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Überfahrt nach Korsika

Gestern um 9.00 Uhr (local time) heißt es „Leinen los“ in Rom. Laut diversen Wetterberichten sollen uns schwache Winde aus West erwarten, die im Laufe des Abends nach Nord drehen sollten. So sind wir darauf gefasst, erst einmal unseren frisch revisionierten Motor auf Herz und Nieren testen zu können. Auch unser frisch reparierter Autopilot kann nun unter Beweis stellen, was er so leistet. Wir erwarten eine Überfahrt zwischen 26 bis zu 32 Stunden.

Die ersten 5 Stunden können wir tatsächlich die Unterstützung durch den Autopiloten genießen, dann ist der Spaß wieder vorbei. Kein Mucks tut das gute Stück mehr und uns erwarten noch gute 100 Seemeilen oder im Minimum weitere 20 Stunden Ruder gehen bis Korsika. Doch noch kümmert uns das wenig. Endlich sind wir wieder unterwegs, blaues Meer um uns herum und strahlender Sonnenschein.

Später als erhofft dreht der Wind, allerdings in südwestliche Richtung und nicht in nördliche, doch es reicht zum Segel setzen. Ab 23.00 Uhr sind wir mit der Fock unterwegs und machen tüchtig Fahrt. Schwach ist der Wind nun auch nicht mehr zu nennen. Mit in der Spitze 6 Beaufort brausen wir durch die Nacht. Wir stampfen kräftig in die Wellen ein, die wir in der Dunkelheit nicht sehen können und das Wasser schwappt nur so über unser Deck. Unsere neue Positionslaterne steckt zwischenzeitlich im Wasser und überkommende See drückt das Dinghi auf dem Vorschiff auf unseren Doradelüfter, der dann auch prompt in der See verschwindet. Langsam wird das Ruder gehen anstrengend. Vorsicht ist angesagt, da wir auf unserem Kurs und mit zunehmender Müdigkeit Acht geben müssen, dass uns die Fock nicht Back steht. Deshalb wechseln wir uns alle halbe Stunde mit dem Ruder gehen ab und es bleibt Zeit für ein kleines Nickerchen.

So verstreicht die Nacht und kaum wird es hell, ist es mit dem Wind auch schon wieder vorbei. Es flaut ab. Der Wind dreht zurück auf West. Das Segel muss wieder runter.

Wir sind etwas von unserem Kurs auf Porto Vecchio abgekommen. Das Maddalena-Archipel liegt für unseren Kurs auch zu weit südlich. So suchen wir uns als Alternative den Port di Solenzara aus.

Kaum ist die Küste in Sicht, verfliegt die Müdigkeit. Wir suchen mit dem Fernglas die Hafeneinfahrt. Sie liegt gut versteckt, doch wir können beobachten, wie ein Motorboot zwischen aufgeschütteten Steinen verschwindet und folgen ihm.

Hafeneinfahrt Solenzara
Hafeneinfahrt Solenzara bei Dämmerung
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nachdem wir die Einfahrt passiert haben, sind wir ganz begeistert von unserem spontan erwählten Alternativhafen. Wir sind in einem schnuckeligen kleinen Örtchen gelandet, rings um uns ragen die korsischen Berge auf. Auf der Westseite Korsikas herrscht gerade Mistral und wir können quasi über die Berge hinweg einen Einblick vom Wetter auf der anderen Seite bekommen.

Korsika Ostküste bei Mistral  CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Korsika Ostküste bei Mistral
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Solenzara bei Mistral
Ostküste Korsika bei Mistral
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Die Idylle und das malerische Flair von Solenzara ist das absolute Kontrastprogramm zu Ostia. Wir werden es sicher ein paar Tage gut hier aushalten und uns nach dieser etwas ruppigen Nachtfahrt erst einmal gut ausschlafen – gute  28 Stunden Überfahrt liegen hinter uns.

Hafen von Solenzara bei Nacht
Solenzara bei Nacht
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Belgische Eule

Whisky und Schottland – das gehört irgendwie zusammen; Whisky und Belgien, das passt irgendwie nicht so recht. Man mag sich nicht vorstellen, dass vom Hochland Belgiens und seinen torfigen Mooren guter Whisky stammen könnte – schon deswegen nicht, weil es Belgien an Hochland und dort angesiedelten Mooren mangelt. Trotzdem wird in Belgien Whisky gebrannt: „The Belgian Owl“. Wir wissen dies genau, weil wir ein Fläschchen dieses Tropfens von unserem Stegnachbarn geschenkt bekommen haben.

Unser Stegnachbar ist, was ja jetzt nahe liegt, Belgier und während seiner Abwesenheit haben wir versprochen, ein Auge auf sein Boot zu werfen. Wir haben dann vor einiger Zeit bemerkt, dass sich seine Festmacher mit den Ruckdämpfern – ohne unser Zutun –  begannen aufzudröseln. Wir haben Philippe, so heißt unser Stegnachbar, informiert und er ist kurzerhand hergejettet, um die Sache zu fixen. Zum Dank hat er uns die die „Belgische Eule“ verehrt.

Nun ist unsere Expertise in Sachen Whisky nicht allzu ausgeprägt und wir wollen auch weder unsere schottischen, noch unsere belgischen Blogleser verärgern. Wir lassen deshalb offen, ob der belgische Whisky den schottischen Whisky einholt oder übertrifft. Gemundet aber hat uns das Tröpfchen. Und während wir früher in der Ausübung der von uns übernommenen Pflichten vielleicht etwas säumig waren, so wachen wir jetzt mit Argusaugen über das Boot von Philippe.

Nachtsschlaf

Wir haben seit gestern wieder starke bis stürmische Winde, gestern mit Regen heute dagegen in Verbindung mit strahlendem Sonnenschein. Da es aus östlichen Richtungen weht, werden wir bei stärkeren Böen immer mal wieder auf den „großen weißen Plastikfender“, der neben uns liegt, gedrückt. Das ist, da wir auch gut ausgefendert haben, nicht nur kein Problem sondern eher praktisch. Wenn der Winddruck zu stark wird, nehmen wir so indirekt die Mooringleinen unseres Stegnachbarn mit in Anspruch. Genieren müssen wir uns deswegen nicht, bei dem Wind ist das nahezu unvermeidbar.

Paradoxerweise hat der starke Wind unserem Nachtschlaf eher gut getan. Die Leinen nach Backbord sind durch den Winddruck quasi ständig straff durchgesetzt. In den Tagen zuvor, war es teilweise recht windarm und trotzdem stand noch eine kleine Welle im Hafenbecken. Dann werden die Leinen immer mal wieder entlastet, um dann in der nächsten Welle ein bisschen einzurucken. Das produziert mehr Lärm im Schiff, als wenn die Leinen, wie jetzt, ständig durchgesetzt sind. Der Preis dafür, dass wir heute so ausgeschlafen sind, ist allerdings, dass unsere Leinen mehr strapaziert werden.