Mann über Bord

Nicht zuletzt dank des stürmischen Wetters fungieren wir hier gelegentlich auch als eine Art „Stegwart“ oder „Marinero h.c.“.

Nach dem Relingssalat haben wir zwischendurch erneut ein Boot vor weiterem Schaden bewahrt. Der Eigner hatte wohl nach einem kurzen Ausflug mit seinem Boot dieses nicht weit genug mit der Mooringleine vom Steg gezogen. Folglich ist das Boot mehrfach und nicht eben sanft mit dem Heck auf den Betonsteg gekracht. Tja, in einem Match Betonsteg vs. Kunstoffboot steht der Gewinner von vorneherein fest. Wir haben dann mal wieder die Marineros alarmiert, die die Sache dann in Ordnung gebracht haben.

Stefan hat sich inzwischen auch schon als Feuerwehrmann betätigen dürfen. Direkt an der Hafenpromenade brannte ein Mülleimer lichterloh. Funkenflug und Segelboot ist auch nicht eben eine günstige Kombination. So hat Stefan sich fix einen Feuerlöscher gekrallt und somit seinen ersten „Brandeinsatz“ absolviert. Gewundert haben wir uns allerdings, wieso die reichlich vorhandenen Zuschauer (am Wochenende ist hier durchaus Trubel), dem Feuerchen nur tatenlos zugesehen haben.

Heute hatten wir nun unseren ersten „Mann über Bord“-Alarm. Wir hatten Hermann bei seinem Besuch hier erklärt, dass es durchaus problematisch ist, aus dem Wasser zu kommen, wenn man hier erstmal vom Steg bzw. vom Boot ins Hafenbecken gefallen ist. Die Betonstege sind so hoch, dass man sich daran nicht festhalten, geschweige denn selbst aus dem Wasser ziehen könnte. Und die meisten Boote sind am Heck so hoch gebaut, dass man sich daran ohne Badeleiter auch nicht herausziehen könnte (dazu gibt es einen keineswegs nur witzigen und unseres Wissens nach auf einer wahren Begebenheit beruhenden Film: „Open Water 2“). Jedenfalls standen wir heute Morgen auf unserem Boot als wir plötzlich laute Rufe hörten. Erst konnten wir die Quelle nicht identifizieren, aber dann sahen wir zu unserem Schrecken, dass am gegenüberliegenden Steg ein Mann im Wasser schwamm und zu uns herüber rief.

Wir sind dann losgespritzt: Ulrike ans Funkgerät und Stefan zum anderen Steg. Zwischendurch konnte Stefan noch zwei Marineros alarmieren. Als sie dann zu dritt am Steg waren, hatte sich die Sache Gott sei dank bereits geklärt. An der wirklich weit und breit einzigen Leiter, die an dem Betonsteg angebracht ist, hatte er es aus dem Wasser geschafft. Wie der Mann dahin gekommen ist, ist uns ein Rätsel – zwischen Bootsheck und Betonsteg durch zu schwimmen ist jedenfalls (s.o.) lebensgefährlich.

Weitere Einsätze als „Stegwart“ bzw. „Marinero“ brauchen wir nicht; unser Bedürfnis nach Kurzweil ist mehr als gedeckt…

Stormy

Was hatten wir doch in den vergangenen Wochen für schönes Wetter. Sonnenschein und angenehme Temperaturen, wie auch Hermann feststellen durfte, als er uns für ein paar Tage besuchte. Wir hatten uns bereits an den angenehmen Winter hier in Rom gewöhnt, doch nun ist das schlechte Wetter zurück und hat uns wieder fest in seinen Fängen. So übel sah es bisher noch nie auf unserem Barometer aus, auf der gesamten Reise nicht. Der Zeiger stand im Minimum auf 975 hPa, das Barometer vermeldet dazu als Aussicht kurz und knapp: „Stormy“ (zum Vergleich: während Hermanns Besuch stand es zeitweilig auf 1030 hPa). Jedenfalls bläst es heftig und unsere Leinen werden stark strapaziert. Im ganzen Hafen heult es und auch die Leinen der Nachbarboote knarzen zum Davonlaufen. Die Welle rauscht wieder durch die Hafeneinfahrt und sorgt für ordentlich Bewegung im Hafenbecken. Teilweise haben wir am Steg mehr Krängung als beim Segeln unterwegs. Als wir auf unseren Windspeed schauen, zeigt dieser 45 Knoten Wind an, also Windstärke 9. Kein Wunder, dass es hier im Hafen mal wieder richtig rund geht.

Hafeneinfahrt Porto di Roma bei Sturm
Brandung in der Hafeneinfahrt
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Lebenselexier Rente

In den vergangenen 10 Tagen hat uns Besuch aus Deutschland auf Trapp gehalten. Hermann, ein guter Freund noch aus Montabaurer Zeiten, hat seine durch die wohlverdiente Rente frisch gewonnene Freiheit genutzt, uns aus unserem Alltag zu reißen. Statt ein Buch nach dem nächsten zu verschlingen, hieß es nun auf Erkundungstour gehen. Das Wetter war uns besonders wohl gesonnen und die Sonne lockte Hermann bereits in den frühen Morgenstunden ins Cockpit und weckte seinen Tatendrang. Bei angenehmen 15-20 Grad und Sonnenschein kletterten wir u.a. durch die Ruinen von Ostia Antica, der alten, römischen Hafenstadt. Wie wir feststellen konnten, ist der Winter für Besichtigungen wirklich super. Viel weniger Besucher irren durch die Anlagen als noch im Herbst und die Eintrittspreise liegen auch niedriger.

Tor des San Sebastiano an der Via Appia Antica
Tor des San Sebastiano
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Weiterhin besuchten wir endlich die Via Appia Antica. Ulrike war vor allem an den dort befindlichen Katakomben interessiert, die eigentlich das Highlight des Tages werden sollten. Doch bereits der Weg dorthin war befremdlich. Wir hatten erwartet, gemütlich auf alten Pflastersteinen auf einer etwas abgelegenen und unbefahrenen Straße entlang wandern zu können. Doch weit gefehlt. Sobald man das Tor des San Sebastiano durchquert hat, der heute offizielle Beginn der Via Appia Antica, steht man auf einer großen Straßenkreuzung und es erwartet einen eine Art Rennstrecke für verkannte Rallyfahrer. Von Pflastersteinen keine Spur, weder antik noch modern. Einen Fußweg sucht man ebenfalls vergebens. Bereits etwas enttäuscht, machen wir uns auf den Weg. Als der Abzweig zu den Katakomben des Kallixtus kommt, wird der Weg besser. Doch am Eingang angelangt, folgt die nächste Enttäuschung. Zutritt nur mit Führung, Photographieren verboten. Für die ellenlangen Ausführungen eines Mönches, der mit der Führung betraut wäre, soll man also noch ordentlich Geld ausgeben und darf dann nicht mal ein Photo schießen. Hermann ist die treibende Kraft; nicht mit uns. Lieber besorgen wir uns im Shop ein ausführliches Buch mit Farbphotographien und den Informationen zu den Katakomben auf deutsch und sparen uns den Vortrag. So hatten wir uns unseren Ausflug nicht vorgestellt. Um nicht den ganzen Weg wieder zurück gehen zu müssen, probieren wir eine andere Route. Interessanterweise landen wir bald auf einer Straße, die außerhalb unseres Stadtplans liegt. Doch glücklicherweise hat Stefan einen guten Orientierungssinn und wir sind bald bei unserer Metrostation.

Titusbogen in Rom
Titusbogen
CC BY-NC-SA 4.0 Ulrike & Stefan Engeln

Natürlich darf auch eine ausgedehnte Tour durch Rom nicht fehlen, mit all seinen Sehenswürdigkeiten. Wir bummeln quer durch die Stadt. Vom Collosseum bis zur Engelsburg und dem Petersdom ist alles dabei. Crashkurs Rom, sozusagen.

Abends belohnten wir uns dann mit Prosecco und gutem Essen für die zurückgelegten Kilometer. Nach wenigen Tagen ging Hermann dazu über, den Abend in seinem schicken „Nadelstreifen-Anzug“ zu bestreiten. Wenn er dann in diesem müde und geschafft in die Koje sinkt, sind wir ganz stolz auf uns, dass wir dieses Energiebündel müde bekommen haben und selbst noch stehen. Rente muss wirklich etwas Belebendes sein…