Die Wettervorhersage für den heutigen Tag ist nicht günstig – wieder Wind direkt auf die Nase. Das wollen wir für unsere langen Schläge gern vermeiden. So nutzen wir die Ruhephase nach der letzten Nachtfahrt aus, um endlich unser Cockpit zu Ende zu streichen. Den Sitzbereich haben wir bereits zwischendurch klammheimlich gestrichen, doch die Cockpitseiten sowie der Boden alias die Motorraumabdeckung warteten immer noch auf ihren neuen Anstrich.
In der Hoffnung, dass ein gelblicher Farbton nicht ganz so schnell dreckig aussehen wird wie ein helles weiß, streichen wir die Seiten sowie den Boden in einem gelb- bis sandfarbenen Ton.
Als das letzte vorherige Grün unter der Farbrolle verschwindet, wirkt das gesamte Cockpit heller und einladender. Noch sind wir uns nicht ganz sicher, ob wir statt des Gelbtons nicht doch lieber weiß gewählt hätten, doch die nächsten Wochen werden uns bestimmt zeigen, ob unsere Rechnung mit dem sauber wirkenden Cockpit aufgehen wird oder nicht.
Beim Chillen abends im Hafenrestaurant ziehen dicke, finstere Wolken vor dem Mond vorbei. Ein eher seltener Anblick hier im Sommer, wo der Himmel meist wie leergefegt und wolkenlos ausschaut. Wir sind nun doppelt froh noch einen Tag hier verbracht zu haben.
Ob man Wind zum Segeln hat, kann man teils schon im Hafen erkennen. Wenn die Nationale am Heck des Stegnachbarn gegenüber gut ausweht, kann man draußen segeln. Wenn die Fallen am Mast klappern, weiß man, dass der Wind von der Stärke her gut ausreicht, aber (noch) nicht zu herausfordernd ist. Wenn der Wind aber an den Wanten und Stagen schon im Hafen pfeift, gibt’s draußen tüchtig auf die Mütze.
Der Real Club des Regatas in Alicante ist freundlich und angenehm (und verhältnismäßig günstig). Als schon am Morgen die Fallen tüchtig lärmen, entscheiden wir uns einen Tag länger zu bleiben. Meist frischt es hier tagsüber ja noch auf. Und die Wettervorhersage für die nächsten Tag ist auch günstig.
Beim Aufstehen am nächsten Tag, haben wir den vorhergesagten Wind aus Ost/Nordost. Wir legen ab zu einem langen Schlag nach Garrucha vor dem Cabo de Gata. Als wir aus dem Hafen sind und Segel setzen, hat der Wind bereits leicht südlich gedreht. Wir müssen also am Wind segeln. Und weil wir viel Höhe kneifen müssen und der Wind auch nicht ausreicht, läuft der Motor mit. Wie leider zu oft. Vor dem Cabo de los Palos geht dann nichts mehr. Der Wind hat zu weit südlich gedreht. Die Fock muss runter und wir motorsegeln mit dem Groß als Stützsegel. So fahren wir mitten in der Nacht um das Cabo de los Palos, das unter anderem wegen vorgelagerter Flachs ein hervorragendes Revier für Wracktaucher ist.
Am nächsten Tag steht es leider nicht besser. Der Wind dreht erst auf Südwest – genau unser Kurs nach Garrucha. Kurz vor der Hafeneinfahrt frischt es mächtig auf. Jetzt pfeift es im Rigg. Und die Wellen sind mittlerweile auch nicht zu verachten. Das schlimmste ist – es hat genau auf Süd gedreht. In der Richtung ist der Hafen von Garrucha offen; es steht also jetzt Wind mit 25 Knoten und entsprechendem Schwell genau in die Hafeneinfahrt. Über UKW und Handy versuchen wir den Hafen zu erreichen. Niemand antwortet. Wir wissen nicht, ob der Hafen geschlossen ist und falls nicht, ob die Einfahrt überhaupt passierbar ist.
Entnervt drehen wir ab und steuern den 14 Meilen zurückliegenden Hafen Puerto Deportivo Aguilas an. Der Hafen ist künstlich angelegt, aber das stört uns nicht. Die Marineros sind freundlich und die Preise zivil. Und ein Hotelkomplex mit nur etwa 5 Stockwerken ist hier an der Küste ja schon fast idyllisch. Vor allem aber sind wir nach 31 Stunden Fahrt froh, sicher im Hafen zu liegen – und Schlaf nachholen zu können.
Von unserer einsamen Bucht Cala Llentrisca auf Ibiza starten wir am frühen Abend zum spanischen Festland. Wir gehen davon aus, dass wir zwar die ersten Abendstunden über schön segeln können werden, doch dass des Nachts wie üblich der Wind einschlafen und dann nahezu Windstille herrschen wird.
Wir werden jedoch positiv überrascht. Der Wind hält fast die ganze Nacht über an und wir können einen Großteil der Strecke unter Segel zurücklegen. Mitten in der Nacht warnt unser AIS vor Kollisionsalarm mit einem Frachtschiff. Zwar ist der Frachter ausweichpflichtig, doch bisher haben wir diesbezüglich wenig Rücksichtnahme und Beachtung der Vorschriften erlebt. Dieses Mal jedoch können wir tatsächlich beobachten, dass der Frachter seinen Kurs ändert und uns ausweicht – Hut ab.
Als ersten Stop am spanischen Festland haben wir uns Dénia ausgeguckt. Zwar soll der Hafen laut Führer nicht gerade schön sein, doch wir hoffen, dass es dort wenigstens etwas günstiger sein wird, als in einem Touristenhafen.
Als wir in den Hafen einlaufen, stellen wir jedoch fest, dass der Ort einen ganz netten Eindruck macht. Die Marineros sind freundlich und hilfsbereit und wir haben vom Steg aus einen schönen Blick auf das Bergmassiv Montgó mit dem netten Beinamen „der schlafende Elefant“. Sein Ausläufer schlängelt sich wie ein Rüssel zum Meer hin, daher der Name.
Am Nachmittag ist es dann vorbei mit Windstille vom Vormittag. Der schlafende Elefant scheint am Morgen den Wind zu blockieren, am Nachmittag erwacht er dann zum Leben und es fängt ordentlich zu pfeifen an. Für das Liegen im Hafen ist der Wind ganz angenehm, da er die vorherrschende Hitze ein wenig vertreibt, doch An- und Ablegen wird nun anspruchsvoll. Die nächste Etappe werden wir auf jeden Fall am frühen Morgen antreten, damit der schlafende Elefant uns zur Mittagszeit nicht seinen Seewind entgegen bläst und am Besten bereits weit hinter uns liegt.