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Festmacheritis

Der neue Tag begrüßt uns zur Abwechslung mal mit Windstille und Sonnenschein. Und die frohe Kunde für uns – wir liegen sogar noch samt Boot am Steg. Nachts hatte sich das teilweise anders angefühlt. Die Windgeschwindigkeit soll – laut eines unseres Stegnachbarn – in den Böen bei 9 Beaufort gelegen haben.

 

Unsere Stegverbindung hingegen ist erneut baden gegangen. Doch dieses Mal hatten wir sie zuvor angeleint und deshalb konnten wir sie mühelos wieder heranziehen.

 

Da für die nächsten Tage schon wieder Starkwind angekündigt ist, steht unser Programm schon von vornherein fest: wir holen die neuen Festmacher ab. Wir nehmen gleich vier Stück.

 

Satte drei Stunden verbringen wir mit der Perfektionierung unserer Landleinen. Ganz offensichtlich sind die letzten zwei Tage nicht ohne Auswirkungen auf unser Nervenkostüm geblieben. Normalerweise hätte uns bei dieser Arbeit längst die Geduld verlassen.

 

Die altersschwache Leine funktionieren wir zu einer Spring um und statt eines ruckartigen Knarzens gibt sie nun nur noch ein zufriedenes Brummen im Wind von sich. Dieses Geräusch nun klingt zur Abwechslung nahezu beruhigend. Auch an den Vor- und Achterleinen ist Ruhe eingekehrt. Es klingt zwar nicht gerade nach viel Arbeit, ein paar Leinen auszubringen, trotzdem sind wir heute endlich mal mit unserem Tagewerk zufrieden. Es ist ein gutes Gefühl, Vertrauen in seine Leinen zu haben. Ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist, wird sich wohl schon in Kürze herausstellen, denn das nächste Tief mit Starkwind ist ja bereits angekündigt.

 

Jupp hat uns für den Abend zum Essen eingeladen. Es gibt einen leckeren griechischen Salat und Kotletts; wir steuern zum Nachtisch einen frischen Obstsalat aus Orangen, Bananen, Äpfeln und Joghurt bei. So lässt es sich aushalten.

Polka am Steg

Wir haben eine sehr unruhige Nacht hinter uns. Kräftig anhaltendes Schaukeln, Ruckeln und Knarzen die ganze Nacht über haben uns kaum schlafen lassen. Nach dem Aufstehen kontrollieren wir gleich alle Leinen und müssen dabei feststellen, dass der Verbindungssteg, der das T-Stück des Steges mit dem Längssteg verbindet, einfach verschwunden ist. Wind und Wellengang haben die Verschraubung herausgerissen und das gute Stück einfach hinweg gefegt. Wir sind, da wir am Ende des Stegs liegen, vom Land abgeschnitten.

 

Michael und Jupp stellen unsere Verbindung zur Außenwelt wieder her. Sie haben den durch das Hafenbecken treibenden Steg eingesammelt und helfen nun bei der erneuten Befestigung. Die Suche nach der Bohrmaschine und dem passenden Aufsatz gestaltet sich bei uns an Bord etwas chaotisch, da weder das eine noch das andere an dem Platze ist, wo wir es vermuten und wir, wie gesagt, noch keine aktualisierte Stauliste in Papierform besitzen.

 

Nach getaner Arbeit kommen wir endlich zum verdienten Kaffee trinken und beschließen, zur Feier des Tages uns eine Dusche zu gönnen. Die Dusche ist der Ort, an dem der Segler wieder zum Menschen wird.

 

Da das Wetter weiterhin recht ungemütlich ist, durchwühlen wir unsere letzten Vorräte und finden dort tatsächlich noch einen unbenutzten Festmacher. Wir beschließen, damit der Vorleine, die in der vergangenen Nacht unter beständigem Knarzen ihre Seele ausgehaucht hat, ihren Kampf zu erleichtern. Zusätzlich legen wir weitere Hilfsleinen achtern: Außer Schnürsenkeln und Schoten haben wir nun alle Leinen, die wir haben, ausgebracht. Und natürlich tanzt trotzdem das Boot eine muntere Polka am Steg.

Insider klar im Vorteil

Heute ist Samstag und das Marina-Büro somit ganztägig geschlossen. Wieder können wir unsere Marina-Karte nicht aufladen, so befürchten wir.

 

Noch vor dem Frühstück bringen wir Jupp mit dem Auto zum Busbahnhof. Er will einen Freund in Paxos besuchen. Er weiß Rat und gibt uns den Tipp, dass einer der Marineros einen Schlüssel für das Büro hat und die Karten auch am Wochenende auflädt. Wir machen den sehr hilfsbereiten Marinero ausfindig und er rettet unser Wochenende – zumindest was den Strom anbelangt.

 

Das Wetter ist erneut recht windig, unser Boot schaukelt stark und der Wind zerrt gewaltig an den alten Festmachern. Es knarzt wieder zum Davonlaufen. Diesmal gehen wir zum Ship Shop und ordern gleich zwei neue Festmacher. Leider hat er die gewünschten Festmacher nicht im Laden, sondern in seinem Lager und muss sie dort erst holen. Wir vereinbaren, später am Nachmittag wiederzukommen.

 

Als wir dann wieder bei ihm vor der Tür stehen, hat er allerdings bereits geschlossen und wir müssen das Knarzen das ganze Wochenende über aushalten. Das mit den Öffnungszeiten ist in Griechenland auch so eine Sache für sich. Einheitliche Ladenöffnungszeiten gibt nicht. Nachmittags zwischen 13 und 17 Uhr sind fast alle Läden geschlossen und wie lange danach noch geöffnet ist, variiert durchaus.

 

Abends weihen wir endlich unsere neuen Kochplatten ein. Es gibt Hähnchenschenkel. Jupp, wieder wohlbehalten zurück, kommt mit einer Flasche Wein vorbei und darf gleich testen – Ergebnis: Essen gut gelungen. Das Fleisch ist durch und trotzdem saftig – genau richtig. Ohne ihn und seinen hilfreichen Hinweis auf den Marinero hätten es bei uns das Wochenende über wohl wieder kalte Küche gegeben. So jedoch sind wir optimistisch, zumindest was unser leibliches Wohl anbelangt.