Schlagwort-Archive: Landstrom

Smoke on the water

Es ist früher Vormittag. Wir sind noch gar nicht richtig wach. Ulrike schreckt auf, weil sie ein seltsames Knistern vernimmt. Vom Vorschiff aus blickt sie Richtung Gang zum Salon. Über den Bodenbrettern hat sich eine Rauchwolke gebildet. Plötzlich sind wir beide hellwach und auf den Beinen.

Erst vermuten wir, dass einer unserer Stromverbraucher überhitzt ist und ziehen die Stecker. Doch dann sehen wir es aus der Salonbank heftig qualmen. Sofort entfernen wir die Polster, die auf der Bank liegen, und schnappen uns einen Feuerlöscher. Stefan hält mit dem Feuerlöscher kräftig in den Hohlraum unter der Bank, wo die Bordbatterien und das Batterieladegerät sitzen. Innerhalb kürzester Zeit ist das ganze Boot voller Qualm und wir können nichts mehr sehen.

Durch den Rauch greift sich Ulrike die wichtigsten Papiere und unsere Kleider und bringt sie sicherheitshalber schon mal ins Freie.

Kaum im Cockpit, sieht Ulrike bei einem Blick zu der Strombox am Steg, dass quasi über dem Wasser entlang des Stegs bis hin zu unserem Boot Rauch steht. „Smoke on the water“ sozusagen. Sofort zieht sie den Stecker des Landstromanschlusses. Stefan gibt noch einen letzten Stoß mit dem Feuerlöscher und begibt sich dann ebenfalls ins Freie.

Nun heißt es abwarten, ob es an Bord weiter brennt, oder ob der Brand gelöscht ist. Am Steg vernehmen wir weiterhin eine Art Brutzeln und vermuten, dass an einem der anderen Boote im Hafen möglicherweise geschweißt wird und dies die Ursache für den Brand bei uns an Bord ist.

Ein kurzer Rundgang klärt jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Dabei erfahren wir, dass es auf einem weiteren Boot zur gleichen Zeit ebenfalls zu einem Brand gekommen ist. Ein Radio hat Feuer gefangen. Roman, der an Bord war, weil er zur Zeit auf diesem Schiff lebt und arbeitet, war glücklicherweise bereits auf. Er saß direkt neben dem Radio und konnte sofort reagieren.

Vom Steg aus können wir sehen, wie unser Boot nach wie vor kräftig am Qualmen ist. Minutenlang zieht Rauch heraus. Doch wieder an Bord lässt sich bereits erkennen, dass der Rauch im Schiff selbst weniger wird. Man kann wieder ein wenig sehen.

Als sich der Rauch einigermaßen verzogen hat, verschaffen wir uns einen Überblick. Die 220 V Kabel, die auf das Batterieladegerät gehen, sind verschmort, ebenso die Kabel, mit denen der Batterielader an die Batterien angeschlossen wird. Die Steckdose, an die das Batterieladegerät angeschlossen ist, ist kaum noch als solche zu erkennen. Ein Kanister mit destilliertem Wasser, der bei den Batterien steht, ist teilweise geschmolzen. Unser Landstromkabel ist komplett verschmort und der Eingang für 220 V an Bord samt den Kabeln und Sicherungen ist ebenfalls verbrannt.

Verbranntes 220 V Kabel THO kokkino
Verschmortes Landstromkabel THO kokkino
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Verbrannte Steckdose an Bord
Verbrannte Steckdose vom Batterieladegerät
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Kabelbrand am Batterieladegerät
Verbrannte Kabel am Batterieladegerät im Salon
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Über das Hafencafé versuchen wir jemanden zu erreichen, der sich trotz des Wochenendes der Sache annimmt. Tatsächlich tauchen gegen Mittag zwei Elektriker auf, die die Stromversorgung des Hafens notdürftig wieder herrichten. Doch nachdem sowohl unser Landstromanschluss sowie das Kabel verbrannt sind, hilft uns das nichts.

Kanister nach Konakt mit dem Batterieladegerät
Angeschmorter Wasserkanister nach Kontakt mit dem Batterieladegerät
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Stattdessen betreiben wir Ursachenforschung. Ein weiterer Elektriker, der in der in Nazaré neu entstehenden Werft Nazaré Nautica beschäftigt ist und sich vermutlich um die Schäden an den Booten kümmern wird, erklärt uns, dass die Stromversorgung der Marina dreiphasig verläuft. Ist eine der drei Phasen schadhaft, so führen die anderen 380 V. Zudem sei es nicht das erste Mal, dass ein solcher Defekt die Marina lahm legt. Als eine Art Beweis zeigt er uns eine Lüsterklemme, in die alle Kabel, die die Stege mit Strom versorgen, gesteckt sind und die einfach im Freien liegt, lediglich mit etwas Isolierband umwickelt. Die Kabel, die in der Lüsterklemme stecken, sind ebenfalls alle verbrannt.

verbrannte Lüsterklemme vom Steg in Nazaré
verschmorte Lüsterklemme vom Steg in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Landstromversorgung des Hafens in Nazaré
Stromverkabelung am Steg in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
220 V Landstromanschluss am Steg von Nazaré
verschmorter Landstromanschluss am Steg von Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Statt nun, wie geplant, Ende März Richtung Galizien aufzubrechen, müssen wir uns nunmehr mit der Versicherung des Hafens herumschlagen und unsere 220 V Verkabelung ersetzen lassen. Wir hoffen, dass nicht noch weitere Schäden entstanden sind, doch das müssen wir alles nach und nach in den kommenden Tagen überprüfen.

Wir sind heilfroh, dass nicht mehr passiert ist uns wir den Brand so früh bemerkt haben. Die Geschichte hätte für uns auch ganz anders ausgehen können.

Erbsensuppe mit Kabelsalat

Für den Abend haben wir Dody von der SY Tonga zu frischer Erbsensuppe eingeladen. Wir haben frische Brühe gekocht, doch leider konnten wir für die Suppe nirgends Erbsen auftreiben. So müssen nun Erbsen aus der Dose herhalten.

Die Suppe ist gerade fertig, da kommt Dody vorbei um für den Abend abzusagen. Sie hat spontan Besuch von einem befreundeten Seglerpärchen bekommen, die mit ihrem Wohnmobil unterwegs zu ihrem Boot sind, welches an der Algarve liegt. Und da die beiden nun schonmal da sind, kann Dody sie ja nicht einfach wieder wegschicken.

Statt das Abendessen aber nun abzusagen, laden wir Dodys Gäste Gisela und Meinhardt einfach mit ein. Da Dodys Schiff zur Zeit an Land steht und sie den Innenausbau komplett erneuert, ist ein gemütlicher Abend auf ihrer „Tonga“ ohnehin schwer möglich. Und die Suppe im Topf sieht so üppig aus, dass sie wohl auch für fünf reichen wird.

Wir verbringen einen sehr netten Abend zusammen und genießen die Suppe. Am Ende bleibt sogar noch etwas übrig. Wir wollen uns gar nicht vorstellen, wie lange wir noch daran gegessen hätten, wenn wir nicht noch unerwartete Gäste bekommen hätten. Zudem gibt es viele Erfahrungen auszutauschen und Schoten zu erzählen. Der Abend vergeht im Fluge und der Aufbruch wird immer wieder nach hinten verschoben, weil einem von uns dann doch noch eine Geschichte einfällt, die noch erzählt werden will.

Dann geht plötzlich das Licht aus. Da wir zur Zeit ja Landstrom haben, nutzen wir eine Lampe, die über 220 V läuft, um die Bordbatterien zu schonen. Diese Lampe geht auf einmal aus, ebenso der Kühlschrank, der ebenfalls über 220 V betrieben wird. Es liegt somit nicht an der Glühbirne. Dann geht das Licht und der Kühlschrank plötzlich wieder an, dann wieder aus. So geht das eine ganze Weile. Wir denken an einen Wackelkontakt. Unsere Bootsnachbarn haben keine Probleme. Wir testen den Anschluss an der Strombox am Steg, doch dieser ist in Ordnung und funktioniert.

Meinhardt packt der Ehrgeiz und er beginnt, unser Kabel zu untersuchen. Er schnappt sich einen Schraubenzieher und moniert kurzerhand die Anschlüsse ab.  Dann kontrolliert er die verschiedenen Kabel im Inneren. Eines davon ist tatsächlich tot.

Nun kommt als Nächstes die Zange zum Einsatz und unser Landstromkabel wieder peu a peu immer kürzer auf der Suche nach der Stelle, wo das Kabel beschädigt ist. Normalerweise liegt die Bruchstelle meist in der Nähe einer der Anschlüsse, so dass man in der Regel nicht allzu viel Kabel abschneiden muss. Nach einem Kabelverlust von etwa 2 Metern reagieren alle innen liegenden Kabel wieder.

Landstromkabel reparieren
Kabelsalat
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Dody spendiert uns aus ihren Beständen noch einen Satz neue Stecker, da unsere alten dank Seewasser und Seeluft schon einen leicht maroden Eindruck machen. Dann montieren Meinhardt und Dody unser Landstromkabel wieder zusammen.

Als kleines Dankeschön für die unerwarteten Mühen am späten Abend laden wir alle drei für den nächsten Tag zu einem üppigen Frühstück mit Spiegeleiern und Speck ein, bevor Gisela und Meinhardt aufbrechen nach Lissabon.

Abschied von der SY Beluga

Nun ist es soweit, die Wege der SY Beluga und unsere trennen sich. Bärbel und Michael legen nun eine Winterpause ein und wollen derweil ihr Schiff in einem sicheren Hafen wissen. Diesen haben sie in Nettuno gefunden, gute 25 sm südlich von Rom.

Zum Abschied wollen wir die beiden nochmal mit unseren Bord-Kochkünsten beeindrucken und fahren sogar ein Drei-Gänge-Menü auf. Mit Landstrom und Elektrokochplatten kein Problem. Mit dem Petroleumherd wäre das wahrscheinlich kein Spaß geworden. Es gibt eine sehr leckere, frisch zubereitete Hühnerbrühe. Das tut richtig gut bei den mittlerweile doch recht kühlen Abenden. Als Zwischengericht folgt dann Stefans neuer Lieblingssalat: Rucola mit Schinken und Mozzarella. Als Hauptgericht servieren wir ein originelles Gulasch mit geraspelten Apfelspalten und einem Schuß Rum. Für die zum Abschluss vorgesehene Käseauswahl hat keiner mehr Platz.

Nach einem netten letzten Abend heißt es dann erstmal Abschied nehmen. Bestimmt treffen wir uns aber nochmals in Rom, denn nach Hause fliegen wollen Bärbel und Michael vorerst noch nicht. Wer braucht schon einen grauen und regnerischen November in Deutschland.

Wir wünschen den beiden jedenfalls alles Gute, bedanken und für die schöne, gemeinsame Zeit und alles, was wir unterwegs von ihnen lernen durften und freuen uns auf ein Wiedersehen.

SY Beluga vor Anker
SY Beluga vor Anker in Bova Marina
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln