Bei einer ersten kurzen Runduminspektion des Schiffes, dem sich auch Nuno, der Elektriker von Nazaré Nautica, und Roman, der Bootsbauer, der auf dem zweiten, am 19.03.2016 beschädigten Boot wohnt und arbeitet, anschließen, stößt vor allem unser Kiel auf großes Interesse.
Einen Schwenkkiel sieht man nicht alle Tage. Unsere THO ist noch klatschnass und das Meerwasser tropft noch kräftig, da stehen Nuno und Roman schon unter dem Schiff, um in den Spalt zu linsen und sich die Kielmechanik anzusehen.
Doch der Blick auf das Drahtseil und die Rollen, mit denen wir den Kiel manuell aufholen können, ist versperrt.
Ein Fisch liegt platt in der Öffnung. Er hat sich wohl unseren Kielkasten als sein zu Hause gewählt. Schlecht ist diese Wahl aus seiner Sicht sicher nicht. Fließend Wasser, Vollpension und Schutz vor großen Raubfischen garantiert. Neben Seepocken wachsen in dem nach unten hin offenen Kielkasten nämlich auch Miesmuscheln und sogar Austern. Wenn das mal kein Zimmer mit Luxusküche ist.
Auf den ersten Blick halten wir den Fisch für tot. Bewegungslos liegt er im Kielkasten. Roman und Nuno versuchen, ihn herauszuholen. Doch als sie ihn berühren, fängt er wild an zu zappeln. So ganz ohne Widerstand will er sein zu Hause nicht aufgeben.
Doch nach ein paar versuchen plumpst der Fisch dann in Romans ausgestreckte Arme und er trägt ihn die paar Meter zum Wasser. Kaum spürt er das Salzwasser um sich, da ist er auch schon verschwunden. So schnell haben wir noch keinen Fisch schwimmen sehen.
Wir drücken ihm die Daumen, dass er bald ein ebenso komfortables zu Hause findet, wie unseren Kielkasten, auch wenn das bestimmt keine leichte Aufgabe sein wird.
Nachdem wir nun wieder einige Tage Hafengebühren gezahlt haben, was unserer Reisekasse nicht sonderlich gut bekommt, wird es mal wieder Zeit für einen Transitplatz. Diesen finden wir in Terracina. Auf dem Weg dorthin müssen wir um das Kap Miseno, vor dem eine Unzahl an Bojen und Fendern ausliegen, um eine Muschelzucht zu markieren.
Der Hafen von Terracina liegt in einer Flussmündung und ist zum großen Teil für Fischer reserviert. Ein kleiner abgegrenzter Bereich ist für andere Boote, doch dort ist es zu flach für uns. Für Gäste bzw. für Transit steht somit nur die Kaimauer des Wellenbrechers zur Verfügung. Dort ist allerdings Platz für mindestens eine Fähre zu lassen.
Sicherheitshalber erkundigen wir uns vorab bei der Coast Guard, welcher der Hafen unterstellt ist, nach der Wassertiefe. Die Einfahrt neigt stark zur Versandung und mit heruntergelassenem Kiel können wir unmöglich hinein. Also müssen wir mal wieder an die Kurbel und die Muskeln trainieren.
Vor dem Hafen wird es dann sehr ungemütlich. Schwell steht in der Zufahrt und wir schwanken wie verrückt. Unter Deck ist zum Glück alles sicher verstaut. Trotzdem hört man in den Schränken alles kräftig klappern und umher rutschen.
Dann halten wir auf die Kaimauer zu, um dort längsseits anzulegen. Selbst das Ende der Kaimauer ist ganz offensichtlich nur zum Anlegen von Fähren ausgelegt. Die Poller zum Belegen der Leinen stehen soweit auseinander, dass wir trotz unserer 20-Meter-Leinen kaum eine Vor- und eine Achterleine gelegt bekommen. Wir ziehen per Hand die THO an der Kaimauer noch ein Stück nach hinten, bis wir unsere Leinen einigermaßen belegt bekommen. Erst danach fällt uns auf, wie flach es hinter dem Heck unseres Schiffes wird. Mit dem alten Hand-Lot des Vor-Vor-Besitzers Heinz messen wir die Wassertiefe am Ruderblatt: noch 1,5 Meter. Hoffentlich gibt es hier kein Niedrigwasser.
Dann geht es auf zur Coast Guard. Wir wollen lieber gleich wissen, ob wir an unserem Plätzchen liegen bleiben dürfen. Sollten wir umlegen müssen, dann besser jetzt als am Abend, wenn es dunkel ist. Es ist ganz offensichtlich, dass die Transitplätze hier nicht häufig in Anspruch genommen werden. Wie wir nun zu verarzten sind, löst ein wenig Ratlosigkeit aus. Klar ist, die Transitplätze sind kostenlos. Trotzdem brauchen wir ein offizielles Dokument, das uns berechtigt, auf diesem Platz zu liegen.
Nachdem das Dokument dann gefunden ist, brauchen wir für die Ausfertigung Steuermarken. Diese gibt es allerdings nicht bei der Coast Guard, sondern nur im Tabakladen. Die Anzahl der benötigten Steuermarken richtet sich nach der Anzahl von Personen an Bord. Ergo, wir benötigen zwei Steuermarken à 16 €.
Wir besorgen die Steuermarken und gehen erneut zur Coast Guard. Die eine Steuermarke kommt auf unser Dokument, auf dem übrigens nur Stefan allein vermerkt ist. Die andere wird dann aus Mangel an Alternativen auf die Zweitausfertigung geklebt, die bei der Coast Guard bleibt. Zum guten Schluss bekommen wir auf unser Dokument noch einen Stempel und eine Unterschrift. Nein, nicht von Mr. Nobody, sondern von Il Commandante persönlich. Wenn einem das keine 32 € wert ist, dann wissen wir auch nicht. Das Papier sieht jedenfalls wirklich nach etwas aus. Bei Gelegenheit werden wir es rahmen lassen und uns an die Wand hängen.
Wir haben den Golf von Policastro gut hinter uns gebracht und wollen nun weiter. Unterwegs hatten wir gehört, der nächstgelegene Hafen von Acciaroli sei angeblich geschlossen. Doch bereits lange vor der direkten Ansteuerung macht der Hafen einen ganz anderen Eindruck. Überall kann man Boote liegen sehen und uns kommt sogar ein Fischerboot aus der Einfahrt entgegen. Wir versuchen also unser Glück.
Allerdings ist die Einfahrt recht flach und wir freuen uns mal wieder über unseren Schwenkkiel. Der Schwenkkiel sollte ohnehin regelmäßig bewegt werden, um diesen frei von Bewuchs und gängig zu halten. Indessen entwickelt sich in diesen flachen Häfen hier, das Kiel kurbeln zum echten Programm der Leibesertüchtigung. Wir kurbeln also wieder einmal den Kiel nach oben und fahren dann etwas gelassener in den kleinen Hafen. Nach dem Anlegen erfahren wir dann sogar, dass wir auf kostenlosen Transitplätzen liegen, diesmal schon, ohne nochmals umlegen zu müssen. Somit ist unser Ausgangshafen gefunden, von dem aus wir einen Ausflug machen werden. Körperliche Betätigung kann sich lohnen.