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Grau in Grau

Gerne wären wir noch den ein oder anderen Tag länger in San Vincente do Mar geblieben, hätten uns an einen der unzähligen kleinen Strände gelegt und die schöne Gegend genossen. Doch die Wettervorhersage drängt uns weiter. Nur heute noch soll der Wind aus südlicher Richtung wehen, zwar schwach, doch gerade noch ausreichend zum Segeln. Danach soll der Wind hier wieder für längere Zeit auf Nord drehen und wir müssten gegenan motoren.

Also verlassen wir beizeiten den kleinen Hafen von San Vincente do Mar und machen uns auf nach Muros. Doch was uns hinter der geschützten Hafeneinfahrt erwartet, ist alles andere als das Vorhergesagte. Der Wind hat bereits westlich gedreht und wir müssen erst einmal nach West, um von der steinigen Küste und diversen Untiefen frei zu kommen.

Auf dem Weg nach Muros
Grauer Himmel zwischen San Vincente do Mar und Muros
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Dazu kommt eine unangenehme Welle von guten zwei Metern. Der Himmel ist wolkenverhangen, alles grau in grau, und der erste Schauer lässt nicht lange auf sich warten. Auch als wir dann den Kurs auf Nord ändern können, wird es nicht besser. Der Wind dreht ständig. Zusammenfassend kann man sagen, wir hatten den Wind von vorn, die Welle von der Seite und das schlechte Wetter mit Regen von hinten.

Doch wir schaukeln uns immer weiter nach Norden und am Nachmittag wird das Wetter endlich besser. Der Schwell lässt nach und die Sonne zeigt sich noch zaghaft. Der Wind allerdings schläft ganz ein. Seit langem war die Wettervorhersage mal wieder unzuverlässig. Eigentlich dachten wir, mit dem Mittelmeer hätten wir diese unzutreffenden Wettervorhersagen hinter uns gelassen, doch die großen Tiefdruckgebiete, die zur Zeit über dem Atlantik ziehen, scheinen ein wenig unberechenbar zu sein.

Nebel über Muros
Nebel über Muros
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am frühen Abend liegt dann endlich Muros vor uns. Der Hafenmeister Pedro begrüßt uns freundlich, hilft uns mit den Leinen und legt uns sogar unser Landstromkabel. Man merkt ihm richtig an, dass er seinen Job gerne macht.

Nebelschwaden über Muros
Nebelschwaden über Muros
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir sind gerade fertig mit den Leinen, da haben wir auch schon den ersten Besuch. Hans hat unser Boot schon in der Einfahrt als Reinke identifiziert und will gleich mal „Hallo“ sagen. Er liegt einen Steg weiter und fährt ebenfalls eine Reinke, allerdings eine Taranga. Er ist auch erst heute angekommen, doch im Gegensatz zu uns kommt er von Norden vom Kap Finisterre. Auch er hatte mit den Wellen und dem unsteten Wind zu kämpfen. So haben wir zu unserem Anlegerbier gleich nette Gesellschaft und werden für den Abend noch auf ein Gläschen Wein auf seine Taranga SY Snowball eingeladen. Ein rundum schöner Empfang in Muros.

San Pedro Kirche in Muros
San Pedro Kirche in Muros
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wie Ankern

Nachdem uns am späten Mittwoch Abend dann doch die nächste Flaute einholt, setzen wir Kurs auf Baiona/Spanien. Wäre der Wind konstant geblieben, hätten wir Baiona noch bei Tageslicht erreicht, doch so ist es bereits Nacht als im Hafen ankommen. Wir legen uns an das Kopfende eines Steges und schlafen erst einmal aus.

Festung Baiona und Isla Cies
Castelo de Monte Real Baiona mit Blick auf die Ilsa Cies
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am nächsten Morgen sehen wir dann erst richtig, welch schönen Platz wir erwischt haben. Wir haben frei Sicht auf den Strand und ein vor dem Strand liegendes Ankerfeld. Der Blick vom Cockpit aus ist so, als würden wir selbst ankern, nur dass wir den Komfort von Landstrom und direkten Zugang zum Steg und der Stadt haben.

Festung Baiona und Replica der karavelle Pinta
Castelo de Monte Real Baiona und Hafen mit Replica der Karavelle Pinta
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Die Sicht zu unseren anderen Seite ist auch nicht übel – dort prangt das Castelo de Monte Real und wir können die Festungsmauern und den Turm des Castells direkt vom Cockpit aus bewundern.

Festungsanlage in Baiona
Castelo de Monte Real Baiona
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir gönnen uns einen ruhigen Tag. Der Wetter ist mittlerweile recht wechselhaft, doch am Abend werden wir mit einem tollen Regenbogen über der Bucht entschädigt.

Regenbogen über der Bucht von Baiona
Regenbogen über der Bucht von Baiona
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Schon jetzt haben wir den Eindruck, dass Galizien wirklich so schön ist, wie wir im vergangenen Winter so häufig gehört haben. Hier in Baiona werden wir sicher in den kommenden Tagen noch den ein oder anderen Ausflug machen.

Smoke on the water

Es ist früher Vormittag. Wir sind noch gar nicht richtig wach. Ulrike schreckt auf, weil sie ein seltsames Knistern vernimmt. Vom Vorschiff aus blickt sie Richtung Gang zum Salon. Über den Bodenbrettern hat sich eine Rauchwolke gebildet. Plötzlich sind wir beide hellwach und auf den Beinen.

Erst vermuten wir, dass einer unserer Stromverbraucher überhitzt ist und ziehen die Stecker. Doch dann sehen wir es aus der Salonbank heftig qualmen. Sofort entfernen wir die Polster, die auf der Bank liegen, und schnappen uns einen Feuerlöscher. Stefan hält mit dem Feuerlöscher kräftig in den Hohlraum unter der Bank, wo die Bordbatterien und das Batterieladegerät sitzen. Innerhalb kürzester Zeit ist das ganze Boot voller Qualm und wir können nichts mehr sehen.

Durch den Rauch greift sich Ulrike die wichtigsten Papiere und unsere Kleider und bringt sie sicherheitshalber schon mal ins Freie.

Kaum im Cockpit, sieht Ulrike bei einem Blick zu der Strombox am Steg, dass quasi über dem Wasser entlang des Stegs bis hin zu unserem Boot Rauch steht. „Smoke on the water“ sozusagen. Sofort zieht sie den Stecker des Landstromanschlusses. Stefan gibt noch einen letzten Stoß mit dem Feuerlöscher und begibt sich dann ebenfalls ins Freie.

Nun heißt es abwarten, ob es an Bord weiter brennt, oder ob der Brand gelöscht ist. Am Steg vernehmen wir weiterhin eine Art Brutzeln und vermuten, dass an einem der anderen Boote im Hafen möglicherweise geschweißt wird und dies die Ursache für den Brand bei uns an Bord ist.

Ein kurzer Rundgang klärt jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Dabei erfahren wir, dass es auf einem weiteren Boot zur gleichen Zeit ebenfalls zu einem Brand gekommen ist. Ein Radio hat Feuer gefangen. Roman, der an Bord war, weil er zur Zeit auf diesem Schiff lebt und arbeitet, war glücklicherweise bereits auf. Er saß direkt neben dem Radio und konnte sofort reagieren.

Vom Steg aus können wir sehen, wie unser Boot nach wie vor kräftig am Qualmen ist. Minutenlang zieht Rauch heraus. Doch wieder an Bord lässt sich bereits erkennen, dass der Rauch im Schiff selbst weniger wird. Man kann wieder ein wenig sehen.

Als sich der Rauch einigermaßen verzogen hat, verschaffen wir uns einen Überblick. Die 220 V Kabel, die auf das Batterieladegerät gehen, sind verschmort, ebenso die Kabel, mit denen der Batterielader an die Batterien angeschlossen wird. Die Steckdose, an die das Batterieladegerät angeschlossen ist, ist kaum noch als solche zu erkennen. Ein Kanister mit destilliertem Wasser, der bei den Batterien steht, ist teilweise geschmolzen. Unser Landstromkabel ist komplett verschmort und der Eingang für 220 V an Bord samt den Kabeln und Sicherungen ist ebenfalls verbrannt.

Verbranntes 220 V Kabel THO kokkino
Verschmortes Landstromkabel THO kokkino
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Verbrannte Steckdose an Bord
Verbrannte Steckdose vom Batterieladegerät
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Kabelbrand am Batterieladegerät
Verbrannte Kabel am Batterieladegerät im Salon
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Über das Hafencafé versuchen wir jemanden zu erreichen, der sich trotz des Wochenendes der Sache annimmt. Tatsächlich tauchen gegen Mittag zwei Elektriker auf, die die Stromversorgung des Hafens notdürftig wieder herrichten. Doch nachdem sowohl unser Landstromanschluss sowie das Kabel verbrannt sind, hilft uns das nichts.

Kanister nach Konakt mit dem Batterieladegerät
Angeschmorter Wasserkanister nach Kontakt mit dem Batterieladegerät
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Stattdessen betreiben wir Ursachenforschung. Ein weiterer Elektriker, der in der in Nazaré neu entstehenden Werft Nazaré Nautica beschäftigt ist und sich vermutlich um die Schäden an den Booten kümmern wird, erklärt uns, dass die Stromversorgung der Marina dreiphasig verläuft. Ist eine der drei Phasen schadhaft, so führen die anderen 380 V. Zudem sei es nicht das erste Mal, dass ein solcher Defekt die Marina lahm legt. Als eine Art Beweis zeigt er uns eine Lüsterklemme, in die alle Kabel, die die Stege mit Strom versorgen, gesteckt sind und die einfach im Freien liegt, lediglich mit etwas Isolierband umwickelt. Die Kabel, die in der Lüsterklemme stecken, sind ebenfalls alle verbrannt.

verbrannte Lüsterklemme vom Steg in Nazaré
verschmorte Lüsterklemme vom Steg in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Landstromversorgung des Hafens in Nazaré
Stromverkabelung am Steg in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
220 V Landstromanschluss am Steg von Nazaré
verschmorter Landstromanschluss am Steg von Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Statt nun, wie geplant, Ende März Richtung Galizien aufzubrechen, müssen wir uns nunmehr mit der Versicherung des Hafens herumschlagen und unsere 220 V Verkabelung ersetzen lassen. Wir hoffen, dass nicht noch weitere Schäden entstanden sind, doch das müssen wir alles nach und nach in den kommenden Tagen überprüfen.

Wir sind heilfroh, dass nicht mehr passiert ist uns wir den Brand so früh bemerkt haben. Die Geschichte hätte für uns auch ganz anders ausgehen können.