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Fanfare for the Common Man

Bevor wir in Borkum ablegen, hissen wir die Flaggen der von uns besuchten Länder. Unserer Meinung nach eine wirklich schöne Sitte der nach Hause kommenden Segler.

Flaggenparade
SY THO kokkino mit Flaggenparade nach Cuxhaven
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

 

SY Nereide beflaggt unterwegs
SY Nereide unter Flaggen unterwegs
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
SY THO kokkino unterwegs
THO kokkino beflaggt unterwegs
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir fahren noch mit ablaufendem Wasser aus dem Fahrwasser von Borkum, das immerhin ganze 11 Seemeilen lang ist, heraus und sind pünktlich zum mitlaufenden Strom am Ende des Fahrwassers. Schon im Fahrwasser können wir Segel setzen und kommen gut voran. Die SY Nereide segelt wieder treu an unserer Seite.

THO kokkino im Fahrwasser Borkum
SY THO kokkino im Fahrwasser Borkum mit entgegenkommendem Trawler
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

In der Abenddämmerung bei Gegenstrom müssen wir erneut eine Reede passieren. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir die Giganten hinter uns gelassen haben, doch dafür sieht es absolut beeindruckend aus, wie klein doch unsere Schiffe im Vergleich mit den großen Frachtern sind.

SY Nereide beim Queren der Reede Neue Weser
SY Nereide beim Queren der Reede Neue Weser Nord
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Mit dem nachfolgenden auflaufenden Wasser erreichen wir die Elbe. Das Timing ist perfekt, denn wir wollten auf keinen Fall die Elbe mit Gegenstrom befahren müssen. Der Gegenstrom im Fahrwasser der Elbe soll 4 Knoten betragen, was für uns bedeuten würde, dass wir keine Fahrt mehr machen würden.

Obwohl es mitten in der Nacht ist, herrscht auf der Elbe Rush Hour. Wir fahren so dicht wie möglich am Tonnenstrich, um den Frachtverkehr nicht zu behindern. Trotzdem werden wir auf beiden Seiten überholt und diverse Schlepper fahren sogar außerhalb des Fahrwassers, wo es schnell äußerst flach wird, an uns vorbei. Bei den vielen Lichtern ist volle Aufmerksamkeit gefordert.

So erreichen wir um drei Uhr in der Frühe Cuxhaven und suchen uns einen Platz bei der Liegegemeinschhaft Cuxhaven, einem kleinen Hafen am Steubenhöft. Nachdem sowohl die SY Nereide als auch die SY THO kokkino sicher am Steg vertäut sind, sind wir alle, trotz der späten Stunde, ziemlich aufgekratzt. Zusammen mit Barbara und Jörg gönnen wir uns erst einmal einen Anleger, Barbara spendiert leckeren Tinto aus ihren verbliebenen Vorräten aus Portugal. Es gibt noch eine kleine Revue – wir sind mit der Etappe zufrieden. Der Wind war okay und wir haben es sogar zwei Stunden schneller als gedacht nach Cuxhaven geschafft. Dann nutzen wir den verbleibenden Rest der Nacht, um noch ein wenig zu schlafen.

Am nächsten Morgen werden wir dann von Heiko, dem ersten Vorsitzenden der Liegegemeinschaft herzlich willkommen geheißen. Bei frischen Kaffee schnacken wir gemütlich. Die Atmosphäre in dem kleinen Hafen ist von Beginn an fast familiär und wir fühlen uns richtig wohl.

Da Barbara und Jörg von der SY Nereide bereits am folgenden Tag weiter wollen zu ihrem Liegeplatz in Geversdorf an der Oste, holen wir am Abend das Grillen nach, das wir schon auf Borkum ins Auge gefasst hatten.

Barbara und Ulrike starten einen ausgiebigen Einkauf. Grillfleisch und Salate werden besorgt. Des Weiteren gibt es Handkäse mit Musik – eine pfälzische Spezialität, die Barbara und Jörg bisher unbekannt ist. Zudem soll es eine selbstgemachte Sangria geben.

Die Liegegemeinschaft Cuxhaven stellt und uns ihren Grill zur Verfügung und wir machen uns gemütlich. Jörgs Frau Christa kommt vorbei und leistet uns beim Grillen Gesellschaft. Barbara hat eine Flasche Sekt besorgt, damit wir auf unsere Ankunft in Cuxhaven anstoßen können. So startet schon vor der Sangria ein lustiger Abend, der leider viel zu schnell zu Ende geht.

Am nächsten Tag heißt es dann Abschied nehmen von der Barbara und Jörg, deren Gesellschaft wir auf den letzten Etappen wirklich sehr genossen haben. Doch wir wollen auf jeden Fall in Kontakt bleiben und uns in den kommenden Wintermonaten besuchen.

Blister trocknen in Cuxhaven
SY Nereide und SY THO kokkino nach der Ankunft in Cuxhaven
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir hingegen verbringen den restlichen Tag mit aufräumen, Segel und Schiff waschen und Putzen. Am folgenden Tag wollen wir dann nach Oberndorf fahren und uns mal wieder dem liegengebliebenen Papierkram widmen, bevor wir nach Schweden weiterfahren.

Für den Abend werden wir in das Vereinshaus der Liegegemeinschaft eingeladen. Dort ist Stammtisch und die Belegschaft würde sich über ein paar neue Gesichter freuen. Da sagen wir natürlich nicht nein. Es wird ein lustiger Abend und unser guter Eindruck des kleinen Vereins wird erneut bestätigt.

Nach einer vorerst letzten Nacht auf unserem Schiff, dass uns nun über 2 Jahre beheimatet und sicher von Messolonghi/Griechenland bis nach Cuxhaven gebracht hat, bleibt uns nur noch, die Polster hochzustellen, um alles gut zu hinterlüften und den Niedergang abzuschließen. Dann geht es nach Oberndorf.

Es ist ein seltsames Gefühl, wieder in einem Auto zu sitzen und an der Oste entlang zu fahren. Alles ist bekannt und doch irgendwie fremd.

So stellen wir erst einmal die Taschen in der Wohnung ab und nutzen das sommerliche Wetter, noch eine Runde mit Stefans Spitfire zu drehen. Unser erster Weg führt uns nach Geversdorf. Mal sehen, ob Barbara und Jörg noch an Bord der SY Nereide sind. Doch leider ist die Nereide abgeschlossen und liegt verlassen am Steg. Naja, so muss ein Wiedersehen mit den beiden noch etwas Warten.

Am Abend tun wir dann das, was uns unterwegs mit am Meisten gefehlt hat: Musik laut und auf einer guten Anlage zu hören. Wir entdecken unsere Schätze auf CD neu und genießen die Klänge von Händel, Herbie Hancock, The Blues Company, und zum krönenden Abschluss Emerson, Lake & Palmer mit ihrer „Fanfare for the Common Man“.

Treibgut

Nach einem Starkwind oder Sturm lässt sich so Einiges im Hafenbecken finden. Neben Treibholz und Müll findet sich auch gelegentlich mal ein losgerissener Fender oder sogar ein Fenderbrett, das nicht hinreichend gesichert war.

Gestern haben wir dann das bisher wertvollste Treibgut entdeckt: Ein Jet-Ski. Einsam, verlassen und gekentert treibt es in der Hafeneinfahrt. Es wird dann zur Werft geschleppt und dort am Steg versuchen vier Leute mit vereinten Kräften und der Hilfe eines Krans, das gute Stück wieder an Land zu befördern.

Rettungsversuch Jet-Ski
Jet-Ski kurz vor dem Versinken
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Kurz bevor es vollkommen gesunken ist, bekommt es doch noch trockenen Boden unter den Füßen. Ob es allerdings nach dem Ganzkörper-Wasserkontakt noch gebrauchsfähig ist, bleibt abzuwarten.

Jet-Ski gerettet
geborgener Jet-Ski
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir erfahren, dass eine russische Motoryacht dieses Spielzeug wohl beim Passieren der etwas ruppigen und aufgewühlten Hafeneinfahrt verloren hat.

Frech wie Oskar

Nach einem gemütlichen Kaffee wollen wir uns heute unsere Stopfbuchse vornehmen, nachdem diese zwischenzeitlich doch arg tropft. Zuerst einmal sprühen wir die Muttern und Kontermuttern kräftig mit WD 40 ein, dann wollen wir diese etwas nachziehen. Mal sehen, ob sich dadurch das Tropfen in die Bilge verringert. Doch beim Nachziehen tut sich gar nichts. Alle Muttern sitzen bombenfest und lassen sich nicht das geringste Stückchen bewegen. Also greifen wir erneut zu WD 40 und lassen es dieses Mal etwas länger einwirken.

In der Zwischenzeit versuchen wir, über Funk einen Wetterbericht von Patras zu empfangen. Das Ergebnis unseres Versuches ist nicht gerade berauschend. Windrichtung und Stärke lassen sich gerade noch verstehen, doch die Bezugspunkte sind vollkommen unverständlich.

Nach dem Wetterbericht widmen wir unsere Aufmerksamkeit wieder der Stopfbuchse. Dieses Mal schaffen wir es, die Muttern alle um eine halbe Drehung nachzuziehen. Tatsächlich tropft es nun deutlich weniger bis gar nicht mehr. Die Bilge müsste nun also auch trocken bleiben.

Als wir gerade so in der Bilge unserer Achterkoje beschäftigt sind, kommt ein Marinero mit zwei Holländern im Schlepptau vorbei. Die beiden wollen unbedingt unseren Liegeplatz haben. Angeblich haben sie genau für diesen Platz einen Dreijahresvertrag. Außerdem sei der Platz sowieso nur für Katamarane. Uns ist das neu und einen festen Liegeplatz haben wir in unserem Vertrag auch nicht. Wie sie den Marinero haben beschwatzen können, ist uns ein Rätsel. Wir lassen uns also nicht beirren. In den nächsten Tagen haben wir jedenfalls nicht vor, den Platz zu verlassen. Zudem können wir ihnen verständlich machen, dass auch wir einen Platz zum längsseits Anlegen brauchen. Am Heck ist unsere Windsteueranlage im Weg und am Bug das Vorsegel. Ohne weiter Stress zu entfalten, lassen uns die Holländer nun in Ruhe und verzichten auf „ihren“ Platz. Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie nur den Wetterbericht für die kommenden Tage gehört haben und es für den angekündigten Starkwind etwas ruhiger liegen wollten. Denn sonst ist kein Unterschied von ihrem Liegeplatz zu unserem ersichtlich. Man kann es ja mal versuchen.