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Mit Muskelkater nach Levkas

Vor dem heutigen Ablegen graut uns etwas. Irgendwie müssen wir den blöden Heckanker mit seiner 60m langen Leine bzw. Kette wieder an Bord bekommen. Bereits am gestrigen Tage haben wir fleißig hin und her überlegt, wie wir den Heckanker am besten und ökonomischsten wieder einholen sollen und kamen dabei auf die wildesten Ideen. Entscheiden tun wir uns jedoch für den simpelsten Weg über Heckklampe. Das ist zwar nicht gerade kräfteschonend, sollte aber zumindest gesichert funktionieren. Einer fiert vorne die Landleine, der andere holt parallel den Heckanker auf. Dummerweise verhakt sich die Landleine zwischen den Steinen und einer muss nochmal an Land um sie zu befreien. Glücklicherweise haben wir das Dinghi noch nicht wieder an Deck verstaut.

 

Wir kommen frei, der Heckanker ist wieder an Bord, aber wir beschließen sogleich, den Heckanker von seiner 20m langen Kette zu befreien. Das Gewicht von Anker und 20m Kette nur mit reiner Muskelkraft aus einer Wassertiefe von – wie hier – etwa 15m an Bord zu zerren, ist auf Dauer zu Kräfte zehrend und nicht gerade Rücken schonend.

 

Wir segeln in nordwestlicher Richtung zur Insel Levkas. Der Kanal zwischen der Insel und dem Festland ist abenteuerlich. Das Fahrwasser ist mit diversen Stecken in den unterschiedlichsten Farben und Größen abgesteckt. Zeitweilig findet man auch eine rote Backbordtonne an der Steuerbordseite. Das Handbuch besagt, der Kanal dürfe nur bei Tage befahren werden. Wir wundern uns kein bisschen darüber, warum.

 

Da nicht ganz klar ist, wie man in Levkas festmachen kann, machen wir uns für alle Varianten bereit. Eigentlich wollen wir in den Stadthafen hinter der Marina, doch dann lacht uns die Außenseite des Marina Steges entgegen. Dort können wir längsseits gehen. Allerdings kommt uns gleich ein Marinero entgegen und meint, wir können dort nicht liegen, bzw. müssen bezahlen. Da haben wir prinzipiell nichts dagegen, als wir jedoch den Preis von 50 € für die Nacht hören, kommen wir ins Grübeln. Da wir jedoch bereits so schön angelegt haben und Strom + Wasser direkt am Steg haben, beschließen wir, uns diesen Luxus für eine Nacht zu gönnen.

 

Wir nutzen Strom und Wasser bestmöglich aus, machen unseren Wassertank nochmals bis obenhin voll und zaubern dann für uns und Michael ein leckeres Abendessen: Hühnchen auf normannische Art mit Äpfeln und einem Schuss Calvados – in unserem Fall ein Schuss Rum.

Begegnung mit der MY Anna

Mitten vor dem Eingang des Kanals nach Levkas dreht eine Superyacht erratisch mit geringer Geschwindigkeit Kreise. Wir schauen auf die AIS-Daten, um festzustellen, ob Kollisionsgefahr besteht. Aber die Motoryacht gibt kurz Gas und macht den Weg frei.

Der Blick auf das AIS war dennoch aufschlussreich. Es handelt sich um die MY „Anna“ und der Zweck ihrer jetzigen Fahrt sind „Sea trials“. Diese Seeversuche, denen sich Schiff und Mannschaft gerade unterziehen, bestehen darin, Landemanöver des Hubschraubers auf dem bordeigenen Landeplatz bei unterschiedlichen Kursen und Geschwindigkeiten auszuprobieren. Immer wieder landet der Hubschrauber auf dem Landeplatz nur wenige Meter hinter den mannshohen Radardomen dieser Superyacht, nur, um danach erneut aufzusteigen für einen weiteren Anflug.

Liebe Crew der MY Anna, nun haben wir Verständnis für Eure scheinbar willkürlichen Kreise vor unserem Bug: Mit einem neuen Schiff muss ja jedes Manöver und jeder Handschlag neu eingelernt werden. So haben wir alle die gleichen Probleme – nur eben zuweilen in einer etwas anderen Dimension.

Kraftakt auf Meganisi

THO kokkino vor Heckanker, Ormos Kapali, Meganisi
THO kokkino vor Heckanker, Ormos Kapali, Meganisi
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Heute geht es weiter nach Meganisi. Wir motoren aus der Inselgruppe heraus, dann können wir bereits das Großsegel setzen. Ein paar weiter Meilen setzen wir auch die Fock, müssen aber feststellen, dass wir ohne Motorunterstützung zu langsam werden würden. Wir haben den freien Tag in Nisis Petalas zwar dazu genutzt, mal den Muschelbewuchs von der THO zu kratzen, doch Michaels „Beluga“ segelt dank größerer Segelfläche einfach schneller. Erst als wir nach Norden drehen und parallel zu Insel Meganisi segeln, können wir bei akzeptabler Segelgeschwindigkeit für eine Weile den Motor abstellen und die Stille genießen.

Unser Ziel ist die Bucht Ormos Kapali. Sie soll sehr malerisch sein. Allerdings sollte man dort mit Heckanker und Landleine festmachen. Die Bucht ist insgesamt recht tief und wird dann am Ufer schnell sehr flach. Nichts, um mit dem Heck Richtung Land zu liegen.

Den Heckanker haben wir die Tage bereits einsatzbereit gemacht. An ihm befinden sich 20m Kette und 40m Leine. Allerdings muss der Anker per Hand bedient werden, da wir am Heck keine Ankerwinsch o.ä. haben. Wir lassen uns auf das Wagnis ein, werfen den Anker allerdings etwas zu zeitig und kommen nicht nah genug an Land heran. Wir müssen die Ankerleine wieder hochhieven und schuften dabei ordentlich. Das Gewicht ist unglaublich. Beim zweiten Anlauf klappt es dann und als wir endlich fest sind, sind wir total geschafft. Der Muskelkater ist vorprogrammiert. Das Patent des Heckankers müssen wir auf jeden Fall nochmal überarbeiten.

Nach einem Kaffee auf der „Beluga“ paddeln wir mit dem Dinghi ans Ende der Bucht und gehen an Land. Wir wollen zu dem Dorf Vathy spazieren, um dort ein wenig einzukaufen. Den nächsten Tag wollen wir auf jeden Fall noch in dieser Ankerbucht verbringen. Sie ist wirklich sehr schön, das Wasser ist herrlich und zudem wollen wir unseren Muskelkater ein wenig kurieren.