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Peter Pan sei Dank

Bei unserem zweiten Anlauf lassen wir nun Cabo Raso und Cabo Roca hinter uns. Diesmal haben wir Wind aus südlicher Richtung, leider jedoch recht schwach. So können wir erneut nicht unsere Windsteueranlage zum Einsatz bringen und müssen die Nacht über Ruder gehen.

Gerne wären wir in einem Rutsch bis Porto gefahren, doch nachdem der Wind die ganze Nacht über nicht auffrischt, entscheiden wir uns in den frühen Morgenstunden spontan um.

Gerade pünktlich zur Dämmerung erreichen wir Nazaré. Ein kleiner Hafen, der jedoch bei allen Wetterlagen guten Schutz bieten soll. Wir suchen uns ein Plätzchen in der kleinen Marina. Auf den ersten Blick macht der Hafen keinen sonderlich einladenden Eindruck. Es liegen einfach ein paar Schwimmstege im Wasser, an denen man festmachen kann. Zudem scheint der Hafen vor allem von Fischern frequentiert zu werden, die ihren Fang abladen und im Anschluss ihre Boote vertäuen. Doch die Müdigkeit siegt über den aufkommenden Wunsch, sich doch noch einen anderen Hafen zu suchen.

Hafeneinfahrt Nazaré
Hafeneinfahrt von Nazaré
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Wir sind noch nicht lange fest, da werden wir von einer deutschen Seglerin angerufen: „Seid Ihr die Peter Pan?“ Die SY Peter Pan ist uns natürlich bekannt. Es handelt sich bei diesem Schiff ebenfalls um eine Reinke Super Secura. Sie ist zudem auch wie wir in rot-weiß gestrichen. Wir sind also quasi das Zwillingsschiff zur Peter Pan. Die Peter Pan war im Jahre 2008 in Portugal und so werden wir jetzt miteinander verwechselt.

Dank dieser Verwechselung kommen wir gleich ins Gespräch. Dody ist bereits seit 2009 hier in Nazaré und restauriert ihr Schiff selbst. Es dauert nicht lange und wir werden der kleinen „Hafenfamilie“ vorgestellt. Eine bunte Truppe von Dänen, Engländern, Australiern, Iren etc. ist hier im Hafen von Nazaré quasi bereits sesshaft geworden. So vergeht der restliche Tag samt dem Abend im Fluge. Unser rotes Boot ist in kurzer Zeit allen im Hafen ein Begriff und der „Peter Pan“ sei Dank werden wir in der Hafengemeinschaft gleich herzlich willkommen geheißen.

Bei dieser freundlichen Aufnahme ist am morgigen Tag nicht an eine Weiterfahrt zu denken. Es gibt noch so viel zu erzählen, der eine oder andere will sich unsere THO noch interessiert anschauen und wir haben auch von dem Ort noch nichts gesehen.

Abenteuer

Schwach soll der Wind heute sein. In Böen maximal 10 Knoten. Bei unserem Kurs gegen die vorherrschende Windrichtung ist uns das so unrecht nicht, insbesondere wenn wir längere Schläge machen wollen. Doch wie so oft kommt es anders als vorhergesagt. Wir sind nur wenige Stunden aus dem Hafen, da fängt es schon an zu blasen. Bald stehen 20 Knoten aus Nordnordwest auf der Uhr, Tendenz noch steigend. Meist schläft der Wind über Nacht wieder ein – nicht jedoch heute.  Aller Erfahrung entgegen nimmt der Wind über Nacht sogar noch zu. Hart am Wind müssen wir teils über 25 Knoten Wind aussteuern und kämpfen uns durch kurze, unangehme Atlantikwellen. Eine anstrengende Nacht, in der an Schlaf kaum zu denken ist.

Erst in den frühen Morgenstunden nimmt der Wind wieder ein wenig ab und wir können wieder etwas mehr Höhe laufen. Mit Motorunterstützung wollen wir hoch am Wind um das Cabo de Roca westlich von Lissabon herum. Doch nur wenige Meilen vor dem Kap sinkt plötzlich aus heiterem Himmel die Motordrehzahl, dann stirbt der Motor ab.

Wir wechseln fix auf unseren zweiten Dieselfilter, in der Hoffnung, so das Problem schnell beheben zu können. Tatsächlich springt der Motor auch gleich wieder an und läuft vollkommen normal. Allerdings nur etwa eine viertel Stunde, dann geht er auch auf dem neuen Dieselfilter wieder aus.

Bis zum nächsten erreichbaren Hafen sind es noch 13 Seemeilen. Der Wind fällt nun ausgerechnet auch immer nördlicher ein, was wir gerade jetzt, wo unser Kurs auf den Ausweichhafen Cascais ziemlich nördlich ist, gar nicht gebrauchen können. Und tatsächlich schläft er nun auch fast ein.

Unsere Geschwindigkeit sinkt auf etwa 1,5 Knoten und so dümpeln wir im Schneckentempo auf die Einflugschneise nach Lissabon zu, das östlich von Cascais liegt.

Glücklicherweise dreht der Wind wieder ein wenig zurück und frischt zumindest wieder etwas auf, so dass wir unter Fock doch erneut Kurs auf Cascais nehmen können. Wenigstens ist wenig Verkehr, denn mehr als leidlich Kurs halten ist nicht drin.

Am frühen Morgen sind wir dann vor der Hafeneinfahrt von Cascais. Ohne Motor und nur unter Segeln wollen wir kein Anlegemanöver in einer uns fremden Marina wagen.  Und so versuchen wir, die Marina zu erreichen. Doch wir erhalten keine Antwort. Wir versuchen es bei der Policia Maritima, doch auch diese antwortet nicht.

Vor der Hafeneinfahrt sehen wir ein Fischerboot bei der Arbeit. Wir können die beiden Fischer auf uns aufmerksam machen. Sie fahren zu uns herüber und fragen, ob sie uns helfen können. Wir haben unser Problem noch nicht richtig erklärt, da fixieren sie schon eine Leine zwischen unseren beiden Booten und schleppen uns die letzten Meter zum Hafen. Sie liefern uns direkt am Reception Pier ab. Das Timing ist super, denn kaum sind wir fest, da frischt der Wind nochmals auf und wir liegen ablandig. Nun wäre ein Anlegen selbst mit funktionierendem Motor anspruchsvoll geworden. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Fischern für ihre Hilfe, bevor diese wieder rausfahren und ihrer Arbeit nachgehen.

Am Reception Pier müssen wir nun erst einmal warten, bis die Marina anfängt zu arbeiten. Dann heißt es einchecken. Der Hafenmeister schleppt uns dann an unseren Liegeplatz. Dort angelangt, können wir es kaum erwarten, den Nachtschlaf nachzuholen. Genug Abenteuer für einen Tag. Zudem war die Überfahrt anstrengender als gedacht. Der Motor muss erst einmal warten. Sorgen machen wir uns keine – etwas Kapitales kann es kaum sein.

Leuchtturm Santa Marta Cascais
Punta de Santa Marta Cascais
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Cascais
Häuschen in Cascais
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Raue Überfahrt

Etwa 150 Seemeilen lang ist unsere nächste Etappe nach Lagos/Portugal und wir rechnen, da wir abends starten, mit zwei Nachtfahrten und eineinhalb Tagen. Gleich am ersten Abend zücken wir endlich einmal rechtzeitig die Kamera, um einen Delfin zu erwischen. Zwar taucht dieser gerade unter unser Boot ab, doch gerade so haben wir ihn noch erwischt.

Delfin am Schiffsrumpf
Delfin unter Wasser
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Die erste Nacht ist recht rau. Es zieht eine Kaltfront dicht nördlich von uns durch; der Wind ist stärker als vorhergesagt, aber sehr wechselhaft und die See entsprechend aufgewühlt. Beim Runden des Kap Trafalgar, von welchem man sich wegen eines langgestreckten Flachs gut freihalten sollte, zieht ein Gewitter über uns hinweg, so dass die Nachtfahrt nicht langweilig wird.

Kap Trafalgar
Cabo Trafalgar
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Am nächsten Morgen ist das raue Wetter überstanden. Der Wind bleibt aber ebenso unbeständig wie im Mittelmeer. Innerhalb weniger Stunden dreht er auf alle Richtungen und die Stärke schwankt zwischen 0 bis 22 Knoten Wind. Mehrfach ziehen wir die Segel hoch, nur um sie nach wenigen Stunden wieder herunter zu nehmen, bis das Spiel von Neuem beginnt. Auch unsere Geschwindigkeit schwankt mehr als je zuvor. Von unter 2 Knoten bis zu 6 Knoten ist alles dabei, wobei das Mittel am Ende unter 4 Knoten liegt.

Fortress Lagos
Fort Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Nach 44 Stunden sind wir dann endlich in Lagos. Die Einfahrt zum Hafen liegt in einem kleinen Fluss und sieht richtig nett aus. Vor der Marina spannt sich eine Fußgängerbrücke über den Fluss und bevor diese für ein Boot öffnet, muss man an einem Wartesteg festmachen und die Formalitäten klären. Nachdem der offizielle Teil geklärt ist, funken wir die Brücke an und dürfen unter dieser hindurchfahren. Der Hafen macht einen netten Eindruck und wir sehen an den Stegen durchaus den ein oder anderen Langfahrtsegler. Hier werden wir uns erst einmal von der letzten Etappe ausruhen und uns unser nächstes Ziel überlegen.

alte Stadtbefestigung Lagos
Stadtbefestigung von Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Eingang der Stadtbefestigung Lagos
Eingang der Stadtbefestigung Lagos
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln