jörg mit ihrer SY Nereide. Gemütlich geht es erst einmal für eine Nacht nach Cuxhaven, denn um mit einer Tide bis Helgoland zu kommen, ist die Strecke etwas zu weit.

Jörgs Frau Christa kommt uns am Abend in Cuxhaven besuchen und wir stimmen uns schon mal mit Sangria auf den Sommerurlaub ein. Die Wetterprognose für den kommenden Tag ist gut und wir können uns auf einen schönen Törn freuen.

SY THO kokkino unterwegs nach Helgoland
SY THO kokkino unterwegs nach Helgoland
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Tatsächlich haben wir am nächsten Morgen bestes Segelwetter und wir können unter Vollzeug bei Sonnenschein nach Helgoland segeln. Wir kommen gut voran, die Tide sollte uns heute keine Sorge bereiten.

SY THO kokkino unter Segeln
SY THO kokkino auf dem Weg nach Helgoland
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Fast bei Stillwasser erreichen wir dann die Insel und müssen uns einen Platz in einem Päckchen suchen, denn der Hafen ist, wie üblich, ziemlich voll. Es sieht schon sehr abenteuerlich aus, wie die Schiffe dort in siebener oder achter Paketen zusammengeschnürt liegen.

Hafenplatz auf Helgoland
Liegen im Hafen von Helgoland
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wenigstens einen Tag wollen wir bleiben, der Düne einen Besuch abstatten und einen Abstecher ins Oberland machen. Für den nächsten Tag ist erneut schönes Wetter vorhergesagt, so dass wir uns auf einen schönen Ausflug freuen können.

Hafen Helgoland
neuer Liegeplatz Hafen Helgoland
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Eines haben wir allerdings nicht bedacht. Nicht jeder ist auf Helgoland, um Ausflüge zu machen. Und wenn man im Päckchen liegt, will alle Nase lang ein anderer ablegen. So verbringen wir den Morgen erst einmal mit Runden drehen im Hafenbecken, bis diejenigen, die loswollen, abgelegt haben. Dann beginnt erneut das Päckchen packen. Anschließend kehrt für ein paar Stunden Ruhe ein, bis dann am Nachmittag die nächsten los wollen. So bleiben immer nur wenige Stunden für kurze Ausflüge. Wir finden ein Päckchen, aus dem an diesem Tag keiner mehr los möchte, machen dort fest und können unseren Ausflug zur Düne starten.

Strand Helgoland Düne
Strandspaziergang Helgoland Düne
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Bei schönstem Sonnenschein gehen wir am Strand spazieren, beobachten die Seehunde, die sich faul im Sand aalen und genießen den warmen Sand unter unseren Füßen. So fühlt sich Sommerurlaub an.

Seehunde auf Helgoland Düne
Seehunde faulenzen auf Helgoland Düne
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Austernfischer
Austernfischer auf Helgoland Düne
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

In der Strandbar gönnen wir uns dann ein kühles Alsterwasser, bevor wir uns wieder auf den Weg zum Hafen machen.

Dort erwartet uns dann weniger Schönes. Nicht nur, dass die Päckchen wieder kräftig gewachsen sind, auch die Wettervorhersage hat nichts Gutes für uns in Petto. Es soll tüchtig auffrischen auf Windstärke 6 – an und für sich wäre das noch okay. Dazu soll es jedoch Gewitterböen bis 9 geben. Diese lassen uns dann lieber im Hafen bleiben.

Helgoland Düne
Helgoland Düne mit Regenbogen
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Trotz der Wetterbedingungen werden auch am nächsten Tag die Päckchen mehrfach neu gepackt und langsam aber stetig arbeiten wir uns immer dichter an die Pier vor. Allerdings ist das auch kein Vorteil, denn nun müssen alle anderen über unser Schiff laufen, um an Land zu kommen. Und nicht jeder Segler kennt die Regel, dass man nicht mit Staßenschuhen über andere Schiffe läuft. Auf Helgoland scheint diese Benimmregel nahezu keiner zu kennen und unser schön frisch gestrichenes Deck wird zusehends dreckiger.

Erneut verbringen wir einen Tag auf Helgoland und erkunden ausführlich das Oberland und die schöne Felsenlandschaft. Leider hat uns der schöne Sonnenschein verlassen und wir müssen die Aussicht bei grauem Himmel genießen.

Helgoland Felsen
Helgoland Felsen
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Helgoland im Nebel
Nebel auf Helgoland
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Auch für die nächsten Tage wird die Wettervorhersage nicht besser. Starker, drehender Wind, heftige Gewitterböen, Regen. Wir bleiben also auf Helgoland, liegen zwischenzeitlich direkt an der Pier und holen uns den Sommer einfach in unsere Küche. Leckere gemeinsame Abendessen mit Barbara und Jörg lassen uns das schlechte Wetter schnell vergessen.

SY Nereide
SY Nereide vor Cuxhaven
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Als sich dann ein kleines Fenster besseren Wetters aufzutun scheint, segeln wir zurück nach Cuxhaven, denn die Ferien nähern sich dem Ende.

Regenschauer auf der Elbe
Regenschauer auf der Elbe
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Auf der letzten Etappe von Cuxhaven über die Elbe zurück in die Oste erfahren wir dann, wie gut unsere Entscheidung tatsächlich war, nicht norddeutschen Sommergewittern und Schauern weiter zu segeln. Vor der Ostemündung erwischt uns ein tüchtiger Schauer, die Sicht ist gleich null und die Gewitterböen lassen uns kräftig schwanken.

Schlechtwetter auf dem Weg zu Ostemündung
SY Nereide im Regenschauer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir sind heilfroh, als wir uns endlich in die Oste verdrücken können. Dort sind wir windgeschützt und die letzten Meilen nach Hause werden wieder angenehmer. Nach diesem Ausflug und der Tatsache, dass selbst der Starkregen den Dreck von Helgoland nicht von unserem Deck waschen konnte steht jedoch eines für uns fest: Zukünftig streichen wir unser Deck nur noch nach einem Helgoland-Ausflug, nie wieder davor!

Fanfare for the Common Man

Bevor wir in Borkum ablegen, hissen wir die Flaggen der von uns besuchten Länder. Unserer Meinung nach eine wirklich schöne Sitte der nach Hause kommenden Segler.

Flaggenparade
SY THO kokkino mit Flaggenparade nach Cuxhaven
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

 

SY Nereide beflaggt unterwegs
SY Nereide unter Flaggen unterwegs
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
SY THO kokkino unterwegs
THO kokkino beflaggt unterwegs
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir fahren noch mit ablaufendem Wasser aus dem Fahrwasser von Borkum, das immerhin ganze 11 Seemeilen lang ist, heraus und sind pünktlich zum mitlaufenden Strom am Ende des Fahrwassers. Schon im Fahrwasser können wir Segel setzen und kommen gut voran. Die SY Nereide segelt wieder treu an unserer Seite.

THO kokkino im Fahrwasser Borkum
SY THO kokkino im Fahrwasser Borkum mit entgegenkommendem Trawler
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

In der Abenddämmerung bei Gegenstrom müssen wir erneut eine Reede passieren. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir die Giganten hinter uns gelassen haben, doch dafür sieht es absolut beeindruckend aus, wie klein doch unsere Schiffe im Vergleich mit den großen Frachtern sind.

SY Nereide beim Queren der Reede Neue Weser
SY Nereide beim Queren der Reede Neue Weser Nord
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Mit dem nachfolgenden auflaufenden Wasser erreichen wir die Elbe. Das Timing ist perfekt, denn wir wollten auf keinen Fall die Elbe mit Gegenstrom befahren müssen. Der Gegenstrom im Fahrwasser der Elbe soll 4 Knoten betragen, was für uns bedeuten würde, dass wir keine Fahrt mehr machen würden.

Obwohl es mitten in der Nacht ist, herrscht auf der Elbe Rush Hour. Wir fahren so dicht wie möglich am Tonnenstrich, um den Frachtverkehr nicht zu behindern. Trotzdem werden wir auf beiden Seiten überholt und diverse Schlepper fahren sogar außerhalb des Fahrwassers, wo es schnell äußerst flach wird, an uns vorbei. Bei den vielen Lichtern ist volle Aufmerksamkeit gefordert.

So erreichen wir um drei Uhr in der Frühe Cuxhaven und suchen uns einen Platz bei der Liegegemeinschhaft Cuxhaven, einem kleinen Hafen am Steubenhöft. Nachdem sowohl die SY Nereide als auch die SY THO kokkino sicher am Steg vertäut sind, sind wir alle, trotz der späten Stunde, ziemlich aufgekratzt. Zusammen mit Barbara und Jörg gönnen wir uns erst einmal einen Anleger, Barbara spendiert leckeren Tinto aus ihren verbliebenen Vorräten aus Portugal. Es gibt noch eine kleine Revue – wir sind mit der Etappe zufrieden. Der Wind war okay und wir haben es sogar zwei Stunden schneller als gedacht nach Cuxhaven geschafft. Dann nutzen wir den verbleibenden Rest der Nacht, um noch ein wenig zu schlafen.

Am nächsten Morgen werden wir dann von Heiko, dem ersten Vorsitzenden der Liegegemeinschaft herzlich willkommen geheißen. Bei frischen Kaffee schnacken wir gemütlich. Die Atmosphäre in dem kleinen Hafen ist von Beginn an fast familiär und wir fühlen uns richtig wohl.

Da Barbara und Jörg von der SY Nereide bereits am folgenden Tag weiter wollen zu ihrem Liegeplatz in Geversdorf an der Oste, holen wir am Abend das Grillen nach, das wir schon auf Borkum ins Auge gefasst hatten.

Barbara und Ulrike starten einen ausgiebigen Einkauf. Grillfleisch und Salate werden besorgt. Des Weiteren gibt es Handkäse mit Musik – eine pfälzische Spezialität, die Barbara und Jörg bisher unbekannt ist. Zudem soll es eine selbstgemachte Sangria geben.

Die Liegegemeinschaft Cuxhaven stellt und uns ihren Grill zur Verfügung und wir machen uns gemütlich. Jörgs Frau Christa kommt vorbei und leistet uns beim Grillen Gesellschaft. Barbara hat eine Flasche Sekt besorgt, damit wir auf unsere Ankunft in Cuxhaven anstoßen können. So startet schon vor der Sangria ein lustiger Abend, der leider viel zu schnell zu Ende geht.

Am nächsten Tag heißt es dann Abschied nehmen von der Barbara und Jörg, deren Gesellschaft wir auf den letzten Etappen wirklich sehr genossen haben. Doch wir wollen auf jeden Fall in Kontakt bleiben und uns in den kommenden Wintermonaten besuchen.

Blister trocknen in Cuxhaven
SY Nereide und SY THO kokkino nach der Ankunft in Cuxhaven
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir hingegen verbringen den restlichen Tag mit aufräumen, Segel und Schiff waschen und Putzen. Am folgenden Tag wollen wir dann nach Oberndorf fahren und uns mal wieder dem liegengebliebenen Papierkram widmen, bevor wir nach Schweden weiterfahren.

Für den Abend werden wir in das Vereinshaus der Liegegemeinschaft eingeladen. Dort ist Stammtisch und die Belegschaft würde sich über ein paar neue Gesichter freuen. Da sagen wir natürlich nicht nein. Es wird ein lustiger Abend und unser guter Eindruck des kleinen Vereins wird erneut bestätigt.

Nach einer vorerst letzten Nacht auf unserem Schiff, dass uns nun über 2 Jahre beheimatet und sicher von Messolonghi/Griechenland bis nach Cuxhaven gebracht hat, bleibt uns nur noch, die Polster hochzustellen, um alles gut zu hinterlüften und den Niedergang abzuschließen. Dann geht es nach Oberndorf.

Es ist ein seltsames Gefühl, wieder in einem Auto zu sitzen und an der Oste entlang zu fahren. Alles ist bekannt und doch irgendwie fremd.

So stellen wir erst einmal die Taschen in der Wohnung ab und nutzen das sommerliche Wetter, noch eine Runde mit Stefans Spitfire zu drehen. Unser erster Weg führt uns nach Geversdorf. Mal sehen, ob Barbara und Jörg noch an Bord der SY Nereide sind. Doch leider ist die Nereide abgeschlossen und liegt verlassen am Steg. Naja, so muss ein Wiedersehen mit den beiden noch etwas Warten.

Am Abend tun wir dann das, was uns unterwegs mit am Meisten gefehlt hat: Musik laut und auf einer guten Anlage zu hören. Wir entdecken unsere Schätze auf CD neu und genießen die Klänge von Händel, Herbie Hancock, The Blues Company, und zum krönenden Abschluss Emerson, Lake & Palmer mit ihrer „Fanfare for the Common Man“.

Santissima Trinidad

Von Calpe aus geht es nach Alicante. Dort müssen wir am 23.07. Hermann am Flughafen abliefern, da ihn in D die nächsten Termine erwarten.

Vorab haben wir gelesen, dass im Hafen von Alicante ein Nachbau der „Santissima Trinidad“ liegen soll. Die „Santissima Trinidad“ ist  ein 1769 vom Stapel gelaufenes spanisches Linienschiff, welches in der Schlacht von Trafalgar gesunken ist.

Nicht nur wir sondern auch Hermann hat Interesse daran, sich ein Schiff aus dieser Zeit mal genauer anzusehen. Wann hat man auch schon mal die Gelegenheit, sich einen Vierdecker aus der Nähe anzusehen.

So machen wir uns am Abend, als es kühler wird, auf den Weg zu der Fregatte. Sie liegt auf der anderen Seite des Hafens und wir müssen von unserem Liegeplatz um den Hafen herum gehen.

Achterkajüte Nachbau Santissima Trinidad
Achterkajüte der Santissma Trinidad Alicante
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Aus der Entfernung sieht das Schiff einfach monströs aus und der riesige achtere Anbau wirkt fast kitschig. Je näher wir kommen, desto mehr Unstimmigkeiten fallen uns ins Auge. Der Nachbau ist mit seinen kleinen Masten nicht nur kräftig untertakelt, sondern man kann auch sehen, wie die Schiffsplanken mehrere Zentimeter auseinander stehen. Die Achterkajüte sieht bei näherem Betrachten richtig aufgesetzt aus und die unzähligen Stückpforten sind von außen auf den Rumpf geklebt. Man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, ein durchgehendes Scharnier anzubringen, dass es wenigstens so aussehen würde, als könne man die Stückpforte öffnen, um eine Kanone auszufahren. Am Besuchereingang, zwischen Kaimauer und Schiffsrumpf, kann man dann sogar erkennen, dass es sich bei  dem Nachbau nicht einmal um ein richtiges Holzschiff handelt, sondern dass sich unter den Holzplanken ein stählerner Rumpf befindet, auf den der Nachbau der „Santissima Trinidad“ gezimmert worden ist. Wenn man sich schon bei dem Äußeren des Nachbaus so wenig Mühe gegeben hat, wollen wir uns gar nicht vorstellen, wie es nun im Inneren aussehen mag.

Nachbau der Santissima Trinidad
Replica der Santissima Trinidad in Alicante
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am Eingang wird groß offeriert, dass man für seine 5 € Eintritt auch ein alkoholisches Getränk bekommt. Vermutlich soll dieses verschleiern helfen, was im Inneren auch mit wenig Liebe zum Detail „verbrochen“ wurde.

Wir entscheiden uns kurzerhand, den Eintrittspreis lieber für ein angemessenes Abschiedsessen mit Tapas und Sangria zu verwenden. Da haben wir vermutlich mehr davon.