Schlagwort-Archive: Brand

Zuwachs

Neuigkeiten: Wir haben das mit dem Kinder kriegen etwas abgekürzt und gleich einen jungen Mann adoptiert, der zumindest aus dem Gröbsten bereits heraus zu sein scheint.

Roman ist 25 und bereits seit Dezember letzten Jahres in Nazaré. Er ist Bootsbauer und eher zufällig in Nazaré vorbei gekommen. Dort hat er dann Jochen kennengelernt, der sich für seine in Nazaré überwinternde Bavaria JoJo schon seit langem eine feste Sprayhood gewünscht hat. Die beiden kamen ins Gespräch und Roman hat sich kurzerhand bereit erklärt, die feste Sprayhood über Winter zu bauen. In dieser Zeit konnte er dann auf der SY JoJo wohnen. Doch der Kontakt zu uns ließ noch etwas auf sich warten. Nicht am gleichen Steg zu liegen heißt auch, sich nicht oft zu begegnen.

Doch am 19. März, als die Marina diverse Livabords mit Starkstrom aus den Betten schreckte, wurden wir plötzlich zu Leidensgenossen.

Als unser Schiff zur Räucherkammer wurde, saß Roman gerade bei seinem Frühstückskaffee auf der SY JoJo, als plötzlich direkt neben seinem Kopf das Radio anfing, in Flammen auf zu gehen. Als er dann die Stromversorgung unterbrechen wollte, hat er gleich noch ordentlich eine gewischt bekommen.

Nachdem dann auf beiden Booten die Brände gelöscht waren, hatten wir uns natürlich viel zu erzählen. Und so kam es dann, dass Roman begann, seine Feierabende zu uns auf die THO kokkino zu verlegen.

Vor ca. 2 Wochen hieß es dann für Jochen, den Eigner der SY JoJo, aufbrechen Richtung Mittelmeer. Die Sprayhood war noch nicht ganz fertig, ein Teil der Fenster musste noch eingepasst und montiert werden und der letzte Anstrich war auch noch nicht getan. So ist Roman also kurzerhand mit Jochen bis zur Algarve mitgesegelt und hat derweil die Sprayhood fertiggebaut. Der Abschied ist uns schwergefallen, doch gewissermaßen war auch ein Wiedersehen in Sicht.

Roman im "Auge des Orca" in Nazaré
Roman im „Auge des Orca“ in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir haben Roman, der eigentlich nun wieder nach Deutschland will, angeboten, dass er mit uns nach Cuxhaven segeln kann. Das dauert zwar etwas länger, als sich in den Flieger zu setzen, doch dafür ist man auf dem Boot unterwegs und kann unterwegs noch so Einiges sehen und erleben.

Roman war von dieser Option recht angetan und ist nun tatsächlich zurück nach Nazaré gekommen, um uns auf unserem Weg nach Deutschland zu begleiten. Wir freuen uns auf die gemeinsame Zeit. Ein paar Sachen sind zwar noch zu erledigen, bevor wir tatsächlich los können, doch diese sollten zu bewältigen sein, bis der nächste passende Wind uns beehrt.

Kabel-Jaul

Man höre und staune, die Versicherung hat sich in der vergangenen Woche gemeldet und bereit erklärt, zumindest den am 19. März an der Elektrik entstandenen Schaden zu bezahlen. Schnellstmöglich wollen sie nun eine Rechnung vorgelegt bekommen. Bei Papier scheinen sie es immer eilig zu haben, solange sie es nicht selbst produzieren müssen.

Also haben wir gleich Alec von Nazaré Nautica informiert und ihn gebeten, uns einen Elektriker vorbei zu schicken.

Nach einer erneuten, kurzen Inspektion an Bord, zusammen mit dem Elektriker Pedro, der sich die Sachlage an Bord selbst ansehen wollte, wurde dann dieser Samstag zum Arbeitstag auserkoren.

Mit einer der pünktlichsten Handwerker, die wir auf unserer Reise erlebt haben, beginnt Petro seine Arbeit an der Elektrik um 09.15 Uhr (vereinbart war 09.00Uhr).

Der verschmurgelte Bordanschluss im Cockpit verschwindet, die verbrannten Kabel werden gezogen und auf diesem Wege gleich neue eingezogen. Wir sehen die Kabel und fühlen beinahe die Schmerzen, die diese haben ausstehen müssen. Wir haben dicke, doppelt ummantelte 220 V Kabel und selbst diese sind an einigen Stellen bis zum Kupfer durchgeschmort.

verschmorte Rückseite des Fehlerschutzschalters
verschmorte Rückseite des FI-Schalters
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Dann verschwindet der alte Sicherungskasten. Auch dessen Rückseite ist stark verbrannt und auch an der Abdeckung kann man die Brandspuren deutlich sehen.

verschmorte Abdeckung des Sicherungskastens
verschmorte Abdeckung des Sicherungskastens
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
verschmorte Rückseite des Sicherungskastens
durchgeschmorter Sicherungskasten Rückseite
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nachdem dieser Teil geschafft ist, kommt das längste Kabel an die Reihe. Dieses führt vom Sicherungskasten über die Pantry durch den Salon bis zu der Steckdose, an die das Batterieladegerät eingesteckt war. Unter Schieben und zerren bahnt sich das Kabel seinen Weg durch unsere Vorratskisten in den Salonbänken.

Pedro montiert eine neue Steckdose und verkabelt diese mit dem neuen 220 V Kabel.

Der Tag vergeht und unser Boot sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Immer wieder müssen Staufächer ausgeräumt werden, damit Platz zum Kabel ziehen und verlegen entsteht oder eben neue Steckdosen montiert werden können. Wir wissen jedenfalls, dass unser Arbeitstag noch lange nicht zu Ende sein wird, wenn Pedro seinen Schraubenzieher und den Akkuschrauber niederlegt.

Am Abend ist das Schiff dann soweit, dass wir die neuen Kabel und Sicherungen austesten können. Pedro prüft vorab, ob an allen Steckdosen Strom anliegt, dann werden die Verbraucher eingesteckt.

Erster Kandidat: Der Kühlschrank. Er läuft. Was für eine Erleichterung. Seit dem 19. März hatten wir keine Kühlmöglichkeit mehr, was faktisch bedeutete, dass jeden Tag frisch eingekauft werden musste, da sich die Lebensmittel bei den Temperaturen hier sonst einfach nicht gehalten haben.

Als Nächstes geht es an unser eigentliches Sorgenkind: Das Batterieladegerät. Wir haben sowohl 12 V als auch 24 V an Bord und deshalb entsprechend ein Kombiladegerät. Die 12 V Batterien werden zusätzlich über Sonnenpanele geladen, doch die 24 V Batterien können wir nur über das Batterieladegerät laden, wenn der Motor nicht läuft.

Wir schließen das Batterieladegerät an, es brummt. Doch es dauert nur wenige Sekunden, dann springt erstmalig der neue Fehlerschutzschalter raus. Der Bordstrom ist wieder weg. Wir lösen nochmals die Verbindungen des Ladegeräts und schrauben sie neu fest. Dann starten wir einen neuen Versuch. Diesmal springt die Sicherung nicht raus. Wir prüfen die Ladespannung an den Batterien.

Die Ladespannung an den 12 V Batterien steigt und steigt. Als bei 16 V Ladestrom das Batterieladegerät immer noch nicht automatisch stoppt zu laden, schalten wir das Gerät manuell ab. Offensichtlich hat das Batterieladegerät bei dem Brand am 19. März selbst Schaden genommen und nicht nur seine Kabel. Laut dem Elektriker Nuno, der das Batterieladegerät bereits nach dem Brand untersucht und die Kabel ausgewechselt hatte, ist die Elektronik des Geräts beschädigt. Diese zu tauschen ist, wenn überhaupt möglich, sehr aufwendig und kostspielig, die Ersatzteile kaum zu bekommen. So muss nun wohl oder übel auch noch ein neues Ladegerät für die Batterien her. Wieder eine Rechnung, die an die Versicherung der Marina gehen wird. Doch auf eine Antwort von der Versicherung bezüglich des Ladegeräts werden wir hier nicht mehr warten, die Kommunikation ist einfach zu langwierig und wir wollen nun schnellstmöglich wieder ins Wasser und weitersegeln.

Smoke on the water

Es ist früher Vormittag. Wir sind noch gar nicht richtig wach. Ulrike schreckt auf, weil sie ein seltsames Knistern vernimmt. Vom Vorschiff aus blickt sie Richtung Gang zum Salon. Über den Bodenbrettern hat sich eine Rauchwolke gebildet. Plötzlich sind wir beide hellwach und auf den Beinen.

Erst vermuten wir, dass einer unserer Stromverbraucher überhitzt ist und ziehen die Stecker. Doch dann sehen wir es aus der Salonbank heftig qualmen. Sofort entfernen wir die Polster, die auf der Bank liegen, und schnappen uns einen Feuerlöscher. Stefan hält mit dem Feuerlöscher kräftig in den Hohlraum unter der Bank, wo die Bordbatterien und das Batterieladegerät sitzen. Innerhalb kürzester Zeit ist das ganze Boot voller Qualm und wir können nichts mehr sehen.

Durch den Rauch greift sich Ulrike die wichtigsten Papiere und unsere Kleider und bringt sie sicherheitshalber schon mal ins Freie.

Kaum im Cockpit, sieht Ulrike bei einem Blick zu der Strombox am Steg, dass quasi über dem Wasser entlang des Stegs bis hin zu unserem Boot Rauch steht. „Smoke on the water“ sozusagen. Sofort zieht sie den Stecker des Landstromanschlusses. Stefan gibt noch einen letzten Stoß mit dem Feuerlöscher und begibt sich dann ebenfalls ins Freie.

Nun heißt es abwarten, ob es an Bord weiter brennt, oder ob der Brand gelöscht ist. Am Steg vernehmen wir weiterhin eine Art Brutzeln und vermuten, dass an einem der anderen Boote im Hafen möglicherweise geschweißt wird und dies die Ursache für den Brand bei uns an Bord ist.

Ein kurzer Rundgang klärt jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Dabei erfahren wir, dass es auf einem weiteren Boot zur gleichen Zeit ebenfalls zu einem Brand gekommen ist. Ein Radio hat Feuer gefangen. Roman, der an Bord war, weil er zur Zeit auf diesem Schiff lebt und arbeitet, war glücklicherweise bereits auf. Er saß direkt neben dem Radio und konnte sofort reagieren.

Vom Steg aus können wir sehen, wie unser Boot nach wie vor kräftig am Qualmen ist. Minutenlang zieht Rauch heraus. Doch wieder an Bord lässt sich bereits erkennen, dass der Rauch im Schiff selbst weniger wird. Man kann wieder ein wenig sehen.

Als sich der Rauch einigermaßen verzogen hat, verschaffen wir uns einen Überblick. Die 220 V Kabel, die auf das Batterieladegerät gehen, sind verschmort, ebenso die Kabel, mit denen der Batterielader an die Batterien angeschlossen wird. Die Steckdose, an die das Batterieladegerät angeschlossen ist, ist kaum noch als solche zu erkennen. Ein Kanister mit destilliertem Wasser, der bei den Batterien steht, ist teilweise geschmolzen. Unser Landstromkabel ist komplett verschmort und der Eingang für 220 V an Bord samt den Kabeln und Sicherungen ist ebenfalls verbrannt.

Verbranntes 220 V Kabel THO kokkino
Verschmortes Landstromkabel THO kokkino
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Verbrannte Steckdose an Bord
Verbrannte Steckdose vom Batterieladegerät
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Kabelbrand am Batterieladegerät
Verbrannte Kabel am Batterieladegerät im Salon
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Über das Hafencafé versuchen wir jemanden zu erreichen, der sich trotz des Wochenendes der Sache annimmt. Tatsächlich tauchen gegen Mittag zwei Elektriker auf, die die Stromversorgung des Hafens notdürftig wieder herrichten. Doch nachdem sowohl unser Landstromanschluss sowie das Kabel verbrannt sind, hilft uns das nichts.

Kanister nach Konakt mit dem Batterieladegerät
Angeschmorter Wasserkanister nach Kontakt mit dem Batterieladegerät
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Stattdessen betreiben wir Ursachenforschung. Ein weiterer Elektriker, der in der in Nazaré neu entstehenden Werft Nazaré Nautica beschäftigt ist und sich vermutlich um die Schäden an den Booten kümmern wird, erklärt uns, dass die Stromversorgung der Marina dreiphasig verläuft. Ist eine der drei Phasen schadhaft, so führen die anderen 380 V. Zudem sei es nicht das erste Mal, dass ein solcher Defekt die Marina lahm legt. Als eine Art Beweis zeigt er uns eine Lüsterklemme, in die alle Kabel, die die Stege mit Strom versorgen, gesteckt sind und die einfach im Freien liegt, lediglich mit etwas Isolierband umwickelt. Die Kabel, die in der Lüsterklemme stecken, sind ebenfalls alle verbrannt.

verbrannte Lüsterklemme vom Steg in Nazaré
verschmorte Lüsterklemme vom Steg in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Landstromversorgung des Hafens in Nazaré
Stromverkabelung am Steg in Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
220 V Landstromanschluss am Steg von Nazaré
verschmorter Landstromanschluss am Steg von Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Statt nun, wie geplant, Ende März Richtung Galizien aufzubrechen, müssen wir uns nunmehr mit der Versicherung des Hafens herumschlagen und unsere 220 V Verkabelung ersetzen lassen. Wir hoffen, dass nicht noch weitere Schäden entstanden sind, doch das müssen wir alles nach und nach in den kommenden Tagen überprüfen.

Wir sind heilfroh, dass nicht mehr passiert ist uns wir den Brand so früh bemerkt haben. Die Geschichte hätte für uns auch ganz anders ausgehen können.