Lidl

Gestern ist die erste digitale Weihnachtspost bei uns eingetrudelt. Wir haben uns riesig gefreut und der herzliche Ton der Mail hat die Temperatur an Bord gleich um ein paar Grad steigen lassen. Die netten Zeilen stammen von Evi und Wolfgang von der SY Eva Maria und sie schreiben uns mit Blick auf das Wetter: „Ihr tuts gut daran im Hafen zu bleiben.“ Zuspruch hebt die Bordmoral.

Wir haben Evi und Wolfgang noch in Messolonghi kennengelernt. Eines Tages legten sie mit ihrem Boot neben uns an und wir kamen ins Gespräch. Das Wochenende stand vor der Tür und die beiden wollten auch recht bald weitersegeln. Es mussten also Lebensmittel gebunkert werden. Damals hatten wir noch unser Auto und boten an, dass wir sie zum Einkaufen bei Lidl mitnehmen könnten. Auf dem Weg dorthin erzählte uns Evi die Anekdote, wie zu ihren Anfangszeiten im Mittelmeer ihnen gegenüber von einer Langfahrtseglerin ein Hafen deshalb besonders empfohlen wurde, weil es dort in fußläufiger Entfernung einen Lidl gäbe. Sie habe sich damals noch gedacht, wie seltsam spleenig man doch auf Langfahrt werde, wenn eine Hafenempfehlung so begründet wird. Allerdings lernt man unterwegs recht schnell die Vorzüge von Lidl schätzen. Das war bei Evi und Wolfgang so und mittlerweile eben auch bei uns. Man kann dort fast alles aus einer Hand Bunkern, was man zum Leben braucht und das Sortiment kommt dem eigenen Geschmack entgegen.

Wir waren darum auch bereits in der Gouvia Marina nicht verwundert, als eine der ersten Fragen eines deutschen Reinke-Segler-Pärchens, eben frisch von Italien auf Korfu angekommen, an uns war: „Und? Habt ihr denn den Lidl schon entdeckt?“ Klar hatten wir, und wir konnten selbstverständlich auch mit einer ausführlichen Wegbeschreibung plus Buslinie und Fahrpreisen dienen.

Jedenfalls hat die nette Weihnachtspost gestern dazu geführt, dass wir uns an diese Begebenheiten zurück erinnerten. Obwohl die Gesellschaft von Evi und Wolfgang in Messolonghi nur eineinhalb Tage währte, ist in dieser Zeit eine Herzlichkeit entstanden, die wir unter Seglern ganz besonders schätzen. Irgendwie fühlt man sich einander verbunden. Ähnliche Erlebnisse, ähnliche Erfahrungen, ähnliche Probleme und Leidenschaften: Das Segeln – und die gelegentliche Suche nach einem Lidl in der Nähe.

Fiese Mutanten

Wir nähern uns der Mitte des Dezembers und auch in Rom ist es mittlerweile recht frisch. Lange Hosen und sogar (Fleece)Pulli sind langsam angesagt. Immer wieder läuft der Heizlüfter, damit im Bootsinneren angenehme Temperaturen herrschen. Und trotzdem – man will es nicht glauben – gibt es hier immer noch Schnaken.

Bereits im Sommer haben wir uns gewundert, wie aggressiv diese kleinen Blutsauger geworden sind. Wir erinnern uns noch an Zeiten, da haben sie sich darauf beschränkt, ihre Opfer ein paar Wochen im Sommer, und dann auch nur nachts, zu piesaken. Doch diesen Sommer wurden wir auch am hellichten Tag gestochen. Morgens, mittags, abends und sogar durch Jeans-Stoff hindurch. Unglaublich. Und auch jetzt, da der Sommer längst passé ist, sind die Schnaken hier noch aktiv. Gut, sie sind etwas kleiner geworden und ihre Erscheinung ist heller als die ihrer Verwandten im heißen Sommer. Doch stechen tun sie immer noch. Sie sind sehr flink, kaum zu erwischen, verfolgen einen abends im Salon und finden danach auch den Weg ins Schlafgemach. Morgens sind sie dann für ein paar Stunden verschwunden. Man hat fast das Gefühl, diese Tiere haben einen 7. Sinn entwickelt und wissen vorher, wo man sie nach ihren Attacken suchen wird.

Diese Quälgeister scheinen eine länderübergreifende Initiative im Sinne von „Schnaken ohne Grenzen“ gegründet haben. Von den berechenbaren kleinen Biestern von früher ist nicht mehr viel übrig geblieben. Irgendetwas scheint die Blutsauger verändert zu haben. Sie sind aufdringlich, schnell, kaum zu fassen, halten sich an keine Jahreszeiten und sogar vor Stefan machen sie keinen Halt mehr. Er hatte sich schon daran gewöhnt, dass seine Frau das beste Schnakenschutzmittel überhaupt ist. Doch diese mutierten Quälgeister machen auch vor ihm nicht mehr Halt.

Relingssalat

Heute gab es an unserem Steg gegenüber Salat aus Anker und ausgewählten Relingsstützen, angemacht mit knapp 40 Knoten West, dazu noch Raspel von feinem Kunstoffheck und strichweise Regen.

Relingssalat CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Relingssalat
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Relingssalat CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Relingssalat
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Relingssalat CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Relingssalat
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir waren zeitig aufgestanden, da uns starker Wind und entsprechende Welle aus den Federn getrieben hatten und noch kaum das wir unsere erste Tasse Frühstückskaffee getrunken hatten, fiel Stefan auf, dass das Boot uns gegenüber sich schräg, ja bedenklich schräg auf das Nachbarboot legte. Wir haben dann per Funk die Marineros alarmiert, die auch binnen weniger Minuten erschienen. Allerdings war Schaden an beiden Booten nicht mehr zu verhindern. Der Anker des seitlich abgetriebenen Bootes hatte schon Seezaun und Relingsstützen des Nachbarbootes demoliert. Zugleich wurde das schöne, weiße Kunstoffheck am Betonsteg aufgeraspelt. Die Marineros waren gute 1 1/2 Stunden beschäftigt den Relingssalat zu entwirren und das Boot wieder sicher an seinen Liegeplatz zu verholen. Es hat sich dann herausgestellt, dass die durch Korrosion angegriffene Kette der Mooring unter dem Winddruck gebrochen war.

Apropos Wind (und Wetter) – wir haben hier noch immer fast konstant starke bis stürmische Winde, sowie Regen und Gewitter. Die klaren Tage mit Sonnenschein können wir an einer Hand abzählen und das selbst wenn uns Finger an derselben amputiert wären. Man kann sich dem nähern, wenn man sich den Monsun in Bangladesch imaginiert – dies allerdings bei insgesamt niedrigeren Außentemperaturen.

Da an ein Fortkommen derzeit also nicht zu denken ist, geschweige denn, dass wir dies unter den obwaltenden Umständen tatsächlich wollen würden, so werden wir wohl hier in Rom eine Winterpause einlegen. Die Zeit werden wir zu Arbeiten am Boot nutzen. Dazu besteht ja immer zureichende Veranlassung.

Abendstimmung im Hafen von Rom mit Gewitterwolken CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Abendstimmung im Hafen von Rom mit Gewitterwolken
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Abendstimmung im Hafen von Rom mit Gewitterwolken CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Abendstimmung im Hafen von Rom mit Gewitterwolken
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln