Auf unserer Seekarte ist für unser Gebiet vermerkt, wir befänden uns im Nordatlantik. Beim Ablegen in Lagos merkt man davon nichts, weil wir von der Südküste Portugals noch ein wenig geschützt werden. Auf unserem Weg rund um das Kap Sao Vicente, dem südwestlichsten Punkt des europäischen Festlands vermerkt unser Pilotenhandbuch für unseren Kurs, wir sollten „rapidly deteriorating conditions“ erwarten. So setzen wir das Groß nur im zweiten Reff und die Fock. Bis zum Kap sind wir schnell unterwegs und es ist sogar gemütlich. Für die weitere Fahrt treffen dann die Aussagen des Pilotenhandbuchs zu.
Wir haben mehr als 20 Knoten Wind, was an sich nicht zuviel ist, aber der Schwell am Kap ist überaus ungemütlich und gegenan donnern wir immer mal wieder hart in die Wellen. Um das Kap herum kreuzen wir hart am Wind auf, was Geschwindigkeit kostet und den Seegang auch nicht angenehmer macht.
Wir finden trotzdem noch Gelegenheit die spektakuläre Küste zu bewundern.
Am Abend wird es zunehmend besser und am Morgen machen wir bei ruhigem Wind in Sines fest. Wir sind sogar noch in der Laune für einen kleinen Stadtrundgang.
Es ist an der Zeit, dass wir Hermann mal in das Buchtenleben einführen. Im Pilotenhandbuch haben wir uns die Bucht Porroig etwa 15 Seemeilen von Ibiza Stadt entfernt ausgeguckt. Malerisch schön und ruhig soll es dort sein. Doch schon von Weitem können wir erkennen, dass die Bucht eher überbevölkert anmutet. Bei näherem Hinsehen entdecken wir überall Mooringbojen. Superyachten liegen hier in Reih und Glied und zwischen ihnen tummeln sich die Jetskis. Wir drehen ab – Buchtenleben stellen wir uns irgendwie anders vor.
Eher zufällig fällt uns noch eine weitere Bucht ins Auge, nur wenige Meilen weiter, die am letzten Zipfelchen Land von Ibiza gelegen ist, bevor es Richtung spanische Küste geht. Von Weitem können wir keine Boote in der Bucht erkennen. Wir versuchen unser Glück, bevor wir uns zwischen all die Superyachten an eine Boje zwängen.
Klein soll die Bucht laut Handbuch sein, doch das stört uns nicht weiter, ganz im Gegenteil. Beim Näherkommen entdecken wir doch noch ein Motorboot in der Bucht, das dort an einem Ende ankert, sowie ein kleines Schlauchboot, doch sonst ist die Bucht leer. Wir fahren eine kleine Erkundungsrunde. An der Felsküste liegen einige Fischernetze aus und es wird auch bald recht flach. Vor dem zweiten Anlauf kurbeln wir also den Kiel etwas nach oben, dann werfen wir den Anker mitten in der Bucht.
Kaum dass wir fest sind, fängt der Schlauchbootfahrer das Diskutieren an. Wir liegen nun vor ihm und nehmen ihm die gute Sicht. Seiner Meinung nach sollten wir doch noch einmal für eine Stunde aus der Bucht rausfahren, unsere Runden drehen und erst wiederkommen, wenn er gedenkt die Bucht zu verlassen. Nachdem wir jedoch nicht so recht einsehen, warum wir die Bucht erst verlassen und dann unser Manöver nochmals fahren sollen, holt der Schlauchbootfahrer kurzerhand selbst seinen Anker auf und verlässt schimpfend die Bucht. Die Schlacht um die Bucht Cala Llentrisca haben wir eindeutig gewonnen, auch wenn aus unserer Sicht für beide Boote Platz genug gewesen wäre.
In dieser Bucht, die wir nun ganz für uns allein haben, ist nun alles so, wie wir es schon von der ursprünglich angepeilten Bucht erwartet hatten. Es es malerisch schön, ruhig, das Wasser ist klar und sauber. Und nun wissen wir auch was es bedeutet, wenn das Pilotenbuch eine Bucht als klein ausweist.