Nur wenige Tage nachdem wir die THO kokkino in den Fluss gebracht haben, wird nun auch der Steg frei, an dem wir unseren Winterliegeplatz haben.
Nach ein paar Tagen im Päckchen mit einem Motorboot haben wir Platz am Steg und können unser Boot direkt an den Steg verholen.
Marlene und Bert von der SY Heimkehr kommen extra an den Steg, um uns mit den Leinen zu helfen. Über den Winter werden wir Nachbarn sein, denn die Heimkehr soll mit uns und der Mocambo ebenfalls im Wasser überwintern. Doch die beiden lassen sich von der Eiseskälte hier noch nicht schrecken – sie wollen mit ihrem Schiff nochmal los und eine kleine Tour machen.
Mit Hilfe der Stömung drehen wir unsere THO auch gleich noch um 180° Grad, um das Ruder und den Propeller vor möglichem Eisgang im Winter zu schützen. Nun werden eventuelle Eisschollen erst den Bug treffen und von diesem aufgehalten.
Wir erfreuen uns daran, dass unser Schiff nun nur wenige Meter vor unserer Haustür liegt. Und wenn wir uns an die Kälte gewöhnt haben, können wir bestimmt den ein oder anderen Sundowner im Cockpit mit Blick auf die Oste zu uns nehmen.
Nach der Biskaya-Überquerung dauert es ein paar Tage, bis unser Rhythmus sich wieder normalisiert. Die ersten Tage in Camaret sur Mer sind wir zeitig wach, aber unausgeschlafen und müde. Da das Wetter sowieso eher regnerisch ist, genießen wir es erst einmal, viel zu schlafen und nichts zu tun. Wenn es mal nicht regnet, machen wir kleine Spaziergänge durch den Ort und sehen uns die alte Fischerkapelle „Notre-Dame de Rocamadour“ an. Mit den Schiffsmodellen an der Decke hat sie einen sehr maritimen Touch. Auch die richtigen Fischerboote vor der Kapelle tragen viel zu der Atmosphäre am Hafen bei. Zwar ist es einerseits schade, dass die alten Holzschiffe langsam verrotten, doch andererseits sehen die Gerippe bereits so aus, als gehörten sie genau da hin, wo sie sind.
Es dauert nicht lange, bis wir in dem vollen Hafen nette Kontakte knüpfen. Da die meisten Segler die Biskaya in der umgekehrten Richtung überqueren wollen, bleiben einige auch ein paar Tage länger in Camaret sur Mer, um ein passendes Fenster für die Überquerung abzupassen.
Mit unseren Quasi-Stegnachbarn Lutz und Schmidti, die auf der Innenseite des Steges liegen, sind wir dann auch bald zum Fussball gucken verabredet: Deutschland – Italien. Der Irish Pub in Camaret sur Mer hat große Monitore und zudem soll der Küchenchef eine gute Pizza auf der Karte haben. So tingeln wir am Samstag Abend gemütlich zum Irish Pub, sehen uns unser erstes Spiel dieser EM an und genießen eine wirklich leckere Pizza, die wir normalerweise sicher nicht im Irish Pub eines französischen Fischerdörfchens gesucht hätten.
Dann kündigt sich Christoph von der SY Infinite Loop an. Wir haben uns im Winter des vergangenen Jahres in Nazaré kennengelernt. Christoph ist von dort zu den Kanarischen Inseln gesegelt und auf dem Rückweg ins Mittelmeer abgebogen. In Frankreich ist er dann durch den Canal du Midi bis zur Gironde gefahren und mitten in der Biskaya wieder herausgekommen.
Witzigerweise fällt unser Aufenthalt in Camaret sur Mer nun zusammen und wir treffen uns wieder. Christoph hat uns zwar den Tag genannt, an dem er voraussichtlich in Camaret sur Mer ankommen würde, doch da es bereits Abend wird, rechnen wir schon fast nicht mehr mit ihm. Doch dann klopft es an den Rumpf und eine Stimme ruft laut: „Polizei!“ Wir spritzen nach draußen und blicken erst einmal Richtung Steg. „Andere Seite!“ ertönt die Stimme erneut. Und da liegt ein Boot neben uns längsseits und Christoph grinst uns frech entgegen. Sein Hund Lotte springt sogleich zu uns an Bord und begrüßt uns freudig.
Nach dem ersten „Hallo“ fährt Christoph dann auf die Innenseite des Hafens und legt sich auf den Platz uns gegenüber. Während er sich einrichtet, kümmern wir uns um ein gemeinsames Abendessen. Endlich ist auch das Wetter wieder so, dass man im Cockpit sitzen kann und so schmausen und erzählen wir den Abend lang. Schließlich ist es eine ganze Weile her, seit wir uns zuletzt gesehen haben und unsere Reisen nach Camaret sur Mer sind ganz unterschiedlich verlaufen. Mal sehen, wie es nach dem Zusammentreffen weiter geht, denn langsam wollen sowohl Christoph als auch wir weiter.
Die Wettervorhersage für den heutigen Tag ist nicht günstig – wieder Wind direkt auf die Nase. Das wollen wir für unsere langen Schläge gern vermeiden. So nutzen wir die Ruhephase nach der letzten Nachtfahrt aus, um endlich unser Cockpit zu Ende zu streichen. Den Sitzbereich haben wir bereits zwischendurch klammheimlich gestrichen, doch die Cockpitseiten sowie der Boden alias die Motorraumabdeckung warteten immer noch auf ihren neuen Anstrich.
In der Hoffnung, dass ein gelblicher Farbton nicht ganz so schnell dreckig aussehen wird wie ein helles weiß, streichen wir die Seiten sowie den Boden in einem gelb- bis sandfarbenen Ton.
Als das letzte vorherige Grün unter der Farbrolle verschwindet, wirkt das gesamte Cockpit heller und einladender. Noch sind wir uns nicht ganz sicher, ob wir statt des Gelbtons nicht doch lieber weiß gewählt hätten, doch die nächsten Wochen werden uns bestimmt zeigen, ob unsere Rechnung mit dem sauber wirkenden Cockpit aufgehen wird oder nicht.
Beim Chillen abends im Hafenrestaurant ziehen dicke, finstere Wolken vor dem Mond vorbei. Ein eher seltener Anblick hier im Sommer, wo der Himmel meist wie leergefegt und wolkenlos ausschaut. Wir sind nun doppelt froh noch einen Tag hier verbracht zu haben.