Im Hafen von Menorca ist uns eine knallgelbe Ketsch aufgefallen. Bei näherer Augenscheinnahme stellen wir fest, dass es sich um eine Hanseat Kommodore handelt. Wir hatten seinerzeit auf der Suche nach einem Boot auch einmal eine Hanseat Kommodore ins Auge gefasst. Das Boot hat sehr gefällige Linien. Und es wurde – kleiner Anflug von Lokalpatriotismus – bei uns ganz in der Nähe, nämlich auf der Asmus Werft in Glückstadt, erbaut.
Der Besitzer dieser knallgelben Kommodore ist wahrscheinlich auch ein Lokalpatriot, denn als Heimathafen führt die „Clemens B.“ die weltbekannte See- und Hafenstadt Köln. Übrigens ist das Boot zu verkaufen. Wer also eine Ketsch für Langfahrt sucht, hätte hier die Gelegenheit.
Vor der Überfahrt nach Menorca hatten wir uns eigentlich entschlossen, direkt nach der Einfahrt zum Hafen von Mahon in der Bucht Cala Taulera zu ankern. Das hatte uns Jupp, unser Segelfreund aus Messolonghi, auch empfohlen. Nach der Überfahrt so hatten wir es uns überlegt, wären wir sicherlich müde und um sich eine Suche nach einem günstigen Liegeplatz zu ersparen, wäre es wohl am besten, einfach in der ersten Bucht das Eisen zu schmeißen und sich aufs Ohr zu hauen.
Leider, so muss man sagen, haben wir uns unterwegs eines Anderen besonnen. Wir dachten daran, dass wir für die Weiterfahrt gerne Wetter aus dem Internet ziehen würden. Und an tiefen Schlaf wäre eher am sicheren Steg als in einer ggf. schaukeligen Bucht zu denken.
In unserem Hafenführer wird die Marina Menorca als diejenige Marina beschrieben, die am allerweitesten von der Innenstadt von Mahon entfernt ist. Umso günstiger müsste die Marina doch eigentlich sein – dachten wir uns. Jedoch weit gefehlt! Die Marina berechnet in der Hauptsaison für ein Boot unserer Größe € 88. Schon allein bei den aufgerufenen Tarifen bekommt man Atembeschwerden.
Aber richtig bodenlos unverschämt wird der Preis, wenn man sich überlegt, welche „Leistung“ die Marina bietet. Die Sanitäranlagen haben eine Anmutung von Dixieklo. Die Marina fügt sich ganz am Ende der Bucht von Mahon harmonisch ein in ein Ensemble von Reihenhaustristesse mit Straße auf der einen Seite und einer durchaus hörbaren Fabrikanlage auf der anderen Seite. Beim Wifi der Marina kann man jedes eingehende Bit mit Handschlag begrüßen. Ein freies Wifi-Netz, das wir auch reinbekommen, ist bedeutend schneller.
Dafür bekommen wir, erstmalig in einer Marina, morgens ein Baguette aufs Boot gelegt. Das versöhnt uns aber keineswegs. Wir stellen uns vor, wie sich die Geschäftsleitung der Marina, Champagner schlürfend, ausmalt, wie wir hier an Bord am trockenen Brot knabbern. Und wie sie dabei herzlich darüber lacht, wie man hier Segler neppt. Für den Preis hätte man sich wenigstens noch Trüffelpastete zum Baguette gewünscht.
Seit Tagen beobachten wir die Wettervorhersage. Wir wollen nach Menorca aufbrechen und für diese etwas längere Strecke von gut 200 Seemeilen wollen wir keinen Gegenwind. Nun sollen für mindestens 4 Tage Winde aus östlicher Richtung wehen. Die verschiedenen Wetterdienste sind sich zwar wie immer nicht ganz einig, doch darin, dass der Wind aus östlichen Richtungen kommen soll, stimmen sie immerhin überein.
Früh morgens legen wir ab. Wir kalkulieren mit einer Fahrtzeit von 50 Stunden im Minimum und wollen möglichst im Hellen auf Menorca ankommen. Um die Nordspitze Sardiniens müssen wir noch motoren, denn die Durchfahrt aufs offene Meer hinaus, wir nehmen die Fornelli Passage, ist ziemlich flach und sollte exakt gesteuert werden.
Aber die Fornelli Passage zeigt sich uns von ihrer schönsten Seite, ruhige See und türkises Wasser. Vor lauter Gucken muss man wirklich aufpassen, den Kompass und die vorgeschriebene Kurslinie nicht aus den Augen zu verlieren.
Nach wenigen Meilen liegt Sardinien hinter uns und es erwartet uns ein Nordwestwind. Immerhin lässt sich dieser segeln und wir können endlich einmal unsere Aries Windsteueranlage ausprobieren. Nachdem sie einmal eingestellt ist, hält sie gut Kurs und wir können uns entspannt im Cockpit zurücklehnen. Leider bleibt es nur bis gegen Abend so angenehm. Dann nimmt der Wind immer mehr ab und wird zu schwach, als dass die Windfahne noch etwas mit ihm anfangen könnte. Wir müssen selbst wieder Ruder gehen und es dauert nicht lange, bis die Segel nicht mehr ziehen.
Pünktlich zum Sonnenuntergang nehmen wir die Segel runter und fahren unter Motor weiter in der Hoffnung, dass der Wind bald wieder auffrischen wird. Die Windrichtung ist bei 0-1 Knoten Wind nahezu undefinierbar, doch in der Tendenz scheint er tatsächlich gen Ost zu drehen. Hinter uns geht der Mond auf und der Wind bleibt schwach – an Segeln nicht zu denken.
Als es in der Nacht nicht besser wird, gönnen wir uns und dem Motor kurzerhand eine Pause und lassen uns treiben, um uns ein wenig auszuruhen. Dank der Flaute werden wir in dieser Zeit nicht einmal groß vertrieben. Der Ostwind wird zwar mit den Stunden immer stabiler, doch leider nicht stärker. Somit muss der Motor wieder ran. Den Autopiloten vermissen wir diesmal kaum. Ist das Ruder erst einmal eingestellt, läuft die THO beinahe von allein nach Kurs. Gelegentlich ist ein kurzes Korrigieren von Nöten, doch das ist auch schon alles.
Als sich der Wind endlich wieder auf zumindest 4 Knoten hochgearbeitet hat, versuchen wir unser Glück nochmals mit der Fock. Vielleicht zieht sie ja wenigstens noch ein bisschen mit. Doch das Ergebnis überzeugt nicht. Wir machen etwa 0,1 Knoten mehr Fahrt, müssen dafür aber beständig Acht geben, dass uns das Segel nicht einfällt oder ungewollt die Seite wechselt. Doch ein Versuch war es wert.
Am zweiten Abend auf See offenbart sich uns ein blinder Passagier: eine Libelle. Immer wieder startet sie kleine Rundflüge, doch so weit weg von Land kommt sie lieber immer wieder zu uns zurück und entspannt sich auf unserem Seezaun. Ein schöner Anblick.
Ein paar Mal können wir in einiger Entfernung Delfine beobachten – leider zu schnell für unsere Kamera. Die spannendste Tierbeobachtung der Fahrt jedoch ist ein springender Mantarochen, der neben uns ins Wasser platscht. Ein faszinierender Anblick, der leider viel zu schnell vorbei war.
Die zweite Nacht in der Flaute wird etwas zäh. Beide sind wir nun recht müde. So gönnen wir uns, wie in der Nacht davor, zwischendurch eine kleine Pause und lassen uns treiben.
Am Morgen liegen nur noch die letzten 30 Seemeilen vor uns, doch diese ziehen sich hin. Die Küste ist bereits in Sicht, wir können Mahón quasi bereits sehen, und doch dauert es noch einmal 6 Stunden, bis wir im Hafen ankommen.
Nach dem Anlegen unternehmen wir gleich einen kleinen Rundgang Richtung Stadt. Eine gute Entscheidung. Ganz anders als in Rom, Korsika oder Sardinien hat nämlich der große Supermarkt hier sonntags geschlossen und wir wären bei dem Versuch nachzubunkern morgen gescheitert, wenn wir diesen Gang verschoben hätten. Nun haben wir für die nächsten Tage alle Möglichkeiten und können uns eine schöne Ankerbucht suchen.