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Novum

Und es gibt ihn doch: den italienischen Handwerker, der noch arbeiten möchte und nicht wegen Reichtum geschlossen hat. Seit Wochen suchen wir hier nach einem Schweißer, der sich ein paar Stellen vornimmt, an denen geschweißt werden muss. Doch entweder gibt es gar keine Reaktion auf unsere Anfrage, oder wir erhalten einen skurrilen Kostenvoranschlag, wie den von der im Hafen ansässigen Werft.

Am Freitag vergangene Woche haben wir endlich noch einen Stahlarbeiter aufgetan, der dann auch zusagte, am Montag morgen, also heute, bei uns vorbei zu kommen und sich unsere offenen Baustellen anzusehen. Nach unseren bisherigen Erfahrungen waren wir das Wochenende über natürlich recht skeptisch, ob wir von dem Handwerker überhaupt nochmal etwas hören würden.

Doch heute Morgen wurden wir positiv überrascht. Sogar überpünktisch steht der Schweißer vor unserem Boot. Allein, ohne Handlanger oder Besserwisser, kommt er an Bord und in einem Kauderwelsch aus Spanisch und Italienisch erklärt Stefan ihm, was getan werden soll.

Dann folgt die nächste Überraschung. Der Handwerker fragt, ob er gleich heute noch loslegen soll, oder erst morgen. Da wir erst einmal wissen wollen, was der Spaß kosten soll, begibt sich Stefan gleich mit ihm zum Office und klärt die Formalitäten. Und bereits eine halbe Stunde später erscheint der Schweißer wieder mit seinem Werkzeugkoffer bei uns an Bord – diesmal allerdings dann doch mit einem Hilfsarbeiter.

Die Kante, auf der die Motorraumabdeckung aufsitzt, muss erneuert werden. Dort blüht der Rost mittlerweile doch recht ordentlich und wir nutzen die Gelegenheit, dass im Motorraum Platz zum Stehen und Arbeiten ist. Mit der Flex wird die angegriffene Kante, bzw. das was von ihr noch übrig ist, heraus geschnitten. Bei der Gelegenheit landet selbstredend wieder eine gute Ladung Schmutz und Stahlspäne in unserem frisch gestrichenen Motorraum. Wir sind heilfroh, dass der letzte Anstrich noch fehlt. So steht zwar nochmals eine Großputzaktion an, doch wenigstens ist der neue Anstrich noch zu retten.

Zwischendurch wird der Hilfsarbeiter wieder in die Werkstatt geschickt, um die Stahlkanten anzufertigen. Nach etwa einer Stunde ist er zurück und hat dieses Mal selbst einen Hilfsarbeiter dabei. Nun ist das obligate Trio wieder komplett. Es wird noch überprüft, ob die neuen Teile passen. Der Rest soll dann morgen erledigt werden. Diesmal glauben wir sogar daran.

Stille Post im Quintett

Handwerker, soweit wir es bisher haben beobachten können, scheinen hier in Italien, wie auch in Griechenland, immer mindestens im Duo, meist sogar im Trio zu arbeiten. Ein typisches Arbeitsteam besteht z.B. aus einem Senior, der die Arbeiten beaufsichtigt, aber – außer ggf. einer Endkontrolle – nicht selbst Hand anlegt, einem erfahreneren Mitarbeiter, der die Arbeiten hauptsächlich ausführt und zum guten Schluss einem ungelernten „Hilfsbremser“, der untergeordnete Tätigkeiten ausführt, wie zum Beispiel Werkzeug anzureichen.

Das führt manchmal zu fast skurrilen Situationen. Wenn etwa die Arbeit nahezu beendet ist und quasi nur noch das letzte Schräubchen reingedreht werden muss, dann kann es passieren, dass das Werkzeug die Hände wechselt und die letzte Schraube vom Hilfsarbeiter reingedreht wird. Für uns eine ungewohnte Art zu arbeiten, etwa in der gleichen Effizienzklasse wie Ostfriesen beim Glühbirne wechseln.

Gesprochen wird mit uns als Auftraggeber typischerweise „entlang der Befehlskette“. Meist spricht nur der Senior mit uns und erteilt dann dem Mitarbeiter Anweisung, was zu tun ist, und dieser wiederum tut desgleichen mit dem Hilfsarbeiter. Das alles noch verbunden mit der typischen Sprachbarriere; Spanisch ist hier wesentlich hilfreicher als Englisch.

Die Werft hier hat einen kaufmännischen Chef, einen Dispatcher, der die Leute zur Arbeit einteilt, und dann natürlich das obligate Arbeitstrio. Wir hatten bei Ausbau des Motors noch nach einem Kostenvoranschlag für einige kleinere Arbeiten gefragt. Zwischenzeitlich waren fast alle der Beteiligten deswegen hier an Bord, teils auch mehrfach. Heute hat uns der Chef der Werft dann mitgeteilt, dass ein Kostenvoranschlag nicht erstellt werden könne, weil die benötigten Teile nach entstehendem Aufwand abgerechnet werden müssten. Wir waren etwas verwundert, weil es hautsächlich um Stahlarbeiten geht (Lippklampe schweißen), wo keine Ersatzteile in dem Sinne benötigt werden. Stellt sich heraus: Der Kostenvoranschlag, der nicht erstellt werden kann, bezieht sich auf Arbeiten, die wir auch  gar nicht in Auftrag geben wollen.