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Der schlafende Elefant

Von unserer einsamen Bucht Cala Llentrisca auf Ibiza starten wir am frühen Abend zum spanischen Festland. Wir gehen davon aus, dass wir zwar die ersten Abendstunden über schön segeln können werden, doch dass des Nachts wie üblich der Wind einschlafen und dann nahezu Windstille herrschen wird.

THO kokkino mit Sonnenuntergang
Sonnenuntergang unter Segeln
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir werden jedoch positiv überrascht. Der Wind hält fast die ganze Nacht über an und wir können einen Großteil der Strecke unter Segel zurücklegen. Mitten in der Nacht warnt unser AIS vor Kollisionsalarm mit einem Frachtschiff. Zwar ist der Frachter ausweichpflichtig, doch bisher haben wir diesbezüglich wenig Rücksichtnahme und Beachtung der Vorschriften erlebt. Dieses Mal jedoch können wir tatsächlich beobachten, dass der Frachter seinen Kurs ändert und uns ausweicht – Hut ab.

Als ersten Stop am spanischen Festland haben wir uns Dénia ausgeguckt. Zwar soll der Hafen laut Führer nicht gerade schön sein, doch wir hoffen, dass es dort wenigstens etwas günstiger sein wird, als in einem Touristenhafen.

Als wir in den Hafen einlaufen, stellen wir jedoch fest, dass der Ort einen ganz netten Eindruck macht. Die Marineros sind freundlich und hilfsbereit und wir haben vom Steg aus einen schönen Blick auf das Bergmassiv Montgó mit dem netten Beinamen „der schlafende Elefant“. Sein Ausläufer schlängelt sich wie ein Rüssel zum Meer hin, daher der Name.

Montgó Dénia
Schlafender Elefant Dénia
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am Nachmittag ist es dann vorbei mit Windstille vom Vormittag. Der schlafende Elefant scheint am Morgen den Wind zu blockieren, am Nachmittag erwacht er dann zum Leben und es fängt ordentlich zu pfeifen an. Für das Liegen im Hafen ist der Wind ganz angenehm, da er die vorherrschende Hitze ein wenig vertreibt, doch An- und Ablegen wird nun anspruchsvoll. Die nächste Etappe werden wir auf jeden Fall am frühen Morgen antreten, damit der schlafende Elefant uns zur Mittagszeit nicht seinen Seewind entgegen bläst und am Besten bereits weit hinter uns liegt.

Schlafender Elefant Dénia
Kopf des „schlafenden Elefanten“ Montgó
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Mann über Bord

Nicht zuletzt dank des stürmischen Wetters fungieren wir hier gelegentlich auch als eine Art „Stegwart“ oder „Marinero h.c.“.

Nach dem Relingssalat haben wir zwischendurch erneut ein Boot vor weiterem Schaden bewahrt. Der Eigner hatte wohl nach einem kurzen Ausflug mit seinem Boot dieses nicht weit genug mit der Mooringleine vom Steg gezogen. Folglich ist das Boot mehrfach und nicht eben sanft mit dem Heck auf den Betonsteg gekracht. Tja, in einem Match Betonsteg vs. Kunstoffboot steht der Gewinner von vorneherein fest. Wir haben dann mal wieder die Marineros alarmiert, die die Sache dann in Ordnung gebracht haben.

Stefan hat sich inzwischen auch schon als Feuerwehrmann betätigen dürfen. Direkt an der Hafenpromenade brannte ein Mülleimer lichterloh. Funkenflug und Segelboot ist auch nicht eben eine günstige Kombination. So hat Stefan sich fix einen Feuerlöscher gekrallt und somit seinen ersten „Brandeinsatz“ absolviert. Gewundert haben wir uns allerdings, wieso die reichlich vorhandenen Zuschauer (am Wochenende ist hier durchaus Trubel), dem Feuerchen nur tatenlos zugesehen haben.

Heute hatten wir nun unseren ersten „Mann über Bord“-Alarm. Wir hatten Hermann bei seinem Besuch hier erklärt, dass es durchaus problematisch ist, aus dem Wasser zu kommen, wenn man hier erstmal vom Steg bzw. vom Boot ins Hafenbecken gefallen ist. Die Betonstege sind so hoch, dass man sich daran nicht festhalten, geschweige denn selbst aus dem Wasser ziehen könnte. Und die meisten Boote sind am Heck so hoch gebaut, dass man sich daran ohne Badeleiter auch nicht herausziehen könnte (dazu gibt es einen keineswegs nur witzigen und unseres Wissens nach auf einer wahren Begebenheit beruhenden Film: „Open Water 2“). Jedenfalls standen wir heute Morgen auf unserem Boot als wir plötzlich laute Rufe hörten. Erst konnten wir die Quelle nicht identifizieren, aber dann sahen wir zu unserem Schrecken, dass am gegenüberliegenden Steg ein Mann im Wasser schwamm und zu uns herüber rief.

Wir sind dann losgespritzt: Ulrike ans Funkgerät und Stefan zum anderen Steg. Zwischendurch konnte Stefan noch zwei Marineros alarmieren. Als sie dann zu dritt am Steg waren, hatte sich die Sache Gott sei dank bereits geklärt. An der wirklich weit und breit einzigen Leiter, die an dem Betonsteg angebracht ist, hatte er es aus dem Wasser geschafft. Wie der Mann dahin gekommen ist, ist uns ein Rätsel – zwischen Bootsheck und Betonsteg durch zu schwimmen ist jedenfalls (s.o.) lebensgefährlich.

Weitere Einsätze als „Stegwart“ bzw. „Marinero“ brauchen wir nicht; unser Bedürfnis nach Kurzweil ist mehr als gedeckt…

Insider klar im Vorteil

Heute ist Samstag und das Marina-Büro somit ganztägig geschlossen. Wieder können wir unsere Marina-Karte nicht aufladen, so befürchten wir.

 

Noch vor dem Frühstück bringen wir Jupp mit dem Auto zum Busbahnhof. Er will einen Freund in Paxos besuchen. Er weiß Rat und gibt uns den Tipp, dass einer der Marineros einen Schlüssel für das Büro hat und die Karten auch am Wochenende auflädt. Wir machen den sehr hilfsbereiten Marinero ausfindig und er rettet unser Wochenende – zumindest was den Strom anbelangt.

 

Das Wetter ist erneut recht windig, unser Boot schaukelt stark und der Wind zerrt gewaltig an den alten Festmachern. Es knarzt wieder zum Davonlaufen. Diesmal gehen wir zum Ship Shop und ordern gleich zwei neue Festmacher. Leider hat er die gewünschten Festmacher nicht im Laden, sondern in seinem Lager und muss sie dort erst holen. Wir vereinbaren, später am Nachmittag wiederzukommen.

 

Als wir dann wieder bei ihm vor der Tür stehen, hat er allerdings bereits geschlossen und wir müssen das Knarzen das ganze Wochenende über aushalten. Das mit den Öffnungszeiten ist in Griechenland auch so eine Sache für sich. Einheitliche Ladenöffnungszeiten gibt nicht. Nachmittags zwischen 13 und 17 Uhr sind fast alle Läden geschlossen und wie lange danach noch geöffnet ist, variiert durchaus.

 

Abends weihen wir endlich unsere neuen Kochplatten ein. Es gibt Hähnchenschenkel. Jupp, wieder wohlbehalten zurück, kommt mit einer Flasche Wein vorbei und darf gleich testen – Ergebnis: Essen gut gelungen. Das Fleisch ist durch und trotzdem saftig – genau richtig. Ohne ihn und seinen hilfreichen Hinweis auf den Marinero hätten es bei uns das Wochenende über wohl wieder kalte Küche gegeben. So jedoch sind wir optimistisch, zumindest was unser leibliches Wohl anbelangt.