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Relaxen in der Bretagne

Nach der Biskaya-Überquerung dauert es ein paar Tage, bis unser Rhythmus sich wieder normalisiert. Die ersten Tage in Camaret sur Mer sind wir zeitig wach, aber unausgeschlafen und müde. Da das Wetter sowieso eher regnerisch ist, genießen wir es erst einmal, viel zu schlafen und nichts zu tun. Wenn es mal nicht regnet, machen wir kleine Spaziergänge durch den Ort und sehen uns die alte Fischerkapelle „Notre-Dame de Rocamadour“ an. Mit den Schiffsmodellen an der Decke hat sie einen sehr maritimen Touch. Auch die richtigen Fischerboote vor der Kapelle tragen viel zu der Atmosphäre am Hafen bei. Zwar ist es einerseits schade, dass die alten Holzschiffe langsam verrotten, doch andererseits sehen die Gerippe bereits so aus, als gehörten sie genau da hin, wo sie sind.

Kapelle Notre-Dame de Rocamadour
Maritimer Innenraum der Kapelle Notre-Dame de Rocamadour in Camaret sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Schiffsfriedhof in Camaret sur Mer
Schiffswrack in Camaret sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Es dauert nicht lange, bis wir in dem vollen Hafen nette Kontakte knüpfen. Da die meisten Segler die Biskaya in der umgekehrten Richtung überqueren wollen, bleiben einige auch ein paar Tage länger in Camaret sur Mer, um ein passendes Fenster für die Überquerung abzupassen.

Mit unseren Quasi-Stegnachbarn Lutz und Schmidti, die auf der Innenseite des Steges liegen, sind wir dann auch bald zum Fussball gucken verabredet: Deutschland – Italien. Der Irish Pub in Camaret sur Mer hat große Monitore und zudem soll der Küchenchef eine gute Pizza auf der Karte haben. So tingeln wir am Samstag Abend gemütlich zum Irish Pub, sehen uns unser erstes Spiel dieser EM an und genießen eine wirklich leckere Pizza, die wir normalerweise sicher nicht im Irish Pub eines französischen Fischerdörfchens gesucht hätten.

Dann kündigt sich Christoph von der SY Infinite Loop an. Wir haben uns im Winter des vergangenen Jahres in Nazaré kennengelernt. Christoph ist von dort zu den Kanarischen Inseln gesegelt und auf dem Rückweg ins Mittelmeer abgebogen. In Frankreich ist er dann durch den Canal du Midi bis zur Gironde gefahren und mitten in der Biskaya wieder herausgekommen.

Witzigerweise fällt unser Aufenthalt in Camaret sur Mer nun zusammen und wir treffen uns wieder. Christoph hat uns zwar den Tag genannt, an dem er voraussichtlich in Camaret sur Mer ankommen würde, doch da es bereits Abend wird, rechnen wir schon fast nicht mehr mit ihm. Doch dann klopft es an den Rumpf und eine Stimme ruft laut: „Polizei!“ Wir spritzen nach draußen und blicken erst einmal Richtung Steg. „Andere Seite!“ ertönt die Stimme erneut. Und da liegt ein Boot neben uns längsseits und Christoph grinst uns frech entgegen. Sein Hund Lotte springt sogleich zu uns an Bord und begrüßt uns freudig.

Besuch von Christoph und Lotte
Besuch von Christoph und Lotte
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Infinite Loop und THO kokkino in Camaret sur Mer
SY THO kokkino und SY Infinite Loop in Camaret sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nach dem ersten „Hallo“ fährt Christoph dann auf die Innenseite des Hafens und legt sich auf den Platz uns gegenüber. Während er sich einrichtet, kümmern wir uns um ein gemeinsames Abendessen. Endlich ist auch das Wetter wieder so, dass man im Cockpit sitzen kann und so schmausen und erzählen wir den Abend lang. Schließlich ist es eine ganze Weile her, seit wir uns zuletzt gesehen haben und unsere Reisen nach Camaret sur Mer sind ganz unterschiedlich verlaufen. Mal sehen, wie es nach dem Zusammentreffen weiter geht, denn langsam wollen sowohl Christoph als auch wir weiter.

Christoph und SY Infinite Loop
Christoph mit SY Infinite Loop
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
SY Infinite Loop bei Camaret sur Mer
Christoph mit SY Infinite Loop bei Camaret sur Mer
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Routenplanung

Wir haben von der Werkstatt bereits die Ankündigung bekommen, dass unser Motor Ende des Monats wieder an die Spedition zum Versand an uns übergeben wird. Wir machen uns daher bereits Gedanken über unsere weitere Route.

Wir wollen nach derzeitigem Stand im Herbst einen Liegeplatz in NL oder in D nehmen, so dass wir drei Optionen für unsere Route haben:

Wir könnten zum einen außen rum über Gibraltar und die Biskaya segeln. Das würde bedeuten, dass wir im Sommer an der portugiesischen Küste entlang nordwärts segeln müssten. Unsere diversen Handbücher vermelden dazu: „Winds in spring and summer are mostly from the north, and this tends to set up a continous south-flowing surface drift. Heading north is an exhausting struggle.“ „Making the passage northwards is tedious.“ Irgendwie klingt es für uns nicht so reizvoll, wenn man immer mit Sonnenaufgang, wenn der Wind noch nicht so stark bläst, unter Motor nordwärts tuckern muss, um dann unter der gebotenen Beachtung von Schwell aus dem Atlantik und der Tide rechtzeitig zur Mittagszeit über eine Sandbarre in den Hafen oder auf einen Ankerplatz schlüpfen muss, damit man nicht draußen von starken Nordwind oder – noch schlimmer – auflandigem Seewind erwischt wird…

Bleiben als Alternativen zwei Routen durch die Kanäle, nämlich durch die Rhone und die Saone direkt nach NL oder D oder aber durch den Canal du Midi und den Canal Lateral a la Garonne in die Biskaya. Im ersten Falle rechnen wir mit etwa 40 Tagen Motorfahrt durch die Kanäle und im zweiten Falle sind es auch noch etwa 20 Tage. Nicht eingerechnet etwaige Tage für Landgang, Sight Seeing und Entspannung. Und wir müssten den Mast legen und ggf. den Geräteträger abbauen. Zumindest im Canal du Midi werden wir mit dem Geräteträger nicht unter flachen Brücken durchfahren können. Und zudem hat Ulrike auch schon klar gemacht, dass durch die Kanäle motoren für sie nicht die erste Präferenz wäre.

Tja, es ist schwierige Routenplanung und Entscheidung für uns.