Abschiedsessen

Draußen ist es richtig ungemütlich. Der angekündigte Starkwind ist da. Es bläst ordentlich und das Boot zerrt kräftig an den Festmachern. Bald fängt es auch noch an zu regnen. Somit ist „Heimarbeit“ angesagt. Wir wollen etwas Holzpflege betreiben, ein paar kleinere Roststellen behandeln und die ein oder andere verlustig gegangene Schraube ersetzen.

Zwischendurch blättern wir unsere Notizen zum Boot und zum Stauplan durch. Eigentlich sind wir auf der Suche nach der im Cockpit verwendeten Farbe, doch dazu sind die Notizen mehr als spärlich. Stattdessen finden wir in der Liste für die Achterkoje den Hinweis auf einen Drahtvorläufer. Sollte das etwa genau jener sein, der für das Setzen des Segels an unserem fliegenden Kutterstag gedacht ist? Wir schauen in der Achterkoje nach und finden tatsächlich genau diesen Drahrvorläufer. Bei nächster Gelegenheit können wir also das Anschlagen der kleinen Fock nochmal ausprobieren.

Glücklich mit unserem Fund machen wir uns nun an die geplante Holzpflege. Zudem montieren wir zwei Rauchmelder, einen in Nähe der  Pantry und einen in der Achterkoje. Beide in der Nähe des Motors.

Dann machen wir uns ans Kochen. Es soll ein Abschiedsessen für Jupp werden, der nun morgen seinen Törn beginnen will. Es gibt Bauchfleisch und eine Gemüsepfanne aus Auberginen, Paprika, Tomaten und Möhren. Endlich können wir auch mal unsere extra aus Deutschland mitgebrachte thailändische Fischsauce zum Einsatz bringen, die jedem Gericht nochmal ein Krönchen aufsetzt.

Jupp ist auch wirklich begeistert von der Gemüsepfanne und will gleich wissen, wie wir sie zubereitet haben. Wir weihen ihn in das Geheimnis der Fischsauce ein.

Den Rest des Abends verbringen wir mit  Karten spielen, genauer: Skip Bo, und wir stellen erneut fest, dass wir dieses Spiel unbedingt auch bei uns an Bord brauchen – bisher hat es Jupp immer mitgebracht.

Zum Abschied werden wir von Jupp noch reich beschenkt. Neben einem hiesigen Schnaps und Meersalz aus Messolonghi, überlässt uns Jupp sein 12 V-Verlängerungskabel, damit wir unser Dinghi auch am Steg mit der elektrischen Pumpe aufpumpen können. Ob er weiß, welch großen Gefallen er uns damit getan hat? Wir sind jedenfalls total gerührt.

Frech wie Oskar

Nach einem gemütlichen Kaffee wollen wir uns heute unsere Stopfbuchse vornehmen, nachdem diese zwischenzeitlich doch arg tropft. Zuerst einmal sprühen wir die Muttern und Kontermuttern kräftig mit WD 40 ein, dann wollen wir diese etwas nachziehen. Mal sehen, ob sich dadurch das Tropfen in die Bilge verringert. Doch beim Nachziehen tut sich gar nichts. Alle Muttern sitzen bombenfest und lassen sich nicht das geringste Stückchen bewegen. Also greifen wir erneut zu WD 40 und lassen es dieses Mal etwas länger einwirken.

In der Zwischenzeit versuchen wir, über Funk einen Wetterbericht von Patras zu empfangen. Das Ergebnis unseres Versuches ist nicht gerade berauschend. Windrichtung und Stärke lassen sich gerade noch verstehen, doch die Bezugspunkte sind vollkommen unverständlich.

Nach dem Wetterbericht widmen wir unsere Aufmerksamkeit wieder der Stopfbuchse. Dieses Mal schaffen wir es, die Muttern alle um eine halbe Drehung nachzuziehen. Tatsächlich tropft es nun deutlich weniger bis gar nicht mehr. Die Bilge müsste nun also auch trocken bleiben.

Als wir gerade so in der Bilge unserer Achterkoje beschäftigt sind, kommt ein Marinero mit zwei Holländern im Schlepptau vorbei. Die beiden wollen unbedingt unseren Liegeplatz haben. Angeblich haben sie genau für diesen Platz einen Dreijahresvertrag. Außerdem sei der Platz sowieso nur für Katamarane. Uns ist das neu und einen festen Liegeplatz haben wir in unserem Vertrag auch nicht. Wie sie den Marinero haben beschwatzen können, ist uns ein Rätsel. Wir lassen uns also nicht beirren. In den nächsten Tagen haben wir jedenfalls nicht vor, den Platz zu verlassen. Zudem können wir ihnen verständlich machen, dass auch wir einen Platz zum längsseits Anlegen brauchen. Am Heck ist unsere Windsteueranlage im Weg und am Bug das Vorsegel. Ohne weiter Stress zu entfalten, lassen uns die Holländer nun in Ruhe und verzichten auf „ihren“ Platz. Wir sind uns ziemlich sicher, dass sie nur den Wetterbericht für die kommenden Tage gehört haben und es für den angekündigten Starkwind etwas ruhiger liegen wollten. Denn sonst ist kein Unterschied von ihrem Liegeplatz zu unserem ersichtlich. Man kann es ja mal versuchen.

Der erste Kratzer

Nach nur knapp einem Tag Aufenthalt auf Trizonia, geht es schon wieder zurück nach Messolonghi. Nach Möglichkeit wollen wir die Strecke dieses Mal an einem Tag schaffen. Entsprechend früh sind wir auf den Beinen und kümmern uns um einen aktuellen Wetterbericht. Wenn die Angaben stimmen, müssen wir zumindet einen Teil der Strecke gegenan kämpfen. Nur am Morgen soll der Wind mit uns sein, am Nachmittag soll er dann drehen und uns genau auf die Nase wehen.

Nach einem kurzen Abschied von Dieter machen wir, dass wir los kommen. Je mehr Strecke wir schaffen, bis der Wind dreht, desto besser. Das Ablegen klappt vorbildlich. Wir dampfen dieses Mal in die Achterspring ein, damit wir mit dem Bug genügend Abstand zu einer Hallberg Rassy gewinnen. Diese hatte sich noch am Abend vor uns gelegt und uns nicht allzu viel Platz zum Ablegen gelassen.

Als wir aus dem Hafen heraus sind, erwartet uns tatsächlich guter Wind. Wir können gleich Segel setzen und uns heute sogar über bis zu 7,7 Knoten Fahrt erfreuen. Messolonghi erscheint tatsächlich in greifbarer Nähe.

Die Strecke bis zur Brücke von Patras vergeht wie im Flug. Vor und hinter der Brücke müssen wir allerdings mit sehr unbeständigem Wind und kräftigen Böen kämpfen. Zeitweise müssen wir das Steuer zu zweit festhalten, um nicht nach Luv gedrückt zu werden. Währenddessen können wir uns aber wieder am Funkverkehr der Brücke mit den verschiedenen Schiffen erfreuen, die teils erheblich Probleme mit rechts und links, West und Ost, sowie dem Buchstabieren ihrer eigenen Bootsnamen haben.

Erst kurz bevor wir den Kanal nach Messolonghi erreichen, dreht der Wind, wie angekündigt, gegen uns. Ein Stück können wir noch unter Fock segeln, dann muss der Motor seine Arbeit aufnehmen. Da wir im Kanal selbst sowieso motoren wollten, ist das nicht weiter schlimm. Wir hätten nicht zu hoffen gewagt, überhaupt so lange so gut voran zu kommen.

In Messolonghi sehen wir gleich, dass unser alter Liegeplatz noch frei ist und steuern diesen wieder an. Wie gewohnt drückt der Wind gegen den Steg. Dieses Mal verschätzen wir uns jedoch und lenken zu früh ein. Wir berühren mit dem Bug den Steg und kommen so zu unserem ersten selbst verursachten Kratzer. Beim zweiten Anlauf klappt das Anlegen und nachdem die Leinen fest sind, bewundern wir unsere Schramme. Sie ist nicht tief, nur ein wenig Farbe ist aufgekratzt. Wir grämen uns auch in keinster Weise. Eher sind wir erleichert, denn diese Schramme haben wir wohl schon viel eher erwartet. So ist der erste Kratzer nur am Rumpf unseres Schiffes, aber nicht im Gemüt.