Eine Handvoll Muskelkater

Heute starten wir das Programm Vorluk Teil 2. Da wir die alte Plexiglasscheibe mangels Ersatzes nun vorerst weiter nutzen müssen, säubern wir diese von den Silikonresten. Bei der Säuberungsaktion mit dem Teppichmesser fließen wieder einige Stunden Zeit ins Land. Zum Glück kommen wir, bevor wir die drei Lukenteile wieder verkleben und verschrauben, auf die Idee, zu testen, ob der Lukenrahmen nun an seine Stelle passt. Je, nun: Der Verschlusshaken sitzt wenige Millimeter zu weit vorn und lässt sich beim besten Willen nicht einsetzen. Um einen erneuten Besuch beim Schweißer kommen wir nicht herum. Da es dafür heute bereits zu spät ist, machen wir die restlichen Lukenteile wenigstens soweit sauber, dass wir sie bei nächster Gelegenheit einsetzen können. Dann befestigen wir das Ganze erneut als Provisorium an Deck.

Stefan will nun den Arbeitstag beenden – genug Frust für einen Tag. Ulrike hingegen möchte den angenehmen Sonnentag nutzen und noch etwas tun. Also macht sich Ulrike an das Abkratzen des alten Bootsnamen. Dabei ruiniert sie sich die Fingernägel und verspürt zudem schon bald Muskelkater in den Händen. Vom Steg aus kann man noch recht komfortabel den Schriftzug an der Backbordseite entfernen. Richtig lustig wird es dann an Steuerbord. Dort sind am Seezaun ein Segel und der Teleskopbaum befestigt. Über den Seezaun gebeugt, lässt sich nur ein kleiner Teil der Buchstaben erreichen. Und dabei muss man sich soweit vorn überbeugen, dass es verwunderlich wäre, wenn Ulrike bei dieser Aktion im Hafenbecken baden gegangen wäre. Getoppt wird das Ganze nur noch vom Schriftzug am Heck. Dort befindet sich der Schriftzug unter der Badeplattform. Zudem sind dort noch eine Windsteueranlage, ein Anker und eine Antenne. Da ist schon etwas Kreativität gefragt. Doch kurz vor Sonnenuntergang sind dann alle Buchstaben entfernt und Ulrike ist total erledigt.

Stefan jedoch hat seine Energie wiederentdeckt und wir wollen nun zumindest an der leicht zugänglichen Backbordseite noch den neuen Bootsnamen anbringen. Das Anbringen funktioniert ähnlich gut wie alles andere, das wir bisher angepackt haben – nämlich bescheiden. Die Buchstaben kleben super an dem Papier, das eigentlich zuerst abgelöst werden soll. Am Bootsrumpf hingegen halten sie nur mit Müh und Not. Letztlich schaffen wir es dann doch noch, den Namen ohne Verluste anzubringen. Wie lange er hält wird sich zeigen.

Agrinio und Nea Pleuron

Wir befolgen den Tipp des Besitzers des Fensterladens in Messolonghi und machen uns auf den Weg nach Agrinio, um dort unsere Suche nach einer passenden Plexiglasscheibe fortzusetzen. Jupp will sich die Möglichkeit eines Ausflugs nicht entgehen lassen und schließt sich uns kurzfristig an. Tatsächlich finden wir, ohne in Agrinio ortskundig zu sein, jede Menge Fenstergeschäfte und Glasereien. Doch überall schallt uns die gleiche Antwort entgegen. „Plexiglas mit einer Dicke von 1cm haben wir nicht. Probiert es doch mal da und da.“ Nur einmal bekommen wir zu hören, dass eine solche Scheibe in Athen bestellt werden kann. Die Lieferzeit beträgt jedoch eine Woche. Sicherlich ist hierbei noch ein deutliches „mindestens“ hinzuzufügen. Zudem muss die Scheibe dann noch zugeschnitten und Löcher für die Schrauben müssen gebohrt werden. Also nicht mehr zu schaffen in den uns verbleibenden Tagen. Wir geben die Suche auf.

Die Rückfahrt entschädigt uns jedoch für alles. Unsere Strecke führt uns durch eine wunderschöne Berglandschaft und kurz vor Messolonghi fällt uns in den Hängen noch eine Festungsmauer auf. Kurzerhand biegen wir ab und begeben uns auf Entdeckungsreise. Auf halber Strecke versperrt uns zwar ein Rollgitter den Weg, doch dieses ist leicht zu öffnen. Unbeirrt setzen wir unseren Weg nach oben fort. Bei unserer Entdeckung handelt es sich um „Nea Pleuron“, erbaut etwa 230 v. Chr. Die Anlage ist noch nicht fertig ausgegraben und es gibt auch noch keine befestigten oder vorgeschriebenen Wege. Wir können absolut überall hin und uns alles genau ansehen. Wirklich beeindruckend.

Zum Abschluss dürfen wir uns noch in das Gästebuch eintragen und werden für den Abend zu einer archäologischen Vortragsreihe in Messolonghi eingeladen. Jupp will tatsächlich den Vortrag besuchen, gesteht uns jedoch am nächsten Tag, dass er den beschriebenen Veranstaltungsort beim besten Willen nicht hatte finden können.

Stadtmauer von Nea Pleuron 07.12.2013 CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Stadtmauer von Nea Pleuron 07.12.2013
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Schweißarbeit

Entgegen aller Vorhersagen regnet es nachts doch. Wo auch immer dieser außerplanmäßige Regen hergekommen sein mag, wir sind jedenfalls froh, unser Dinghi nochmals zweckentfremdet zu haben. So erwachen wir in einem trockenen Vorschiff.

Unser erster Weg am Morgen führt uns heute endlich zum Schweißer. Ohne dass wir warten müssen, kümmert er sich um unser Problem. Dieses besteht darin, dass unser Luk zwei Haken zum Verschließen hat, die unter Deck in Befestigungen greifen müssen. Diese beiden sich gegenüber liegenden Verschlusshaken müssen seitenverkehrt angeschweißt sein. Momentan weisen aber beide Haken in eine Richtung und passen deshalb nicht gleichzeitig in vorgesehenen Positionen der Befestigungen. Dies entbehrt jeder Logik, deshalb wurde der schon im Sommer abgebrochene Haken auch damals falsch wieder angeschweißt.

Der Schweißer macht nun nicht viel Federlesens. Kaum haben wir uns versehen, da ist der Haken schon runtergeflext und andersherum wieder angeschweißt. Netterweise säubert uns der Schweißer auch gleich den Lukenrahmen von den Silikonresten. Damit erspart er uns wirklich eine Menge unangenehme Arbeit.

Da wir das Luk nun sowieso gerade beim Wickel haben, fragen wir den Schweißer auch gleich, ob er nicht jemanden wüsste, der uns die Plexiglasscheibe austauschen könnte. Sie war zuvor schon etwas mitgenommen. Doch da uns nun auch noch eine Ecke beim Auseinanderbauen herausgebrochen ist, bietet es sich an, sie gleich auszutauschen, bevor wir das Luk wieder zusammensetzen.

Spontan lässt der Schweißer seine Arbeit liegen, schwingt sich auf sein Fahrrad und zeigt uns den Weg durch die verwinkelten Straßen Messolonghis zu einem Fenstergeschäft. Wir sind sehr beeindruckt von dieser Hilfsbereitschaft.

Auch der Besitzer des Fenstergeschäfts will uns gerne behilflich sein. Allerdings ist das dickste Stück Plexiglas, das er aufweisen kann, gerade mal halb so dick wie unsere bisherige Scheibe und dazu noch in einem deutlich schlechteren Zustand. Seinen Vorschlag, die halb so dicke Scheibe doch einfach doppelt zu nehmen, müssen wir freundlich ablehnen. Zu viel Risiko, dass das Wasser da seinen Weg hindurch findet. Nachdem der Gute das eingesehen hat, schickt er uns nach Agrinio. In der rund 35 Kilometer entfernten Stadt sollen wir seiner Meinung nach auf jeden Fall fündig werden.