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Drei Boote sind eine Regatta

Wir haben uns noch nicht richtig von unserem letzten Schlag ausgeschlafen, da melden sich Barbara und Jörg von der SY Nereide bei uns, die in Deutschland quasi in unserem Nachbardorf wohnen und die wir bereits in Roscoff getroffen haben. Sie wollen im Laufe des nächsten Tages von Breskens nach Ijmuiden kommen. Wir freuen uns auf das Wiedersehen und vertreiben uns den Tag mit einer ausgiebigen Saubermachaktion und Deckschrubben.

Auf der Suche nach 50 Cent-Stücken, die man im Hafen braucht um das Wasser zum Laufen zu bringen, lernen wir Olivia und Wolfgang von der SY Papageno kennen, die ein paar Plätze von uns entfernt liegen. Auch die beiden wollen zurück nach Deutschland; ihr Getriebe macht Probleme und leider ist das Getriebe so verbaut, dass der Motor ausgebaut werden muss, um den Fehler zu beheben. Sie warten auf guten Wind, damit sie den Motor möglichst nicht benutzen müssen und das Getriebe schonen können.

Am Abend treffen wir uns auf ein Bier und erzählen ausführlich. Von der SY Nereide ist bisher nichts zu sehen und langsam kommen uns Zweifel, ob Barbara und Jörg tatsächlich heute noch kommen. Bis wir zu Bett gehen, ist von der Nereide nichts zu sehen und wir müssen uns wohl noch einen Tag gedulden.

Doch als wir am nächsten Morgen ins Cockpit kommen, sehen wir die SY Nereide am Längsseits-Pier, nur wenige Meter von uns entfernt liegen – sie muss noch mitten in der Nacht in den Hafen gekommen sein.

Es dauert auch nicht lange, da laufen uns Barbara und Jörg über den Weg und es gibt ein freudiges Hallo. Wir trinken bei uns an Bord leckeren, frisch aufgebrühten Kaffee und erzählen. Tatsächlich ist die Nereide nur kurz nachdem wir in die Betten gefallen sind, eingelaufen – wir haben sie also gerade so verpasst.

Nachdem wir nun noch den ein oder anderen Tag auf passenden Wind warten müssen und auch mal wieder ein Tiefdruckgebiet durchrauschen wird, mit dem wir nicht unbedingt nähere Bekanntschaft machen wollen, bleibt uns genug Zeit zum Quatschen, gemeinsam Essen und Karten spielen. Wir führen sowohl die Besatzung der Nereide wie auch der Papageno in die „Geheimnisse“ des Kartenspiels „Wizard“ ein, und haben sehr viel Spaß dabei. „Wizard“ hat nun auf jeden Fall 4 neue begeisterte Anhänger.

Doch wir spielen nicht nur gemeinsam Karten, sondern diskutieren auch den weiteren Törnverlauf. Die vielen kleinen Nordseeinseln sollen zwar schön sein, doch um zu den jeweiligen Häfen zu gelangen, muss man beträchtliche Umwege in Kauf nehmen. Nachdem der Herbst auch immer näher rückt, entschließen wir uns alle, gemeinsam einen längeren Schlag direkt bis Borkum zu machen. Mit etwas Glück ist die Strecke in etwas mehr als zwei Tiden zu schaffen, so dass wir zweimal mitlaufenden und nur einmal gegenlaufenden Strom haben.

Wir freuen uns, beim Segeln seit Langem mal wieder Gesellschaft zu haben und sind gespannt, ob wir etwa gleich schnell sind.

Bekanntermaßen gelten schon zwei Segelschiffe auf gleichem Kurs als Regatta, allerdings ist keines unserer drei Schiffe eine Rennziege. Vermutlich wird sich keiner allzu weit von den anderen absetzen.

Regatta SY Nereide und SY THO kokkino
SY Nereide und SY THO kokkino unteregs nach Borkum
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Olivia und Wolfgang von der Papageno „schummeln“ ein bisschen und fahren eine Stunde früher los, doch die Probleme mit ihrem Getriebe lassen wir als Entschuldigung gelten. Wir hoffen, dass sie uns nicht allzu weit voraus sind, damit wir ein paar schöne Photos von der Papageno unter Segeln schießen können.

Wir legen dann am späten Vormittag zusammen mit der Nereide ab und stellen schnell fest, dass unsere Boote nahezu gleich schnell sind. Unsere Boote posieren für die Kameras und jeder bekommt mal wieder ein paar Schnappschüsse von unterwegs.

SY Nereide
SY Nereide unterwegs nach Borkum
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Segeln vor einem Windpark
SY THO kokkino vor einem WIndpark in der Nordsee
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
THO kokkino vor der niederländischen Küste
SY THO kokkino vor der holländischen Küste
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Es dauert bis zum späten Nachmittag, bis wir die Papageno wieder in Sichtweite haben. Doch immerhin können wir auch von der Papageno noch ein paar schöne Photos bei Tageslicht schießen.

SY Papageno
SY Papageno vor der holländischen Küste
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Sonnenuntergang auf der Nordsee
Sonnenuntergang in der Deutschen Bucht
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Während der Nacht haben wir beständig die Lichter der Nereide im Blick – ein schönes Gefühl, mal nicht allein unterwegs zu sein. Die Papageno verlieren wir über Nacht allerdings wieder aus den Augen – sie segelt dichter unter Land und die Positionslampen haben generell nur eine recht geringe Reichweite von etwa 2 Seemeilen.

SY Nereide in der Abenddämmerung
SY Nereide in der Abenddämmerung
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Texel Leuchttum bei Nacht
Leuchtturm auf Texel bei Nacht
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am kommenden Vormittag erreichen wir dann Borkum. Die Nereide und wir laufen nahezu gleichzeitig in den Hafen ein – eindeutig Gleichstand. Auch die Papageno lässt nicht lange auf sich warten. Obwohl wir sie nachts irgendwann nicht mehr sehen konnten, ist sie uns dicht auf den Fersen geblieben.

Es hat Spaß gemacht, mal eine Etappe mit anderen Schiffen gemeinsam zu bewältigen und nun freuen wir uns auf ein paar gemeinsame Tage auf Borkum und weitere Runden „Wizard“.

Launisches Tief

Mit Spannung verfolgen wir das aufziehende Tief über dem Atlantik. Vor ein paar Tagen sah es so aus, als würde für uns den besten Segelwind mit sich bringen: Südwestliche Winde mit 4-5 Windstärken für 3-4 Tage. Das wäre genau das, was wir uns für unsere Biskaya-Überquerung wünschen. Doch das Tief scheint recht launenhaft zu sein. Seit wir in Muxia angekommen sind, sieht die Zugrichtung des Tief jeden Tag ein kleines bisschen anders aus. Die 3-4 guten Segeltage sind heute auf 2 Tage geschrumpft und der vorhergesagte Wind hat deutlich abgenommen. Nach jetziger Lage würde uns mitten auf der Biskaya der Wind einschlafen und im Anschluss auf Nord oder gar Nordost drehen, was wir in dieser Position nun gar nicht gebrauchen könnten. Das Tief steht viel zu weit südlich. Zudem soll sich danach das Azorenhoch immer mehr über der Biskaya ausweiten und lässt so keinen Platz für guten Wind.

Während wir das Wetter beobachten und hoffen, dass sich doch noch ein Fenster für uns ergibt, beschäftigen wir endlich mal mit dem Teil unseres Equipments, den wir bisher noch gar nicht richtig nutzen konnten – SSB-Funkgerät und Pactro-Modem.

aktives Pactor-Modem
aktives Pactor-Modem beim Empfang von Wetterdaten
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir suchen uns die Frequenzen und die Sendezeiten der für uns relevanten Vorhersagen des Deutschen Wetterdienstes heraus, stellen das Funkgerät ein, starten das Pactor-Modem und empfangen dann über Funk ein aktuelles Wetterfax, dass uns direkt auf dem Navigationslaptop angezeigt wird. Die Prozedur dauert zwar ein paar Minuten, doch auf diese Weise können wir auch mitten auf der Biskaya aktuelles Wetter empfangen. Wir sind überrascht, wie einfach die Sache funktioniert. Bisher war das Empfangen von aktuellem Wetter auf diesem Wege nicht notwendig, doch bei voraussichtlich 3-4 Tagen auf der Biskaya mit bisher täglich wechselnden Vorhersagen, werden wir sicher noch froh sein, zwischendurch ein Update empfangen zu können.

SSB Funkgerät beim Empfang von Wetterdaten
Empfang von aktuellem Wetter über SSB Funk
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Navigations-Laptop beim Empfang von Wetterdaten
Navigations-Laptop beim Empfang von Wetterdaten
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Haken, Augen und Nieten

Der portugiesische Winter hat uns nach wie vor fest im Griff. Alle paar Tage stürmt es kräftig, die ganze Steganlage gerät in Bewegung und am Morgen erwarten einen dann am Steg müde und unausgeruhte Gesichter.

Eigentlich würden wir langsam wirklich gerne weiterziehen, doch das Wetter ist immer noch zu rau und unbeständig. Selbst Hélène und André, die mit ihrer SY Allegra in die entgegengesetzte Richtung wollen, wollen bei den derzeitigen Wetterbedingungen den sicheren Hafen nicht verlassen. Und aus der Algarve, die doch um Einiges südlicher liegt, hören wir von Uli und Dirk von der SY Mariposa, dass es dort auch immer wieder recht ungemütlich und ungewöhnlich stürmisch ist. Normalerweise ist in der Algarve von den meisten Tiefdruckgebieten, die uns in Nazaré tangieren, nichts mehr zu spüren. Uli und Dirk waren vergangenen Herbst in Nazaré und sind dann weitergezogen in die vermeintlich wärmere und ruhigere Algarve.

Um die Zeit, die wir sozusagen notgedrungen noch ausharren müssen bevor wir die Leinen lösen können, doch noch zu nutzen, machen wir einen gründlichen Segelcheck. Einige unserer Segel, vor allem die Sturmsegel, haben wir im Mittelmeer nie einsetzen müssen und sie liegen deshalb gut verstaut in ihren Säcken. Für den Fall, dass wir sie demnächst auf unserem Weg nach Norden vielleicht doch einmal einsetzen müssen, wollen wir sie uns lieber einmal gründlich anschauen.

Arbeiten am Segel
Segelreparatur
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Also breiten wir die Segel an einem der etwas ruhigeren Tage an Land aus und inspizieren sie von oben nach unten. Dabei bekommen wir Unterstützung von Dody von der SY Tonga, die schon so manches Segel repariert hat.

Sturmfock mit erneuertem Auge
Sturmfock mit erneuertem Auge
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Das Tuch selbst ist jeweils in gutem Zustand, nur die Augen, in welche die Stagreiter eingehakt werden, sind über die Jahre etwas brüchig geworden. Dody hat dank ihres eigenen Restaurierungsprojekt an ihrer SY Tonga alle notwendigen Werkzeuge und Materialien zur Hand. So verfrachten wir die Segel gleich in ihren Workshop und Dody zeigt uns, wie man einem Segel neue Augen verpasst. Wir nutzen die Gelegenheit, gleich auch noch einen neuen Kantenschutz mit anzubringen, damit die neuen Augen samt dem Vorliek besser geschützt werden und verstärken zudem sicherheitshalber das Schothorn.

verstärktes Schothorn
Sturmfock mit verstärktem Schothorn
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nach getaner Arbeit sehen die Segel gleich doppelt so gut aus und wir sind mit unserem Tagewerk mehr als zufrieden. Natürlich hoffen wir, dass wir die Sturmsegel nach wie vor nicht brauchen werden, doch es ist gut zu wissen, dass diese einsatzbereit an Bord sind.