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Penthouse-Blick

Seit nun beinahe einem Monat versuchen wir mit dem Hafen von Nazaré und deren Versicherung unsere bei dem Brand am 19. März entstandenen Schäden zu regulieren. Die Kommunikation mit der Versicherung ist nur über Mittelsmänner möglich, auf direkte Anfragen reagieren sie nicht. Email als Kommunikationsmittel scheint sich noch nicht durchgesetzt zu haben.

Ein Taucher hat sich zwischenzeitlich unser Unterwasserschiff angesehen und uns mitgeteilt, dass unsere Anoden, die den Rumpf vor galvanischer Korrosion schützen sollen, wegkorrodiert sind. Das heißt, dass der Starkstrom möglicherweise auch den Rumpf selbst angegriffen haben könnte, da er, nachdem die Anoden verbraucht waren, nicht mehr von diesen geschützt worden ist.

Für uns heißt das, dass wir auf jeden Fall aus dem Wasser müssen um den Rumpf zu prüfen und die Anoden zu ersetzen. Das passt uns, da wir nun gerade aufbruchbereit waren und nun sogar ideale, südliche Winde haben, gar nicht in den Kram. Doch ohne Anoden weiterfahren ist uns zu riskant, gerade nach den unschönen Erfahrungen am 19. März hier in Nazaré.

So lassen wir heute endlich unser Schiff aus dem Wasser holen, auch wenn wir bisher keine Deckungszusage der Versicherung haben.

Für den Kranfahrer bringen wir breite blaue Markierungen am Rumpf an, damit er die Krangurte an den Spanten anbringen kann, an denen der Rumpf verstärkt ist. Doch die Mühe hätten wir uns sparen können. Nach einigem Hin und Her versteht er zwar, was wir von ihm wollen, doch die Gurte des Krans lassen sich nach seiner Aussage nicht so dicht bei einander anbringen, wie es nötig wäre. Wir haben Glück, dass er durch puren Zufall mit den Gurten um Haaresbreite das Echolot und die Anoden verpasst, und uns somit keine Beulen in den Rumpf drückt oder das Echolot beschädigt.

Dann wird unser Schiff auf einem Trailer platziert, da im Hafen keine Stützen vorhanden sind, die stark genug wären, unser Boot zu halten. Alec von Nazaré Nautica baut mit Stahlträgern und Holzklötzen eine etwas abenteuerlich anmutende Konstruktion, auf der unsere THO zu stehen kommt. Zu guter Letzt wird der Rumpf noch mit zwei Trägern seitlich gestützt.

 

Wir stehen nun mit unserem Boot direkt am Wasser mit Penthouse-Blick über den Hafen von Nazaré. Morgen soll der Gutachter der Versicherung nochmals vorbei kommen. Wir hoffen, dass es dann endlich voran geht und die notwendigen Arbeiten zügig erledigt werden.

Entmastet

Keine Angst, wir haben unseren Mast nicht verloren. Er steht noch dort, wo er hin gehört. Nur unser Stegnachbar Nathan vermisst seinen Besanmast. Doch auch er hat ihn nicht verloren, sondern er hat diesen Herbst dazu genutzt, seine beiden Masten zu tauschen. Der Besanmast liegt nun noch im Boatyard von Nazaré und wartet darauf, wieder an seinen Platz gestellt zu werden.

Da das Stellen des Mastes eine etwas hakelige Angelegenheit ist, und man sich bei solch einer Aktion über jede helfende Hand freut, hat er uns gebeten, dem Spektakel doch beizuwohnen und ggf. eine Hand zu reichen.

Also machen wir uns am frühen Morgen auf zum Boatyard, der quasi um die Ecke liegt und Nathan macht seine SY Blue Calypso am dortigen Pier fest.

Besanmast der SY Blue Calypso
Besanmast der SY Blue Calypso
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Mit einem kleinen Kran wird nun der bearbeitete Mast komplett mit allen Wanten etc. zum Boot gefahren. Dann beginnt bereits das Getüftel, wie man den Mast denn nun am Besten positioniert, um ihn an Deck zu heben.

Anheben des Besanmastes
Anheben des Besanmastes der SY Blue Calypso
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nach einigem Hin und Her wird ein zweiter Kran zu Hilfe genommen, der den Besanmast anheben soll. Langsam, Zentimeter um Zentimeter wird der Mast nun in eine senkrechte Position gebracht und muss an den Stagen und Wanten des Hauptmastes vorbeidirigiert werden. Tatsächlich wird jede Hand benötigt, um dafür Sorge zu tragen, dass der Mast sich nirgends verhakt und die an ihm montierten Antennen, sowie das Radar und die in ihm verlaufenden Kabel kein Schaden nehmen.

Besanmast positionieren
Auspositionieren des Besanmastes über der SY Blue Calypso
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nachdem der Mast leidlich in Position ist, kann er auf seinen vorgesehenen Platz herabgelassen werden. Nun müssen die Kabel durch die Öffnung im Deck, für die nun wirklich nicht viel Platz ist. Erneut ist Fingerspitzengefühl gefragt. Doch mit etwas Geduld und ein wenig Nachkorrigieren durch den Kran, steht der Mast bald wieder dort, wo er hingehört.

Stellen des Besanmastes
Stellen des Besanmastes mit zwei Kränen
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nun müssen noch die Wanten gespannt werden, um den Mast zu sichern, dann ist zumindest die Arbeit im Boatyard erledigt. Nathan ist heilfroh, dass sein Schiff nun wieder „komplett“ ist und lädt uns, zurück auf seinem Liegeplatz im Hafen,  gleich auf ein wohlverdientes Bierchen ein.

SY Blue Calypso auf dem Rückweg zum Liegeplatz
SY Blue Calypso mit Besanmast
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Für uns war es eine interessante Erfahrung, beim Stellen eines Mastes dabei zu sein und mithelfen zu können. Doch im Nachhinein sind wir froh, dass es nicht unser Mast war und auch, dass wir damals im Mittelmeer uns gegen die Route durch die Kanäle entschieden haben, für die wir unseren Mast samt Geräteträger hätten legen müssen, um unter den Brücken hindurch fahren zu können. Auf jeden Fall hätten wir dafür jede Menge Blutdrucktabletten gebraucht.

Motoreinbau in Etappen

Heute um 14 Uhr sollen wir uns wegen eines Termins zum Motoreinbau bei der Werft melden. Gerade als Stefan aufbrechen will, kommt der Manager der Werft zu uns an den Steg. Wir sollen gleich abgeholt werden, heißt es. Wir sind etwas überrumpelt, wir haben es kaum für möglich gehalten, dass der Motor noch diese Woche eingebaut werden wird. Wir beeilen uns, das Boot klar zu machen, holen unser Stromkabel etc. ein und warten auf das Schleppkommando.

Gegen 15 Uhr liegen wir dann wieder am Kranplatz der Werft und warten. Eine große Holzkiste wird per Gabelstabler gebracht und neben unserem Boot abgestellt. Doch dann liegt alle Aufmerksamkeit erst einmal bei einem Jet-Ski, das eine russische Motoryacht in der Hafeneinfahrt verloren hat und das geborgen werden will.

Um 16 Uhr haben wir dann kaum noch Hoffnung, dass heute noch etwas passieren wird. Schließlich geht es stramm auf den Feierabend zu. Doch wir irren uns. Die Holzkiste wird aufgehebelt und der Kran wendet sich unserem Motor zu.

gestrichener Motor
revisionierter Motor
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Unter viel Geschwanke wird der Motor an seinen Platz befördert. Es sind einige Anläufe von Nöten, bis das gute Stück auf seinen Stützen zu stehen kommt. Wir lassen beim Zusehen einige Nerven. Überraschend gewissenhaft wird der Motor nun an den Stützen befestigt. Dann ist es wirklich Zeit für den Feierabend und alle Schläuche, Kabel und sonstigen Verbindungen müssen bis morgen warten.