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Haken, Augen und Nieten

Der portugiesische Winter hat uns nach wie vor fest im Griff. Alle paar Tage stürmt es kräftig, die ganze Steganlage gerät in Bewegung und am Morgen erwarten einen dann am Steg müde und unausgeruhte Gesichter.

Eigentlich würden wir langsam wirklich gerne weiterziehen, doch das Wetter ist immer noch zu rau und unbeständig. Selbst Hélène und André, die mit ihrer SY Allegra in die entgegengesetzte Richtung wollen, wollen bei den derzeitigen Wetterbedingungen den sicheren Hafen nicht verlassen. Und aus der Algarve, die doch um Einiges südlicher liegt, hören wir von Uli und Dirk von der SY Mariposa, dass es dort auch immer wieder recht ungemütlich und ungewöhnlich stürmisch ist. Normalerweise ist in der Algarve von den meisten Tiefdruckgebieten, die uns in Nazaré tangieren, nichts mehr zu spüren. Uli und Dirk waren vergangenen Herbst in Nazaré und sind dann weitergezogen in die vermeintlich wärmere und ruhigere Algarve.

Um die Zeit, die wir sozusagen notgedrungen noch ausharren müssen bevor wir die Leinen lösen können, doch noch zu nutzen, machen wir einen gründlichen Segelcheck. Einige unserer Segel, vor allem die Sturmsegel, haben wir im Mittelmeer nie einsetzen müssen und sie liegen deshalb gut verstaut in ihren Säcken. Für den Fall, dass wir sie demnächst auf unserem Weg nach Norden vielleicht doch einmal einsetzen müssen, wollen wir sie uns lieber einmal gründlich anschauen.

Arbeiten am Segel
Segelreparatur
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Also breiten wir die Segel an einem der etwas ruhigeren Tage an Land aus und inspizieren sie von oben nach unten. Dabei bekommen wir Unterstützung von Dody von der SY Tonga, die schon so manches Segel repariert hat.

Sturmfock mit erneuertem Auge
Sturmfock mit erneuertem Auge
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Das Tuch selbst ist jeweils in gutem Zustand, nur die Augen, in welche die Stagreiter eingehakt werden, sind über die Jahre etwas brüchig geworden. Dody hat dank ihres eigenen Restaurierungsprojekt an ihrer SY Tonga alle notwendigen Werkzeuge und Materialien zur Hand. So verfrachten wir die Segel gleich in ihren Workshop und Dody zeigt uns, wie man einem Segel neue Augen verpasst. Wir nutzen die Gelegenheit, gleich auch noch einen neuen Kantenschutz mit anzubringen, damit die neuen Augen samt dem Vorliek besser geschützt werden und verstärken zudem sicherheitshalber das Schothorn.

verstärktes Schothorn
Sturmfock mit verstärktem Schothorn
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nach getaner Arbeit sehen die Segel gleich doppelt so gut aus und wir sind mit unserem Tagewerk mehr als zufrieden. Natürlich hoffen wir, dass wir die Sturmsegel nach wie vor nicht brauchen werden, doch es ist gut zu wissen, dass diese einsatzbereit an Bord sind.

Handwerker

Den Hafentag in Lagos nutzen wir, um unseren Motor mal wieder etwas zu pflegen. Da wir nun doch einiges an Strecke mit Motorunterstützung zurückgelegt haben, steht mal wieder ein Ölwechsel auf dem Programm. Außerdem wollen wir den Öldruck kontrollieren lassen. Wir haben das Gefühl, dass unser altes Instrument, welches diesen Zweck erfüllen soll, zu wenig Druck für einen frisch revisionierten Motor anzeigt. Vermutlich liegt diese Unstimmigkeit jedoch an dem im Zuge der Revision getauschten Geber, bzw. einer Inkompatibilität des Gebers zum Instrument und nicht am Druck selbst. Die Werft hier in Lagos wird im Hafenhandbuch sehr gelobt und als wir dort vorstellig werden, sagen sie uns zu, gleich nach der Mittagspause jemanden bei uns vorbei zu schicken.

Gerade haben wir das alte Öl abgelassen, frisches aufgefüllt und den Peilstab zwecks Kontrolle in der Hand, da klopft es am Boot. Wir werden auf Deutsch gegrüßt. Ganz überrascht wenden wir uns unserem in blau gekleideten Besucher zu, den wir für den erwarteten Mechaniker halten. Bisher haben wir noch nicht erlebt, dass ein Handwerker auf unserer Reise deutsch gesprochen hätte.

Doch es klärt sich schnell, dass es sich bei dem netten Herren nicht um einen Mitarbeiter der Werft handelt, sondern um einen britischen Langfahrtsegler, der in seinem „früheren Leben“ Deutschlehrer gewesen ist. Das Gesprächsthema dreht sich trotzdem um die hiesigen Handwerker. Auch an seinem Boot stehen kleinere Reparaturen auf dem Programm.

Unser Boot hat er sich ganz offensichtlich gezieht ausgeguckt. Da die Handwerker hier etwas teuer sein sollen, will er ein paar Kleinigkeiten an Bord selbst reparieren. In diesem Zusammenhang befindet er sich auf der Suche nach einer Stichsäge. Bei einem Blick durch die Marina war wohl unser Boot diesbezüglich am Vielversprechensten. Wir enttäuschen ihn nicht – ein Griff in den Werkschrank und wir können ihm unsere Stichsäge leihen. An Werkzeug herrscht bei uns an Bord nun wirklich kein Mangel. Auch wenn die Lorbeeren in diesem Punkte eigentlich unserem Voreigner Timm gebühren, der das Boot mit Werkzeug bestückt hat, so ist es nett wenn man im Hafen als der Kandidat ausgewählt wird, der bezüglich bestimmter Werkzeuge weiterhelfen kann.

Unser Mechaniker taucht dann am späten Nachmittag auf, hat gleich alles notwenige Werkzeug dabei und misst mechanisch unseren Öldruck. Wie erwartet zeigt unsere Anzeige zu wenig Druck an, um genau zu sein, etwa 3 bar weniger als tatsächlich vorhanden. Diese Werte passen nun auch zu einem frisch revisionierten Motor und wir können diese Unstimmigkeit abhaken.

elektrisch gemessener Öldruck
Öldruck elektrisch gemessen 3 bar
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
mechanisch gemessener Öldruck
Öldruck mechanisch gemessen 6 bar
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln