Bei unserem zweiten Anlauf lassen wir nun Cabo Raso und Cabo Roca hinter uns. Diesmal haben wir Wind aus südlicher Richtung, leider jedoch recht schwach. So können wir erneut nicht unsere Windsteueranlage zum Einsatz bringen und müssen die Nacht über Ruder gehen.
Gerne wären wir in einem Rutsch bis Porto gefahren, doch nachdem der Wind die ganze Nacht über nicht auffrischt, entscheiden wir uns in den frühen Morgenstunden spontan um.
Gerade pünktlich zur Dämmerung erreichen wir Nazaré. Ein kleiner Hafen, der jedoch bei allen Wetterlagen guten Schutz bieten soll. Wir suchen uns ein Plätzchen in der kleinen Marina. Auf den ersten Blick macht der Hafen keinen sonderlich einladenden Eindruck. Es liegen einfach ein paar Schwimmstege im Wasser, an denen man festmachen kann. Zudem scheint der Hafen vor allem von Fischern frequentiert zu werden, die ihren Fang abladen und im Anschluss ihre Boote vertäuen. Doch die Müdigkeit siegt über den aufkommenden Wunsch, sich doch noch einen anderen Hafen zu suchen.
Wir sind noch nicht lange fest, da werden wir von einer deutschen Seglerin angerufen: „Seid Ihr die Peter Pan?“ Die SY Peter Pan ist uns natürlich bekannt. Es handelt sich bei diesem Schiff ebenfalls um eine Reinke Super Secura. Sie ist zudem auch wie wir in rot-weiß gestrichen. Wir sind also quasi das Zwillingsschiff zur Peter Pan. Die Peter Pan war im Jahre 2008 in Portugal und so werden wir jetzt miteinander verwechselt.
Dank dieser Verwechselung kommen wir gleich ins Gespräch. Dody ist bereits seit 2009 hier in Nazaré und restauriert ihr Schiff selbst. Es dauert nicht lange und wir werden der kleinen „Hafenfamilie“ vorgestellt. Eine bunte Truppe von Dänen, Engländern, Australiern, Iren etc. ist hier im Hafen von Nazaré quasi bereits sesshaft geworden. So vergeht der restliche Tag samt dem Abend im Fluge. Unser rotes Boot ist in kurzer Zeit allen im Hafen ein Begriff und der „Peter Pan“ sei Dank werden wir in der Hafengemeinschaft gleich herzlich willkommen geheißen.
Bei dieser freundlichen Aufnahme ist am morgigen Tag nicht an eine Weiterfahrt zu denken. Es gibt noch so viel zu erzählen, der eine oder andere will sich unsere THO noch interessiert anschauen und wir haben auch von dem Ort noch nichts gesehen.
Seit Tagen beobachten wir die Wettervorhersage. Wir wollen nach Menorca aufbrechen und für diese etwas längere Strecke von gut 200 Seemeilen wollen wir keinen Gegenwind. Nun sollen für mindestens 4 Tage Winde aus östlicher Richtung wehen. Die verschiedenen Wetterdienste sind sich zwar wie immer nicht ganz einig, doch darin, dass der Wind aus östlichen Richtungen kommen soll, stimmen sie immerhin überein.
Früh morgens legen wir ab. Wir kalkulieren mit einer Fahrtzeit von 50 Stunden im Minimum und wollen möglichst im Hellen auf Menorca ankommen. Um die Nordspitze Sardiniens müssen wir noch motoren, denn die Durchfahrt aufs offene Meer hinaus, wir nehmen die Fornelli Passage, ist ziemlich flach und sollte exakt gesteuert werden.
Aber die Fornelli Passage zeigt sich uns von ihrer schönsten Seite, ruhige See und türkises Wasser. Vor lauter Gucken muss man wirklich aufpassen, den Kompass und die vorgeschriebene Kurslinie nicht aus den Augen zu verlieren.
Nach wenigen Meilen liegt Sardinien hinter uns und es erwartet uns ein Nordwestwind. Immerhin lässt sich dieser segeln und wir können endlich einmal unsere Aries Windsteueranlage ausprobieren. Nachdem sie einmal eingestellt ist, hält sie gut Kurs und wir können uns entspannt im Cockpit zurücklehnen. Leider bleibt es nur bis gegen Abend so angenehm. Dann nimmt der Wind immer mehr ab und wird zu schwach, als dass die Windfahne noch etwas mit ihm anfangen könnte. Wir müssen selbst wieder Ruder gehen und es dauert nicht lange, bis die Segel nicht mehr ziehen.
Pünktlich zum Sonnenuntergang nehmen wir die Segel runter und fahren unter Motor weiter in der Hoffnung, dass der Wind bald wieder auffrischen wird. Die Windrichtung ist bei 0-1 Knoten Wind nahezu undefinierbar, doch in der Tendenz scheint er tatsächlich gen Ost zu drehen. Hinter uns geht der Mond auf und der Wind bleibt schwach – an Segeln nicht zu denken.
Als es in der Nacht nicht besser wird, gönnen wir uns und dem Motor kurzerhand eine Pause und lassen uns treiben, um uns ein wenig auszuruhen. Dank der Flaute werden wir in dieser Zeit nicht einmal groß vertrieben. Der Ostwind wird zwar mit den Stunden immer stabiler, doch leider nicht stärker. Somit muss der Motor wieder ran. Den Autopiloten vermissen wir diesmal kaum. Ist das Ruder erst einmal eingestellt, läuft die THO beinahe von allein nach Kurs. Gelegentlich ist ein kurzes Korrigieren von Nöten, doch das ist auch schon alles.
Als sich der Wind endlich wieder auf zumindest 4 Knoten hochgearbeitet hat, versuchen wir unser Glück nochmals mit der Fock. Vielleicht zieht sie ja wenigstens noch ein bisschen mit. Doch das Ergebnis überzeugt nicht. Wir machen etwa 0,1 Knoten mehr Fahrt, müssen dafür aber beständig Acht geben, dass uns das Segel nicht einfällt oder ungewollt die Seite wechselt. Doch ein Versuch war es wert.
Am zweiten Abend auf See offenbart sich uns ein blinder Passagier: eine Libelle. Immer wieder startet sie kleine Rundflüge, doch so weit weg von Land kommt sie lieber immer wieder zu uns zurück und entspannt sich auf unserem Seezaun. Ein schöner Anblick.
Ein paar Mal können wir in einiger Entfernung Delfine beobachten – leider zu schnell für unsere Kamera. Die spannendste Tierbeobachtung der Fahrt jedoch ist ein springender Mantarochen, der neben uns ins Wasser platscht. Ein faszinierender Anblick, der leider viel zu schnell vorbei war.
Die zweite Nacht in der Flaute wird etwas zäh. Beide sind wir nun recht müde. So gönnen wir uns, wie in der Nacht davor, zwischendurch eine kleine Pause und lassen uns treiben.
Am Morgen liegen nur noch die letzten 30 Seemeilen vor uns, doch diese ziehen sich hin. Die Küste ist bereits in Sicht, wir können Mahón quasi bereits sehen, und doch dauert es noch einmal 6 Stunden, bis wir im Hafen ankommen.
Nach dem Anlegen unternehmen wir gleich einen kleinen Rundgang Richtung Stadt. Eine gute Entscheidung. Ganz anders als in Rom, Korsika oder Sardinien hat nämlich der große Supermarkt hier sonntags geschlossen und wir wären bei dem Versuch nachzubunkern morgen gescheitert, wenn wir diesen Gang verschoben hätten. Nun haben wir für die nächsten Tage alle Möglichkeiten und können uns eine schöne Ankerbucht suchen.