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Leinen los

Es braucht mal mehr, mal weniger, jedoch immer ein kleines bisschen Überwindung, die Leinen zum Ablegen zu lösen. Von Marlis und Bert von der SY Heimkehr haben wir gelernt, dass man den Vorgang des Ablegens auch „Komfortzone verlassen“ nennen kann, weil man sich von „(…) Freunden, Strom, Wasser, warmen Duschen, Restaurants und Supermarkt“ löst.

Thomy von der SY Tochida aus Messolonghi hat einmal vor gleichem Hintergrund überspitzt formuliert: “ Ein Segeltag ist ein verlorener Hafentag.“ Soweit würden wir nun nicht gehen.

Jedenfalls sind wir länger in Lagos geblieben als ursprünglich beabsichtigt. Neben Strom, Wasser, warmen Duschen, Restaurants und Supermarkt waren wir uns auch mit Rücksicht auf Wind und Wetter nicht über die weitere Route im Klaren. An der portugiesischen Küste hat es derzeit beständigen Wind aus Nord. Das bedeutet Aufkreuzen am Wind. Raus zu den Azoren und von da mit einem langen Schlag nach England wäre die Alternative. Aber rund um die Azoren, um den Kern des Azorenhochs herum, hat es nur schwache Winde. Und am Ende eines langen Schlages von Portugal raus, dann noch womöglich tagelang zu den Azoren motoren zu müssen, das reizt uns nicht.

Wir haben uns dann heute entschieden, es mit der portugiesischen Küste zu versuchen. Ziel ist erstmal Sines in ca. 80 sm Entfernung.

Felsen und Grotten bei Lagos
Klippen bei Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

 

Raue Überfahrt

Etwa 150 Seemeilen lang ist unsere nächste Etappe nach Lagos/Portugal und wir rechnen, da wir abends starten, mit zwei Nachtfahrten und eineinhalb Tagen. Gleich am ersten Abend zücken wir endlich einmal rechtzeitig die Kamera, um einen Delfin zu erwischen. Zwar taucht dieser gerade unter unser Boot ab, doch gerade so haben wir ihn noch erwischt.

Delfin am Schiffsrumpf
Delfin unter Wasser
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Die erste Nacht ist recht rau. Es zieht eine Kaltfront dicht nördlich von uns durch; der Wind ist stärker als vorhergesagt, aber sehr wechselhaft und die See entsprechend aufgewühlt. Beim Runden des Kap Trafalgar, von welchem man sich wegen eines langgestreckten Flachs gut freihalten sollte, zieht ein Gewitter über uns hinweg, so dass die Nachtfahrt nicht langweilig wird.

Kap Trafalgar
Cabo Trafalgar
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am nächsten Morgen ist das raue Wetter überstanden. Der Wind bleibt aber ebenso unbeständig wie im Mittelmeer. Innerhalb weniger Stunden dreht er auf alle Richtungen und die Stärke schwankt zwischen 0 bis 22 Knoten Wind. Mehrfach ziehen wir die Segel hoch, nur um sie nach wenigen Stunden wieder herunter zu nehmen, bis das Spiel von Neuem beginnt. Auch unsere Geschwindigkeit schwankt mehr als je zuvor. Von unter 2 Knoten bis zu 6 Knoten ist alles dabei, wobei das Mittel am Ende unter 4 Knoten liegt.

Fortress Lagos
Fort Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nach 44 Stunden sind wir dann endlich in Lagos. Die Einfahrt zum Hafen liegt in einem kleinen Fluss und sieht richtig nett aus. Vor der Marina spannt sich eine Fußgängerbrücke über den Fluss und bevor diese für ein Boot öffnet, muss man an einem Wartesteg festmachen und die Formalitäten klären. Nachdem der offizielle Teil geklärt ist, funken wir die Brücke an und dürfen unter dieser hindurchfahren. Der Hafen macht einen netten Eindruck und wir sehen an den Stegen durchaus den ein oder anderen Langfahrtsegler. Hier werden wir uns erst einmal von der letzten Etappe ausruhen und uns unser nächstes Ziel überlegen.

alte Stadtbefestigung Lagos
Stadtbefestigung von Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Eingang der Stadtbefestigung Lagos
Eingang der Stadtbefestigung Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Anderes Wetter

Nach unserem kurzen Aufenthalt in Gibraltar durchqueren wir die Straße von Gibraltar. Wir halten uns so weit unter Land wie möglich, um zum einen weniger Gegenstrom abzubekommen und zum anderen, um uns von dem vielbefahrenen Verkehrstrennungsgebiet durch die Straße freizuhalten.

Zwei weitere Segelboote starten quasi zeitgleich mit uns in die gleiche Richtung, unsere Gezeiten- und Strömungsberechnungen können somit nicht allzu verkehrt sein. Trotzdem kommen wir zunächst nur langsam vorwärts. Doch bald bekommen wir etwas Wind aus östlicher Richtung, so dass wir Segel setzen können.

Bei Tarifa, am Ausgang der Straße von Gibraltar nimmt der Wind dann erwartungsgemäß bedeutend zu. Laut unserem Handbuch soll es bei Tarifa an 300 Tagen im Jahr über 30 Knoten Wind haben (Windstärke 7 oder mehr). Immerhin erwischen wir einen der verbleibenden 65 Tage, an denen es dort mit knapp unter 30 Knoten bläst.

Insgesamt ist das Wetter seit Gibraltar schlechter geworden. Es ist nicht mehr ganz so heiß, der Himmel ist bewölkt und nur gelegentlich zeigt sich die Sonne ein wenig. Die damit verbundene Kühle ist nach der Hitze der vergangenen Wochen eine Wohltat.

Nachdem wir dann Kurs auf Barbate, unseren nächsten Hafen kurz vor dem Cabo Trafalgar nehmen, wird es wieder ruhiger. Landabdeckung, dadurch abflauender Wind und nachlassender Strom bremsen unsere Fahrt etwas aus, doch noch deutlich vor Sonnenuntergang können wir in Barbate anlegen. Ein kurzes Ausruhen steht aus dem Programm, denn schon am folgenden Abend wollen wir aufbrechen zu einem langen Schlag nach Lagos/Portugal.