Herd sucht Fahrradluftpumpe

Nach dem gefühlten Stress der letzten Tage gönnen wir uns erst einmal ausgiebig Schlaf. Der Wecker ist zwar gestellt, doch als er klingelt gibt es einfach ein kurzfristige Planänderung – länger schlafen…

 

Beim Aufstehen stellen wir dann fest, dass endlich mal wieder die Sonne schön scheint und deshalb soll der weitere Tag auch angenehm gestaltet werden. Wir wollen erstmals den etwas gewöhnungsbedürftigen Petroleumherd in Betrieb nehmen und uns einen frischen Kaffee kochen. Wir gehen die Checkliste für die Inbetriebnahme des Herdes durch und machen uns dann an das Unterfangen, den Herd anzuwerfen. Zum Glück erleidet unser ohnehin eingeschränktes Vertrauen in die technischen Einrichtungen an Bord keinen weiteren Dämpfer, sondern wir können uns nach geraumer Zeit tatsächlich mit dem ersten leckeren Kaffee unseres Aufenthalts in die Sonne setzen.

 

Indessen muss dazu gesagt sein, dass wir uns diesen Kaffee wirklich hart erarbeitet haben. Der Petroleumtank braucht 2 bar Druck zum Arbeiten und als wir den Druck kontrollierten, stand die Anzeige gerade mal knapp unter 0,5 bar. Zum Nachpumpen gibt es eine von Hand zu bedienende Fahrradluftpumpe. Also hieß es, den Tank von 0,5 bar mit einer Fahrradluftpumpe auf 2 bar aufzupumpen. Und für jeden, der uns jetzt noch nicht bemitleidet: 2 bar ist in etwa der Druck, den ein Autoreifen so hat. Wundersamerweise waren wir nach dem Kaffee kochen noch in der Lage, unsere Tassen selbst zu halten.

 

Nach dem Kaffee trinken machen wir uns an das Austauschen der Seenotsignale. Die an Bord befindlichen Exemplare sind allesamt abgelaufen und das größtenteils seit 10 Jahren. Da reicht unser Vertrauen dann doch nicht mehr aus. Ein Blick in die Dinghi-Notfall-Tonne lässt uns dann gleich zum Notizblock greifen, denn auch da ist ein Austausch notwendig. Die Schraubenzieher und -schlüssel werden maximal noch von ein paar Rostteilchen zusammengehalten und würden einem im Fall der Fälle sicher nichts mehr helfen.

 

Danach verkünsteln wir uns an unseren neuen Rettungswesten. Wir haben extra noch Notlichter besorgt, die man an der Weste anbringen kann. Die vorhandenen Befestigungsmöglichkeiten überzeugen uns nicht. Damit kann man die Lampe nicht zugleich zugriffsbereit und sicher an der Weste anbringen. Also basteln wir uns eine Leinenkonstruktion, die zum einen die Lampe sicher mit der Weste verbindet, es erlaubt, die Lampe im Inneren der Weste unterzubringen, wo sie bei Nichtgebrauch nicht stört und es einem zudem ermöglicht, sie im Notfall in Armeslänge von sich zu halten und trotzdem gesichert zu sein. Wir sind mit unserem Werk zufrieden.

 

Wir lassen nochmals den Motor für eine Stunde laufen, um die Batterien zu laden und räumen bei der Gelegenheit die erste Bücherkiste aus, bzw. das erste Bücherregal ein. Wir fühlen uns gleich heimischer an Bord.

Schiffsputz dank Wettschulden

Neuer Tag, neues Glück. Allerdings haben wir am Vorabend bereits Wetten abgeschlossen, was am nächsten Tag nicht funktioniert – Wetteinsatz: Putzen.

 

Programm für heute: Motor anwerfen und ggf. Batterien laden. Wir kontrollieren den Kühlwasser- und den Ölstand, alles in Ordnung, und starten dann den Motor, nicht ohne die Befürchtung, der Dieselfilter könnte sich aufgrund der Standzeit zugesetzt haben. Aber, oh Wunder, der Motor startet ohne Probleme. Endlich haben wir etwas entdeckt das auf Anhieb funktioniert und werden nun mutig. Zum ersten Mal überhaupt wollen wir die Webasto-Heizung anwerfen; diese hatte nicht einmal der Gutachter getestet. Natürlich drehen wir nicht am Startknauf, ohne zuvor wieder Wetten abzuschließen. Dass Timm uns bereits genau erklärt hat, wo wir ein Webasto-Service-Kit zur Fehlersuche herbekommen würden, stärkt auch nicht gerade unser Vertrauen. Doch auch die Heizung tut auf Anhieb ihre Pflicht.

 

Um unser Glück bloß nicht auszureizen, verbringen wir den restlichen Tag damit, die eigentlich gar nicht fälligen Wettschulden einzulösen – sprich: Putzen und Aufräumen.

Erste Tage als Eigner: Gedanken an ein Korallenriff

In zwei Etappen fahren wir mit dem Auto von Cuxhaven nach Ancona/Italien und von dort aus mit der Fähre nach Igoumenitsa/Griechenland. Der Wagen ist voll bepackt mit 5 Autobatterien zusammen ca. 500 Amperestunden, einer 50 Kilogramm schweren Rettungsinsel, diverser Elektronik und jeder Menge Klamotten. Die Strecke zieht sich, trotz Zwischenstopp und Übernachtung. Zudem hat die Fähre auch noch drei Stunden Verspätung und die Überfahrt selbst lässt sich dann wohlwollend als unangenehm bezeichnen. Jedenfalls sind wir heilfroh, am Spätnachmittag des 19. November, nach nochmals drei Stunden Autofahrt, endlich in der Marina Messolonghi einzutreffen.

Schnell müssen wir feststellen, dass es in Griechenland im November früher und schneller dunkel wird, als erwartet. Wir haben kaum die nötigsten Sachen an Bord gebracht, da wird es fast schlagartig dunkel, ohne lange Dämmerung. Fast wie in den Tropen, denken wir, und bemerken erstmals, dass wir uns auf recht südlichen Breiten befinden. Kein Problem aber, so meinen wir, wozu hat man denn drei 12 V Batterien, die alle möglichen Verbraucher bedienen. Doch beim ersten Griff zum Lichtschalter tut sich absolut gar nichts; die Batterien sind tot. Zwar werden sie auch bei Abwesenheit über Solarpanele geladen, doch entweder gab es nicht genug Sonne in den vergangenen Wochen oder die alten Batterien waren tatsächlich bereits am Ende ihrer Kräfte. Letzteres ist eher wahrscheinlich und nicht umsonst haben wir ja neue Batterien mitgebracht…

Wir wollen rasch das verbleibende Tageslicht nutzen, um die Vorschiffskoje herzurichten, in der wir zu nächtigen gedenken. Doch beim Entfernen der Laken und Polster entdecken wir, dass die Sachen alle nass sind. Alles ist feucht und auf dem Bretterrost hat sich bereits Schimmel gebildet. Den Gedanken an das Vorschiff können wir für heute vergessen. Diese muss gründlich gelüftet, gesäubert und getrocknet werden. Schon jetzt sind wir froh, dass wir beim Bootskauf großen Wert auf eine separate Achterkoje gelegt haben. Diese war zwar eigentlich für mögliche Gäste gedacht, doch nun ziehen wir für die nächsten Tage dort ein. Nachdem wir endlich einen Platz für die Nacht zurecht gemacht hatten, beschließen wir, dem Tag nach Möglichkeit doch noch etwas Gutes abzugewinnen, indem wir diesen gemütlich bei angenehmen Temperaturen mit einem Gläschen Wein im Cockpit ausklingen lassen. Doch auch das geht nur so lange gut, bis Stefan das hochgelobte bordeigene Rheinstrom-Luxus-Klo in Betrieb nehmen will. Denn dieses streikt ähnlich wie die 12 V Batterien und beim Pumpen kommt nicht ein Tropfen Wasser. Wir geben für diesen Tag die Hoffnung auf und beim zu Bett gehen begleiten uns Gedanken an ein neues Korallenriff vor Griechenland.

Bucht von Messolonghi bei Nacht am Abend des 25.11.2013 CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln
Bucht von Messolonghi bei Nacht am Abend des 25.11.2013
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln